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Kreuzfahrtschiff im Sturm: 100 Verletzte und schwere Vorwürfe


Schwere Vorwürfe nach Horrorfahrt
Kreuzfahrtfirma reagiert: "Wären frontal in Sturm geraten"


08.11.2023Lesedauer: 4 Min.
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"Spirit of Discovery": Das Schiff musste seine Reise abbrechen.Vergrößern des Bildes
"Spirit of Discovery": Das Schiff musste seine Reise abbrechen. (Quelle: Srecko Niketic/PIXSELL/imago-images-bilder)

Rund 18 Stunden lang fürchteten die Passagiere auf der "Spirit of Discovery" um ihr Leben. Nun gibt es Kritik am Vorgehen des Kapitäns – das Kreuzfahrtunternehmen reagiert.

Las Palmas auf Gran Canaria, das war der nächste planmäßige Hafen auf der Route der "Spirit of Discovery" – doch dort kam das Kreuzfahrtschiff niemals an. Stattdessen wurden rund 100 Passagiere bei einem Notfallmanöver im Golf von Biskaya verletzt. Wie kam es dazu – und wie rechtfertigt sich das Kreuzfahrtunternehmen Saga Cruise angesichts des Vorfalls?

Auf Anfrage von t-online teilte eine Unternehmenssprecherin mit, dass am zehnten Tag der Reise, die im britischen Portsmouth begonnen hatte, das Wetter umgeschlagen sei. Der Kapitän musste handeln: Er habe sich entschieden, den Hafen von Las Palmas auszulassen und weiter nach La Coruña im Nordwesten Spaniens zu fahren – "um den schlechten Bedingungen und dem herannahenden Sturm zuvorzukommen", so die Sprecherin.

Doch der Hafen in La Coruña wurde aufgrund des schlechten Wetters geschlossen, die "Spirit of Discovery" hätte nicht anlegen dürfen. Aufgrund dessen traf der Kapitän die Entscheidung, früher als geplant nach Großbritannien zurückzufahren.

"Es ist völlig inakzeptabel"

Ein Passagier, der den Vorfall an Bord miterlebte, kritisierte das Unternehmen für dieses Vorgehen: "Es ist völlig inakzeptabel, die Passagiere diesen extremen Bedingungen auszusetzen und dann das Geschehen zu beschönigen", sagte Richard Reynolds der britischen Zeitung "Daily Mail".

Die Sprecherin von Saga Cruises wies die Vorwürfe zurück: "Die Seeverkehrsvorhersagen zeigten, dass eine Umkehr oder eine alternative Route bedeutet hätte, dass wir frontal in den Sturm geraten wären und die Bedingungen viel schlechter gewesen wären." Der Kapitän und die Mannschaft seien sich bewusst gewesen, dass die Überquerung des Golfs von Biskaya unter schwierigen Bedingungen stattfinde. "Aber das ist für diese Jahreszeit nicht ungewöhnlich, und das Schiff war darauf vorbereitet."

Passagier Reynolds wirft dem Kreuzfahrtunternehmen im Gespräch mit der "Daily Mail" dennoch vor, die falschen Prioritäten gesetzt zu haben: Für Saga Cruise sei es am wichtigsten gewesen, das Kreuzfahrtschiff rechtzeitig wieder in den Starthafen zu fahren, um es für die nächste Reise vorzubereiten. "Unter dem Strich hätten wir nicht dort sein sollen, wir waren das einzige Kreuzfahrtschiff, das keinen Schutz suchte." Er habe den Sturm zwei Tage vorher auf seinem Handy verfolgt. "Sie [der Kapitän und die Crew, Anm. d. Red.] dachten, sie könnten ihm zuvorkommen, aber wir blieben im Sturm mit 14-Meter-Wellen und Windgeschwindigkeiten von 70 Meilen pro Stunde [ca. 113 km/h, Anm. d. Red.] gefangen."

Auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) verbreitete sich ein Video von der Situation auf dem stürmischen Meer:

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Dutzende Verletzte nach Notfallmanöver

Hintergrund von Reynolds Kritik ist das abrupte Notfallmanöver, das Dutzende Verletzte zur Folge hatte. Denn aufgrund des heftigen Unwetters aktivierte das Kreuzfahrtschiff automatisch ein Sicherheitssystem. Die Unternehmenssprecherin erklärte: "Dadurch drehte das Schiff plötzlich nach links ab und kam zum Stillstand." Der Kapitän habe entschieden, die Position des Schiffes zu halten, bis sich die Bedingungen verbesserten. Dem Bericht von "Daily Mail" zufolge habe das Schiff erheblich gezittert, als es zum Stehen kam.

"Zu diesem Zeitpunkt erlitt eine Reihe von Gästen Verletzungen – etwa 100 von den rund 1.000 Gästen an Bord", so die Saga-Cruise-Sprecherin. 18 Stunden lang dauerte der Sturm laut Zeugenaussagen. Passagiere stürzten, stießen gegen Möbel, Gegenstände flogen herum. "Bei der überwiegenden Mehrheit handelte es sich um leichte Verletzungen, fünf Personen mussten wegen schwererer Verletzungen in unseren medizinischen Einrichtungen an Bord behandelt werden", so die Sprecherin der Kreuzfahrtfirma weiter.

Die "Spirit of Discovery"

ist 236 Meter lang und 31,2 Meter breit. Laut dem Schiffsbauer Meyer Werft sind an Bord unter anderem ein Theater, eine Bibliothek, Pool-Anlagen und ein Golfsimulator. Die Kreuzfahrten auf dem Schiff richten sich vornehmlich an Passagiere über 50 Jahren.

"Die Leute wurden vom Boden hochgehoben"

Die Szenen, die sich während des Sturms an Bord abspielten, erinnern an einen Blockbuster: "Die Leute wurden vom Boden hochgehoben", sagte Passagier Peter Sawyerl der "Daily Mail". Bilder, die auf X kursieren, zeigen verwüstete Kabinen, kaputte Lampen und Möbel. Passagier Reynolds zu "Daily Mail": "Menschen schrien, Menschen weinten. (...) Sie dachten, sie würden sterben. Sie wussten nicht, was los ist. (...) Teller zerschepperten, es war überall Glas. (...) Es war schrecklich."

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Als das Schiff nach dem Chaos sicher in Portsmouth an der südenglischen Kanalküste angelegt hatte, warteten vor Ort mehrere Krankenwagen, um die Menschen zu behandeln. Der "Daily Mail" sagten Passagiere, es gebe sogar bis zu 150 Verletzte.

Derweil verteidigte sich das Kreuzfahrtunternehmen weiter: "Die 'Spirit of Discovery' wurde leider von den schwierigen Wetterbedingungen an diesem Wochenende überrascht, als sie ihre Rückkehr nach Großbritannien antrat. Das Schiff war zu jeder Zeit sicher, aber aufgrund der Auswirkungen des Sturms erlitten einige Gäste Verletzungen", hieß es in der Mitteilung an t-online. "Obwohl das Wetter eindeutig außerhalb unserer Kontrolle liegt, möchten wir uns aufrichtig bei allen Betroffenen entschuldigen, die nun sicher zurück sind und bei ruhigerer See nach Hause gesegelt sind."

Nun steht allerdings im Raum, welche Entschädigung die Betroffenen erwarten dürfen. In einem Brief an die Kunden schrieb der Saga-Cruise-Chef Nigel Blanks, dass es in den kommenden Tagen neue Details dazu gebe. Der erzürnte Passagier Reynolds bewertete das Schreiben als "normales Firmengefasel". Eine derartige Reise, wie sie die "Spirit of Discovery" durchgeführt hat, kostet für 14 Nächte 3.775 Pfund (rund 4.330 Euro) bei Saga Cruise.

Verwendete Quellen
  • Anfrage an Saga Cruise am 8. November 2023
  • dailymail.co.uk: "EXCLUSIVE - 'Medics were overrun, someone was being resuscitated... broken bones, people on stretchers, the crew crying. It was PETRIFYING': Passengers on storm-lashed Saga cruise recall their 18-hour ordeal as 30ft waves tore into the boat" (englisch)
  • travel.saga.co.uk
  • twitter.com: Profile von @TheInsiderPaper und @Editorialz
  • meyerwerft.de: "SPIRIT OF DISCOVERY"
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