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Wilhelm Brasse dokumentierte die Hölle von Auschwitz


KZ-Fotograf
Wilhelm Brasse dokumentierte die Hölle von Auschwitz

Von dpa
Aktualisiert am 04.02.2015Lesedauer: 3 Min.
Eines von etwa 50.000 Porträts, die Wilhelm Brasse von Auschwitz-Häftlingen anfertigte.Vergrößern des BildesEines von etwa 50.000 Porträts, die Wilhelm Brasse von Auschwitz-Häftlingen anfertigte. (Quelle: ap-bilder)
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Als Wilhelm Brasse im Sommer 1940 nach Auschwitz deportiert wurde, überlebten die Häftlinge durchschnittlich nur drei Monate im größten der deutschen Konzentrationslager. Doch Brasse war Fotograf - und das rette ihm das Leben.

Besucher des ehemaligen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau gehen in einer der einstigen Baracken, die die Nazi-Verbrechen dokumentieren, durch einen Korridor mit Hunderten kleinen Porträtfotos. Sie sehen gestreifte Häftlingskleidung, kahlgeschorene Schädel, ernste Blicke in Voll-, Seit- und Halbprofil: Es sind die Aufnahmen der erkennungsdienstlichen Abteilung.

Der Mann, der diese Bilder machte, war selbst ein Häftling: Wilhelm Brasse, der Lagerfotograf von Auschwitz. Die italienischen Autoren Luca Crippa und Maurizio Onnis, erzählen in ihrem Buch "Wilhelm Brasse - Der Fotograf von Auschwitz" dessen Leben.

Als Fotograf war Brasse nützlich

Es ist auch eine Geschichte vom Überleben, vom Ringen um Menschenwürde, von Passivität und Widerstand. Wilhelm Brasse kam als politischer Häftling nach Auschwitz - er hatte versucht, nach dem deutschen Überfall auf Polen nach Frankreich zu gelangen, um sich den polnischen Truppen anzuschließen. Brasse, Sohn einer polnischen Mutter und eines österreichischen Vaters, fühlte sich als Pole. Er schlug das Angebot eines Treueschwurs auf das Deutsche Reich aus.

Als gelernter Fotograf war der 23-Jährige nützlich und stieg auf zum privilegierten Funktionshäftling mit besserer Ernährung, besserer Unterkunft. Er überlebte fast fünf Jahre - bis zur Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 1945.

Crippa und Onnis hatten Gelegenheit, mit Brasse vor dessen Tod im Jahr 2012 zu sprechen. In ihrem Buch vermischen sich Romanelemente und Biografie, Episoden über bekannte Schicksale wie das des Paters Maximilian Kolbe, der für einen anderen Häftling in den Hungerbunker ging, mit den Geschichten der Unbekannten, deren Bilder die Besucher der Gedenkstätte noch heute von den Wänden der Lagerbaracken ansehen.

Arbeiten für Nazi-Arzt Josef Mengele

Die Arbeit im Erkennungsdienst, hinter der Kamera und in der Dunkelkammer wurde für Brasse zur Flucht vor der Lager-Realität. Wenigstens hier konnten Hunger und Misshandlungen ausgeklammert werden. Wenigstens hier konnte den Häftlingen für die Dauer einer Aufnahme ein wenig Würde zurückgegeben werden. Mindestens 50.000 Porträts registrierter Auschwitz-Insassen fertigte Brasse in der Zeit an.

Doch das Grauen von Auschwitz machte auch vor der Dunkelkammer nicht Halt - etwa wenn Brasses Vorgesetzter, ein Hobbyfotograf, Bilder von seinen Fotoexkursionen zum Entwickeln brachte: von der Selektion an der Rampe, von Hinrichtungen, von brennenden Leichenstapeln, von Menschen, die an der Tür der Gaskammern begreifen, dass hier ihr Ende ist. Aber auch Brasse muss unmenschliche Verbrechen dokumentieren, unter anderem für die pseudomedizinische "Forschung" des berüchtigten Lagerarztes Josef Mengele und dessen Kollegen.

Brasse rettete die Negative aus dem Ofen

Einige dieser Bilder, die mittlerweile großformatig in den Gedenkstätten Auschwitz oder Yad Vaschem hängen, die in Geschichtsbüchern abgedruckt wurden, sind in Crippas und Onnis' Buch festgehalten. Dass diese Fotos überhaupt noch existieren, ist auch Brasse zu verdanken: Auf Befehl seiner Vorgesetzten sollte er die Bilder vernichten. Es sollte keine Beweise für die deutschen Verbrechen in Auschwitz geben. Doch Brasse und seine Mithäftlinge holten die schwelenden Negative aus dem Ofen, versteckten das Material bis zum Eintreffen der Roten Armee.

Nach dem Krieg kehrte Brasse ins südpolnische Zywiec zurück, wo er im Oktober 2012 starb. Den Versuch, wieder als Fotograf zu arbeiten, musste er nach kurzer Zeit aufgeben. Zu sehr erinnerte ihn die Arbeit hinter der Kamera an die Erlebnisse in Auschwitz.

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