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"Titan"-U-Boot: Experte zeichnet düsteres Szenario der letzten 70 Sekunden


"Wie ein Horrorfilm"
Letzte 70 Sekunden der "Titan" – Experte zeichnet düsteres Szenario

Von t-online, aj

Aktualisiert am 12.07.2023Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230621-99-130283Vergrößern des BildesEin Blick in die "Titan" (Archivbild): Die Insassen waren sich einer drohenden Implosion wohl bewusst. (Quelle: Oceangate Expeditions/PA/dpa)
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Ein Experte hat Berechnungen angestellt, um die Ereignisse in den letzten Sekunden der "Titan" nachzuzeichnen. Sie zeigen ein äußerst finsteres Szenario.

Was sich in den letzten Sekunden vor der mutmaßlichen Implosion des Mini-U-Boots "Titan" abgespielt hat, kann man derzeit nur erahnen. Genaue Details bleiben weiterhin unter Verschluss. Sowohl die US-Küstenwache als auch die kanadischen Behörden verweisen bislang darauf, dass die Ermittlungen zu dem Unglück, bei dem fünf Menschen in der Tiefe des Ozeans ihr Leben verloren, andauern.

Doch nun hat ein spanischer Experte eingehende Berechnungen angestellt, um eine Einschätzung über die Ereignisse in den letzten Sekunden der "Titan" zu wagen. Das Szenario, von dem der Ingenieur und U-Boot-Experte José Luis Martín berichtet, ist äußerst düster.

Die Insassen des U-Bootes seien sich zwischen 48 und 71 Sekunden vor der Implosion der drohenden Katastrophe bewusst gewesen, sagte Martín dem spanischen Nachrichtenportal "Nius". In diesem Zeitraum habe sich das Unterwassergefährt im "freien Fall" in die Tiefe befunden. Er verglich das Szenario mit einem "Horrorfilm".

Ingenieur hat die Details genau berechnet

Den Berechnungen des Ingenieurs zufolge, in denen er unter anderem Faktoren wie das Gewicht des Tauchboots, Schubkraft, Masse und Fallgeschwindigkeit eines freien Körpers unter Wasser berücksichtigte, geriet die "Titan" in einer Tiefe von etwa 1.700 Metern außer Kontrolle.

Ausgangspunkt für seine Kalkulation sei gewesen, dass das U-Boot bis dahin ohne Zwischenfälle getaucht sei. Der Grund für die plötzlichen Probleme sei womöglich ein Stromausfall gewesen. Zu dem Zeitpunkt war auch die Kommunikation mit dem Mutterschiff "Polar Prince" abgebrochen.

Etwa 900 Meter soll das Tauchboot samt Insassen dann vertikal wie "ein Stein und ohne jegliche Kontrolle" in die Tiefe gefallen sein. Das Gewicht der Passagiere im Boot habe die Lage noch verschlimmert. Zwischen 2.500 und 2.700 Metern sei es dann implodiert, so Martín. Die Trümmer der "Titanic", die die Abenteurer besichtigen wollten, liegen in etwa 3.800 Metern Tiefe.

"Stellen Sie sich den Horror vor, die Angst und die Qual"

"Es ist schwierig, eine Vorstellung davon zu bekommen, was sie in diesen Momenten erlebt haben", sagte Martín über die fünf Passagiere im Boot. Denn das sei im freien Fall "wie ein Pfeil" gewesen. "Alle stürzen und drängen sich übereinander. Stellen Sie sich den Horror, die Angst und die Qualen vor. Es muss wie in einem Horrorfilm gewesen sein", so der Experte.

Auch zu einem möglichen Grund für die Implosion hat Martín eine These: "Beim Sturz in die Tiefen des Ozeans wäre der Rumpf einem plötzlichen Anstieg des Unterwasserdrucks ausgesetzt gewesen", sagte er. Der Kohlefaserrumpf des U-Bootes wäre dabei unter "starke Kompression" geraten, welcher das Acrylmaterial des Sichtfensters möglicherweise nicht standgehalten habe. Dies hätte womöglich zu einem Mikroriss und zur Implosion des U-Bootes geführt, sagte Experte Martín. "Nach diesen 48 Sekunden oder einer Minute kommt es zur Implosion und zum plötzlichen Tod."

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US-Küstenwache: "Es gibt noch viel zu tun"

Auch andere Experten hatten als Ursache für die Implosion mögliche strukturelle Probleme mit dem Schiffsrumpf angeführt. Die Betreiberfirma OceanGate hat sich bislang selbst nicht zu möglichen Ursachen geäußert. "Es gibt noch viel zu tun, um all die Faktoren zu ergründen, die zu dem katastrophalen Verlust der 'Titan' geführt haben", hatte Jason Neubauer von der US-Küstenwache Ende Juni mitgeteilt. Die Ermittlungen seien notwendig, damit sich eine solche Tragödie nicht wiederhole.

Während einem die Einschätzung des Experten das Blut in den Adern gefrieren lässt, hat sich die Angehörige von zweien der Passagiere die letzten Augenblicke friedlicher vorgestellt. In einem Interview mit der "New York Times" sprach Christine Dawood darüber, was ihr Mann und ihr Sohn in ihren letzten Minuten erlebt haben dürften: Aus dem 54 Zentimeter breiten Bullauge des Boots sehen die fünf Abenteurer den dunklen Ozean, exotische Meeresbewohner, die in der Schwärze der Tiefsee wie Fabelwesen aussehen, ziehen vorbei. Dann ist Stille.

Das Tauchboot "Titan" war am 18. Juni verschollen, nachdem es zu einer Erkundungstour zum Wrack der "Titanic" aufgebrochen war. Einige Tage nach dem Verschwinden hat ein Tauchroboter Trümmer entdeckt, die von der US-Küstenwache am 22. Juni dem Tauchboot zugeordnet wurden. Damit galt der Tod der fünf Insassen an Bord als sicher. Unter ihnen war auch einer der beiden Gründer und der amtierende Chef des Unternehmens. Hier lesen Sie mehr zu den Insassen der "Titan".

Verwendete Quellen
  • niusdiario.es: "Los 48 segundos "de horror" de los pasajeros del Titan desde que se descontroló el sumergible hasta que implosionó" (spanisch)
  • Berechnungen des Experten José Luis Martín: "DEL HUNDIMIENTO DEL SUMERGIBLE TITAN" (spanisch)
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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