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FFP2-Masken für 20 Euro: So teuer haben Berliner Behörden eingekauft


Aus Steuergeldern
FFP2-Masken für 20 Euro: So teuer haben Berliner Behörden eingekauft

  • Annika Leister
Von Annika Leister

Aktualisiert am 31.01.2021Lesedauer: 4 Min.
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Mund-Nase-Schutz im Video: Das sind die Vor- und Nachteile der Masken, die getragen werden müssen. (Quelle: t-online)

Seit April sind Masken in Deutschland Pflicht. Der Markt ist hart umkämpft, die Preise sind zum Teil horrend. Eine Anfrage, die t-online exklusiv vorliegt, zeigt nun erstmals, wie überteuert Berliner Behörden eingekauft haben.

Allein die Berliner Senatsgesundheitsverwaltung hat seit 1. Januar 2020 rund 47,6 Millionen Euro für die Beschaffung von Masken ausgegeben. Das geht aus der Antwort der Berliner Verwaltungen auf eine Anfrage des parteilosen Abgeordneten Marcel Luthe hervor, die t-online exklusiv vorliegt. Luthe fragte alle Berliner Verwaltungen und Behörden nach den von ihnen aufgegebenen Masken-Bestellungen und den gezahlten Preisen seit Beginn der Corona-Pandemie. Die Antwort zeigt erstmals auch, welch absurd hohe Stückpreise zum Teil gezahlt wurden – und wie wenig bereit die Behörden sind, transparent Auskunft zu geben.

FFP2-Masken für 20 Euro das Stück

Rund 18 beziehungsweise 20 Euro pro Stück zahlten die Amtsgerichte Spandau, Köpenick und Weißensee im März und April für FFP2-Masken. Zum Vergleich: Zurzeit erstattet das Bundesgesundheitsministerium den Apotheken sechs Euro für FFP2-Masken, schon das gilt als weit überteuert. Die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters zahlte Ende April 2020 für Community-Masken, also einfache Stoffmasken mit wesentlich geringerem Schutz für den Träger, 7,10 Euro pro Stück – und das trotz einer stolzen Stückzahl von 45.000. Bis zu sieben Euro für einfache Stoffmasken zahlten unter anderem auch die Senatsverwaltung für Sport und Inneres und die Amtsanwaltschaft, für 12,50 Euro erwarb die Senatsverwaltung für Finanzen genähte Masken von einer Privatperson.

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Andere wollten es besonders hübsch haben: Die Investitionsbank Berlin zahlte im Mai und Juli für insgesamt 1.500 Masken mehr als 8 Euro pro Stück für Stoffmasken "im Corporate Design". Das Amtsgericht Tiergarten schaffte das billiger: Für drei Euro pro Stück erwarb es 600 Masken mit dem Aufdruck "Justiz" für die Justizwachtmeister.

Feuerwehr und Vivantes kaufen für Millionen ein

Besonders zu Buche schlagen in der Auflistung auch die anderen Behörden und Landesbetriebe, die als systemrelevant gelten und ihre Mitarbeiter mit Masken versorgen mussten: Die Berliner Feuerwehr, bei der FFP-Masken zur Schutzausrüstung gehören, rüstete mit Masken im Wert von insgesamt 5,6 Millionen Euro auf. Der landeseigene Klinikbetrieb Vivantes kaufte Mund-Nasen-Schutze, OP-Masken, FFP2- und FFP3-Masken im Wert von 10,9 Millionen Euro.

20 Euro für FFP-Masken, mehr als 10 Euro für einfache Stoffmasken – wie erklären die Behörden hohen Preise, gezahlt aus Steuergeldern? Der Pressesprecher der Berliner Zivilgerichte erklärt auf Nachfrage von t-online, dass die FFP2-Masken für rund 20 Euro für die Betreuungsrichter bestimmt waren, die zum Beispiel über die Betreuung von geistig und körperlich behinderten Menschen entscheiden. Sie hätten auch im Lockdown Personen in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und Privatwohnungen besuchen müssen. In den Einrichtungen "konnten die Betreuungsrichter*innen zu diesem Zeitpunkt nur unzuverlässig, zum Teil gar nicht, mit Schutzmasken ausgestattet werden". Das Gericht sei auf Nummer sicher gegangen – und habe Masken in geringer Stückzahl in der Apotheke gekauft.

Die Senatskanzlei hingegen erklärt auf Nachfrage, dass die 45.000 Stoffmasken für "die Verteilung an bedürftige Personen durch die Berliner Bezirke" gedacht waren. Grund für den hohen Preis sei eine "mehrlagige, hochwertigere Ware und die damalige Marktlage (knappes Angebot)" gewesen. Beide Institutionen – Gericht wie Senatskanzlei – sprangen im Frühjahr ein, weil die Senatsgesundheitsverwaltung überfordert war.

Viele große Posten werden gar nicht genannt

Doch große Posten fehlen in dem Papier ganz, viele Fragen bleiben unbeantwortet: Die Polizei und der Klinikkonzern Charité machten ebenso wenig Angaben wie die Senatsverwaltung für Bildung, die den Schulen bei der Beschaffung half. Vivantes gibt an, die Senatsgesundheitsverwaltung ab 1. April beim Kauf von Schutzmasken unterstützt zu haben. Aber: "Diese Beschaffungen sind hier nicht aufgeführt."

Viele Antworten verweigert die federführende Senatsgesundheitsverwaltung, die ab kurz vor Einführung der Maskenpflicht im April eigentlich für die Masken-Beschaffung "für das Personal im Ordnungs-, Rettungs-, Gesundheits- und Pflegewesen" für drei Monate zuständig war, wie sie erklärt. Sie listet Einkäufe von rund 53,5 Millionen OP-Masken, Mundschutzen und FFP-Masken auf – nennt aber im Gegensatz zu den anderen Behörden bei rund 45 Millionen der eingekauften Masken nicht die Stückpreise zu den einzelnen Bestellungen, sondern nur die Gesamtkosten von 47,6 Millionen Euro. Auch zwei Anfragen von t-online bezüglich der Stückpreise ließ die Senatsgesundheitsverwaltung unbeantwortet.

Luthe fordert Aufklärung – und will sonst klagen

Der parteilose Abgeordnete Marcel Luthe, Mitglied im Ausschuss für Haushaltskontrolle, kritisiert die hohen Preise und besonders die Intransparenz der federführenden Senatsgesundheitsverwaltung unter Senatorin Dilek Kalayci (SPD) scharf. "Die gesetzlichen Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit gelten auch – und besonders – in turbulenten Zeiten", sagte er t-online. Schließlich gebe der Staat Steuergeld aus, das Geld der Bürger. Die Behörden sollten genau auflisten müssen, wer wie viel gezahlt habe – und vor allem auch: an wen. "Die für Schnellschüsse ja bundesweit berüchtigte Senatorin und ihr findiger Staatssekretär Matz haben offenbar etwas zu verbergen, wenn sie wiederholt vertuschen wollen, zu welchen Preisen – und von wem – man 45 Millionen Masken ohne Ausschreibung gekauft hat."

Zeitnahe Aussicht auf Kontrolle der gezahlten Millionen-Beträge in dem Bereich gibt es nicht. Der Landesrechnungshof wäre zuständig. Wie die Senatsgesundheitsverwaltung in der Anfrage aber erklärt, habe der bisher noch nicht einen einzigen Maskenkauf aus dem vergangenen Jahr unter die Lupe genommen. "Gemäß Artikel 47 der Verfassung von Berlin untersteht die Präsidentin des Rechnungshofes von Berlin der Dienstaufsicht des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin." Der Senat könne daher zu den Gründen, warum der Rechnungshof die Bestellungen noch nicht geprüft habe, keine Auskunft geben.

Luthe kann das kaum glauben. Er will weiterfragen – und zur Not, sagt er, will er vor Gericht bald sein Informationsrecht als Abgeordneter einklagen.

Verwendete Quellen
  • Antwort der Senatsgesundheitsverwaltung auf die schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe
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