Sie wollten sich vor dem Tornado im US-Bundesstaat Kentucky in Sicherheit bringen, doch ihr Chef drohte Mitarbeitern der Kerzenfabrik offenbar mit Kündigung. Die Fabrik stürzte ein.
Die Spuren der Verwüstung sind immens. Nach der Tornado-Katastrophe in den USA gleichen mehrere Städte im Bundesstaat Kentucky einer Trümmerwüste. Die Kleinstadt Mayfield war von einem besonders heftigen Luftwirbel in Trümmer gelegt worden. Hier war unter anderem eine Kerzenfabrik eingestürzt, viele Mitarbeiter wurden unter den Trümmern begraben. Bislang wurden acht Tote gemeldet.
Nun werden schwere Vorwürfe gegen die Fabrikleitung öffentlich. Im Vorfeld der Katastrophe spielten sich dramatische Szenen in der Kerzenfabrik ab. Mitarbeiten sollen offenbar darum gebeten haben, sich in ihren Häusern in Sicherheit bringen zu dürfen. Ihr Chef habe ihnen darauf mit Kündigung gedroht, wie der US-Nachrichtensender NBC News mit Verweis auf Gespräche mit Fabrikmitarbeitern berichtet.
Glück in der Katastrophe?
Viele der Mitarbeiter blieben, offenbar aus Angst vor einer Entlassung – die Fabrik wurde von einem Tornado dem Erdboden gleichgemacht. Gouverneur Beshear sprach am Montag aber noch von einem "Licht der Hoffnung" in der Stadt: In der Fabrik hatten zum Zeitpunkt des Unglücks rund 110 Menschen gearbeitet, dennoch sind viel weniger Menschen ums Leben gekommen als zunächst befürchtet. Die Fabrikbesitzer hätten zuletzt acht Tote und acht Vermisste gemeldet. 94 Menschen hätten überlebt, und ihr Verbleib sei geklärt, sagte Beshear.
Nach der Tornado-Katastrophe in den USA mit Dutzenden Toten reist auch US-Präsident Joe Biden am Mittwoch in das Unglücksgebiet. Biden wird sich im besonders betroffenen Bundesstaat Kentucky ein Bild vom Ausmaß der Zerstörung machen, wie das Weiße Haus am Montag mitteilte. Bei dem Durchzug einer Serie von Tornados in der Nacht auf Samstag waren in Kentucky und mehreren weiteren Bundesstaaten mindestens 88 Menschen ums Leben gekommen.
Allein in Kentucky wurden mindestens 74 Todesopfer offiziell bestätigt, wie Gouverneur Andy Beshear am Montag sagte. Die Zahl der Opfer ist aber vorläufig und dürfte noch ansteigen. Laut dem Gouverneur galten zuletzt 109 Menschen als vermisst. Es könne "Wochen" dauern, bis die Zahl der Toten feststehe, sagte Beshear. Das Alter der bislang bestätigten Todesopfer liegt zwischen fünf Monaten und 86 Jahren.
"Eine der schlimmsten Tornado-Serien in unserer Geschichte"
Mindestens 14 weitere Menschen kamen in anderen Bundesstaaten ums Leben. Unter ihnen waren sechs Mitarbeiter in einem Amazon-Lagerhaus in Edwardsville im Bundesstaat Illinois.
In der Nacht zum Samstag waren rund 30 Tornados durch sechs Bundesstaaten im Südosten und im Zentrum der USA gezogen. Neben Kentucky und Illinois waren auch Arkansas, Missouri, Mississippi und Tennessee betroffen. Rettungskräfte durchsuchten am Montag weiter die Trümmer Tausender Wohnhäuser und anderer Gebäude.
Biden hat den Katastrophenfall ausgerufen. Am Wochenende sprach der Präsident von "einer der schlimmsten Tornado-Serien in unserer Geschichte". Am Mittwoch wird er in Kentucky die verwüsteten Städte Mayfield und Dawson Springs besuchen.
- NBC News: Factory workers threatened with firing if they left before tornado, employees say
- Nachrichtenagentur AFP