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Berlin: Rassismus bei Rossman? Vorwürfe gegen Kassiererin – und die Polizei


Vorfall bei Rossmann
Berlinerin rassistisch beleidigt? Schwere Vorwürfe gegen Polizei


Aktualisiert am 13.06.2020Lesedauer: 4 Min.
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Das Firmenlogo der Drogerie Rossmann (Symbolbild): In einer Berliner Filiale soll eine Afrodeutsche rassistisch beleidigt worden sein.Vergrößern des Bildes
Das Firmenlogo der Drogerie Rossmann (Symbolbild): In einer Berliner Filiale soll eine Afrodeutsche rassistisch beleidigt worden sein. (Quelle: Markus Rinke/imago-images-bilder)

Eine Frau soll in einer Berliner Rossmann-Filiale von einer Kassiererin rassistisch beleidigt worden sein. Sie rief die Polizei, doch die soll ihr mit einer Festnahme gedroht haben. Rossmann und Polizei prüfen den Vorfall nun intern.

In einer Rossmann-Filiale in Berlin soll es einen rassistischen Vorfall gegeben haben. Das machte die Betroffene Vanessa H. nun mit einem 15-minütigen Video auf Facebook öffentlich. Eine Verkäuferin soll sie rassistisch beleidigt haben. Als die 24-jährige Afrodeutsche später die Polizei rief, sei ihr mit einer Festnahme gedroht worden.

Der Vorfall soll sich am 9. Juni in der Filiale in der Tauentzienstraße in der City-West ereignet haben. Wie die gebürtige Berlinerin in ihrem Video schildert, musste sie beim Bezahlen mit der EC-Karte den Kassenzettel unterschreiben und dann ihren Ausweis vorzeigen. Das mussten die anderen Kunden wohl nicht. Als sie diesen zunächst nicht fand, überreichte sie eine Versichertenkarte mit Foto, auf dem ihr erster Vorname steht, den sie aber nicht benutzt. Dann reichte sie ihren Personalausweis nach, auf dem der vollständige Name mit beiden Vornamen steht.

Frau wurde Kartenbetrug vorgeworfen

Die Kassiererin soll ihr daraufhin laut vor den anderen Kunden vorgeworfen haben, dass sie nicht die Inhaberin der Karte sei und Kartenmissbrauch betreibe. Außerdem solle sie gesagt haben, dass da der Name einer Deutschen stünde und das nicht sein könne, weil H. schwarz sei.

Als die Vorgesetzte hinzukam, soll diese ebenfalls gesagt haben, dass das nicht die Karte von H. sei. Als die junge Frau sagte, dass sie die Polizei rufen werde, soll die Filialleiterin zunächst eingelenkt haben. Dann warf sie ihr jedoch vor, nur "weil ein Rassismusgesetz geändert wurde, müssten Sie sich nicht fühlen, als würde man Sie rassistisch behandeln". Entschuldigt hätten sich die beiden laut H. bei ihr nicht, stattdessen sei sie angemeckert und angeschrien worden.

Berlin hat als erstes Bundesland ein Antidiskriminierungsgesetz

Zum Hintergrund: Anfang Juni hatte das Berliner Abgeordnetenhaus das umstrittene Antidiskriminierungsgesetz beschlossen. Es soll die Menschen in der Stadt vor Diskriminierung seitens der Behörden schützen und auch Ansprüche auf Schadenersatz gegen das Land Berlin ermöglichen, wenn das nachweislich nicht gelungen ist.

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Andere Kunden hätten die Situationen teilweise gefilmt und versucht, H. zu beruhigen. Eine Kundin soll ihr allerdings auch gesagt haben, dass sie "ihre Schnauze halten soll" und es ihre eigene Schuld sei. Eine andere Frau soll dem vierjährigen Sohn von Vanessa H., der bei ihr war, Süßigkeiten gekauft haben, weil sie sich wegen des Verhaltens der Kassiererin schuldig gefühlt habe.

Polizei: "Sind Sie sicher, dass Sie nicht gelogen haben?"

Mehrere Kunden warteten, bis nach 20 Minuten zwei Polizeibeamte eintrafen. Einer habe sich mit dem Sohn H. beschäftigt, der andere sprach mit den zwei Rossmann-Angestellten. Dann kam er zu ihr und soll diese Frage zuerst gestellt haben: "Sind Sie sicher, dass Sie nicht gelogen haben?" Die Angesprochene konnte ihre Version der Geschichte laut eigener Aussage zunächst gar nicht schildern.

Der Beamte hätte Videoaufnahmen gesehen und soll gesagt haben, dass sie selbst Schuld sei, dass sie ihre Versicherungskarte gezeigt hätte. Außerdem fragte er sie, ob sie überhaupt Deutsch spreche. Der Polizist soll außerdem damit gedroht haben, die junge Mutter festzunehmen, wenn sie Anzeige erstatte, weil es sich dabei um eine Falschaussage handle, schildert sie weiter. Ihr Sohn habe gefragt, ob seine Mama jetzt verhaftet wird, so H.

Einige Kunden sollen ihre Aussagen aber bestätigt haben. Die junge Frau erstattete noch vor Ort Anzeige, ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beleidigung mit rassistischer Tatmotivation wurde eingeleitet, bestätigte ein Polizeisprecher t-online.de. Verhaftet wurde sie nicht. Vanessa H. sagte in ihrem Video, dass sie "mega geschockt" sei und viel geweint habe. "Ich habe das nicht erwartet", sagt sie.

Eine Kundin, die offenbar am Dienstagnachmittag ebenfalls in der Filiale war, schrieb eine negative Google-Rezension. Darin kritisierte sie den "beschämenden rassistisch motivierten Angriff der Kassiererin". Und weiter: "Die junge Dame wurde so gravierend radikal von Kassiererin und später von der Polizei angegangen, dass mir nur die Worte fehlen". Der Eintrag wurde mittlerweile gelöscht, die "B.Z." und Vanessa H. selbst veröffentlichten allerdings einen Screenshot.

Rossmann: "Alltagsrassismus hat bei uns keinen Platz"

"Wir bedauern sehr, was unsere Kundin in unserer Filiale in Berlin erlebt hat", teilte eine Sprecherin von Rossmann t-online.de auf Anfrage mit. "Aktuell arbeiten wir den Vorfall intern auf, um daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen und suchen den Dialog mit allen Beteiligten." Man habe H. per Direktnachricht über Social Media kontaktiert und wolle auch noch mal mit den Beamten, die vor Ort waren, sprechen.

"Auch werden wir unsere Mitarbeiter für das Thema Alltagsrassismus noch einmal stärker sensibilisieren, denn dieser hat bei uns keinen Platz", betonte die Sprecherin.

Der Vorfall wurde in verschiedenen sozialen Netzwerken geteilt. Der Berliner Linken-Politiker Hakan Tas, der offenbar auch Zeuge des Falls war, veröffentlichte ein Video mit den Aussagen Vanessa H. auf seinem Facebook-Profil. Eine Freundin berichtete auf Twitter ebenfalls von dem Vorfall, worauf auch die Berliner Polizei reagierte.

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"Die über Twitter geäußerte Sachverhaltsdarstellung nehmen wir ernst", sagte der Polizeisprecher t-online.de. "Wir erkennen sie als Mitteilung mit Beschwerdecharakter an und lassen die Ereignisse und das geschilderte Verhalten des eingesetzten Polizisten durch die zentrale Beschwerdestelle der Polizei Berlin prüfen."

Außerdem sei H. gebeten worden, eine Beschwerde einzureichen. Der Beamte, der sie der Lüge bezichtigt und bedroht haben soll, habe vor Ort allerdings seinen Namen und seine Dienstnummer nicht mitgeteilt.

Verwendete Quellen
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