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Jörg Kachelmann über das Wetter: Extremsommer in Sicht?


Das Klick-Geschäft mit dem Wetter

Eine Kolumne von Jörg Kachelmann

Aktualisiert am 07.06.2019Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Eine Unwetterfront zieht über die südliche Region Hannovers hinweg: Bisher gibt es keine Anhaltspunkte für einen Extremsommer 2019, meint Jörg Kachelmann.Vergrößern des Bildes
Eine Unwetterfront zieht über die südliche Region Hannovers hinweg: Bisher gibt es keine Anhaltspunkte für einen Extremsommer 2019, meint Jörg Kachelmann. (Quelle: dpa)

Das Erfolgsmodell von 2018, wie man möglichst viele Klicks mit möglichst wenig Wetter erzeugt, wird (leider) auch 2019 wieder fortgesetzt – andere wichtige Themen bleiben dagegen außen vor.

Dabei war 2019 bisher eine vergleichsweise durchschnittliche Angelegenheit. Nach langer Zeit kam mit dem Mai ein zu kalter Monat im durch den Klimawandel bedingten Meer der überdurchschnittlich warmen Monate um ihn herum. Mehr, viel mehr Regen als vergangenes Jahr, mit Ausnahme des Mittleren Ostens, mit weiten Teilen von Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen, Brandenburg, Berlin und dem südlichen Mecklenburg-Vorpommern, wo weiterhin Regen fehlt und das Defizit des letzten Jahres sowieso nie ausgeglichen wurde, auch wenn das für das Glück der Landwirtschaft nicht unbedingt sofort notwendig ist.

Betrachtet man das Medienecho dieses bisher doch recht normalen Wetters in diesem Jahr, wähnt man sich im bevorstehenden Weltuntergang. Manche Medien zeigen routiniert den jahreszeitlich bedingt trockenen Eder-Stausee und verkaufen ihn als "ausgetrocknetes Flussbett", und auch sonst wird das ganz große Katastrophengemälde gegeben, weil es eben so gut klickt.

Ein paar Fakten aus dem Stand der Wissenschaft:

  • Es gibt einen menschengemachten Klimawandel.
  • Einzelne Wetterereignisse können nicht auf den Klimawandel zurückgeführt werden. Es gibt keinen Beweis in irgendeiner Form, dass eine regionale Dürre wie zur Zeit im Nordosten Deutschlands, auf den Klimawandel zurückzuführen ist. Das ist, als ob man beim Aufkommen von Handys richtig vorhergesagt hätte, dass es mehr Unfälle wegen Handyguckern gäbe und nun JEDEN Autounfall auf Handygucken zurückführen würde.
  • Hitze erzeugt keine Waldbrände und ist völlig irrelevant. Waldbrände entstehen bei uns dadurch, dass es länger trocken ist und dann irgendwelche Deppen – absichtlich oder nicht – etwas Brennendes in die Gegend werfen oder ein sehr heißes Auto über trockenem hohen Gras applizieren und dann wegfahren. Die Temperatur am Tag des Ausbruchs von Waldbränden spielt keine Rolle.
  • Glasscherben erzeugen keine Waldbrände. Ein lustiger, unausrottbarer Aberglaube.
  • Es ist richtig, dass sich schneller erwärmende Polargebiete den Jetstream schwächen und dadurch Westwind-Wetterlagen unwahrscheinlicher machen. Es ist falsch, diese Modellvorhersage heute schon für jede Wetterlage anzuwenden. Sie können selber sehen, wie das Wetter an Tagen wie diesen in der Vergangenheit war.
  • Es ist völliger Blödsinn, dass es Anzeichen für einen "Extremsommer" mit 43 Grad gäbe. Derselbe Wetterdienst, der das behauptet, sieht in seiner Langfristvorhersage für den Juli in Berlin einen extrem kühlen Monat und keinen einzigen Tag mit 30 Grad und mehr. Das ist zwar fast sicher auch völliger Blödsinn, zeigt aber die Unseriosität des ganzen Ladens – was weite Teile der deutschen Medienlandschaft nicht gehindert hat, den Schwachsinn mit dem angeblichen Extremsommer in die Welt zu posaunen – dumm klickt gut, leider.

Es gibt also keine wissenschaftlichen Belege für folgende Behauptungen, dass

  • die aktuellen Waldbrände durch den Klimawandel verursacht würden.
  • die aktuelle Wetterlage durch den Klimawandel verursacht würde.
  • in diesem Jahr ein extremer Sommer (wodurch auch immer verursacht) zu erwarten sei.

Langfristige Vorhersagen sind immer noch eine schwierige Angelegenheit. Die größten Erfolge hat das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen (ECMWF), den wissenschaftlichen Hintergrund der Produkte können Sie hier nachlesen.

Für den Juli und August sieht das ECMWF nur klimawandeltypische, geringe überdurchschnittliche Werte im Monatsmittel, was natürlich einzelne große Ausschläge innerhalb des Monats nicht ausschließt.

Juli:

August:

Bei den Regenmengen sieht das ECMWF geringe Defizite in unterschiedlichen Regionen – typisch für gewittergeprägte Wetterlagen. Exemplarisch die Vorhersage für die Regenmengenabweichung im Juli:

Sämtliche Karten für die kommenden sieben Monate gibt es hier (Abo-Bereich).

Fazit

Es ist im Moment nicht der große, erlösende Dauerregen in Sicht (der allerdings auch wieder Hochwasser erzeugen würde), der alle Dürreprobleme löst. Dennoch ist die Wetterlage des Sommer 2019 mit der von 2018 bisher in keiner Form vergleichbar. Natürlich ist noch alles möglich, aber es gibt im Moment überhaupt keine Anhaltspunkte für einen Extremsommer wie im letzten Jahr.

Und noch eins: Tornados gab es bei uns schon immer, einen der schlimmsten 1968 in Pforzheim.

So einen heute nach einem heißen Samstag durch eine deutsche Großstadt, und wir hätten Hunderte Tote, weil die meisten Leute ihn bis zum Schluss filmen würden, statt in allen verfügbaren Kellerräumen zu verschwinden. Die grassierende Wetterhysterie bespricht leider ausgerechnet nie die Dinge, die man besprechen müsste.

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