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Genderverbot in Bayern: Was wird geahndet, was ist erlaubt?


Nicht-inklusive Sprache
Nach dem Genderverbot – was ist noch erlaubt?


Aktualisiert am 20.03.2024Lesedauer: 3 Min.
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Lesekasten mit Gendersternchen (Archivbild): In Bayern darf keine geschlechtergerechte Sprache mehr verwendet werden – in Schriftform. (Quelle: IMAGO/Wolfgang Maria Weber/imago)

Vier Bundesländer haben das schriftliche Gendern verboten: Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und jetzt Bayern. Aber was genau ist verboten, und für wen?

Bayern schiebt der sprachlichen Repräsentation von Frauen, nicht-binären oder queeren Menschen einen Riegel vor: Sie werden wieder mit dem generischen Maskulinum mitgemeint. Der Bayerische Landtag hat am 19. März einem entsprechenden Antrag zugestimmt und die Allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO) geändert.

Damit ist Bayern nicht allein: Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein gibt es Genderverbote für den offiziellen Sprachgebrauch. Hessen möchte Ähnliches noch in diesem Jahr einführen, während in Thüringen ein Verbot der geschlechtergerechten Sprache zunächst gescheitert ist.

Was ist eigentlich Gendersprache?

Wenn von Gendersprache die Rede ist, sprechen wir eigentlich von geschlechtergerechter oder geschlechtersensibler Sprache. Üblicherweise wurde in Deutschland lange das generische Maskulinum verwendet: Die männliche Form wird genutzt, alle anderen Geschlechter sind mitgemeint. Die Mitgemeinten sind Frauen, nicht-binäre und queere Menschen, die sich in der Zweigeschlechtlichkeit Mann-Frau nicht repräsentiert sehen. Viele Menschen finden aber, dass das die Realität nicht mehr genügend genau darstellt und die "Mitgemeinten" ausschließt und damit abwertet. Das sei im Endeffekt sexistisch und queerfeindlich.

Wer also die Tatsache abbilden möchte, dass es nicht nur Leser, sondern auch Leserinnen gibt, kann dies ausschreiben, aber auch mit sogenannten Wortinnenzeichen darstellen, etwa mit dem Binnen-I (LeserInnen) oder dem Schrägstrich (Leser/innen). Andere Wortinnenzeichen möchten noch inklusiver sein. Sie meinen nicht nur Männer und Frauen, sondern auch alle anderen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten. Dazu gehören Sternchen (Leser*innen), Unterstrich (das ist der "Gender-Gap", also Leser_innen), und der Doppelpunkt (Leser:innen). Das heißt: Wer geschlechtersensible Sprache verwendet, versucht, möglichst viele Menschen zu inkludieren und niemand auszuschließen. Alle sollen sich gesehen und angesprochen fühlen.

Darf jetzt gar nicht mehr gegendert werden?

Das Verbot der geschlechtersensiblen Sprache gilt vor allem an Schulen und Hochschulen, teilweise auch in Behörden. Sie sollen die amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung im dienstlichen Schriftverkehr anwenden. In dieser Regelung ist "klarstellend ergänzt" worden, dass ab sofort keine geschlechtersensible Sprache mehr verwendet werden darf.

Gemeint ist damit das Gendern mit sogenannten "Wortinnenzeichen". Das sind Sternchen, Unterstrich (auch "Gender-Gap" genannt), Doppelpunkt, Binnen-I und Schrägstrich. Diese geschlechtergerechten Formulierungen dürfen in der Schriftsprache nicht mehr verwendet werden. Formulierungen wie "Schülerinnen und Schüler" bleiben erlaubt. Ebenfalls nicht verboten sind Ausdrücke, die durch Neutralität alle Geschlechter umfassen, wie "Lehrkräfte" oder "Studierende".

Wer wird durch Gendern ausgeschlossen?

"Für uns ist die klare Botschaft: Sprache muss klar und verständlich sein", sagte der bayerische Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU). Es gehe mit dem Verbot aber auch darum, die "Diskursräume in einer liberalen Gesellschaft offenzuhalten", denn seiner Meinung nach habe eine "ideologisch geprägte Sprache" etwa beim Gendern eine exkludierende Wirkung. Er erläuterte nicht, wen er im Detail meint.

Nicht zu gendern wird jedoch ebenfalls als exkludierend empfunden, etwa von Frauen, nicht-binären und queere Menschen, die sich nicht im binären Mann-Frau-Schema abgebildet sehen und angesprochen fühlen.

Müssen sich Lehrer und Lehrerinnen an die Vorgaben halten?

Das müssen sie im dienstlichen Schriftverkehr, also bei Briefen oder E-Mails an die Eltern, bei der internen Kommunikation und im Unterricht. Wenn sie sich nicht daran halten, drohen ihnen als Landesbeamte dienstrechtliche Konsequenzen – allerdings gibt es noch keine Angaben, wie diese aussehen sollen, und auch noch keine Präzedenzfälle. Diese Regeln haben alle Länder, die Gendern verbieten, also Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.

Müssen sich Schülerinnen und Schüler an die Vorgaben halten?

In Bayern dürfen die Kinder sich weiter "um eine geschlechtergerechte Sprache bemühen", wie der Bayerische Lehrerverband es formulierte. Lehrkräfte seien nicht verpflichtet, das Gendern von Texten mit Sonderzeichen als Fehler zu werten. Die oben skizzierten Wortinnenzeichen, also hier Zeichen, die für die Inklusion aller Geschlechter stehen, sollen als nicht korrekt angestrichen werden. Ebenso wird es in Sachsen gehandhabt.

Anders ist es in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein: Hier werden die Wortinnenzeichen wie Gender-Sternchen oder Doppelpunkt als Fehler gewertet – allerdings nur ein Mal pro Arbeit, weitere Genderzeichen sind Folgefehler.

Rheinland-Pfalz, Bremen, Berlin, Niedersachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und das Saarland erlauben das Gendern mit Sonderzeichen in Schulen ausdrücklich.

In Hessen bekommen Abiturienten und Abiturientinnen ab 2024 Punktabzug für das Gendern mit Wortinnenzeichen.

Was ist mit Nichtregierungsorganisationen und Vereinen?

In Sachsen gilt bisher das härteste Genderverbot in der Schule – es gilt auch für Vereine oder Nichtregierungsorganisationen, die als Kooperationspartner in der Schule tätig sind, Vorträge halten oder Angebote machen. Das haben die Bundesländer Bayern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein nicht übernommen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Nachrichtenagentur dpa
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