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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Ein Armutszeugnis für den Freistaat" Feuerwehrmann erhebt nach Waldbrand Vorwürfe

Der Waldbrand in der Gohrischheide ist unter Kontrolle. Aber intern bleibt es hitzig. Ein Feuerwehrmann übt scharfe Kritik an der Organisation des Einsatzes.
Stundenlang in der Hitze stehen, ohne Verpflegung, ohne Kraftstoff, ohne klaren Auftrag. So erlebte Stefan Schneider (Name geändert) den Großeinsatz in der Gohrischheide bei Riesa. Der Feuerwehrmann war eine von mehr als 700 Einsatzkräften, die eine Woche lang gegen die Flammen kämpften.
"Vor allem die Winde machten das Brandgeschehen äußerst dynamisch", sagt Schneider. Munition im Boden und trockener Wald erschwerten die Löscharbeiten zusätzlich. Seit dem 3. Juli galt der Katastrophenalarm. Der Landkreis Meißen forderte Hilfe aus anderen Kreisen an und setzte die Bundeswehr ein.
Scharfe Kritik an Organisation: "Das darf so nicht passieren"
Doch die Organisation hat nach Ansicht von Schneider versagt. "Vor allem die Versorgung mit Kraftstoff und Verpflegung erwies sich als großes Problem". Kraftstoff hätte Stunden vorher angefordert werden müssen. "Und dann musste man Glück haben, dass überhaupt etwas in den Einsatzabschnitt geliefert wurde", so Schneider weiter.
Auch die Verpflegung sei nicht ausreichend organisiert gewesen. "Da stehen die Einsatzkräfte stundenlang in der Wärme – und müssen sich dann selbst um Essen kümmern. Das darf so nicht passieren."
Feuerwehrleute warteten den ganzen Tag vergeblich
Erste Kritik am Einsatz und an der schleppenden Kommunikation wurde frühzeitig laut. Gegenüber dem MDR berichteten evakuierte Anwohner, dass ein Bürgertelefon viel zu spät eingerichtet worden sei. Eine Bewohnerin aus Neudorf klagte im Gespräch mit dem MDR darüber, dass keine Lehren aus den Bränden von 2022 und 2023 gezogen worden seien. Vor allem sei zu lange über finanzielle Fragen gestritten worden.
Diesen Eindruck teilt auch Stefan Schneider: "Der Krisenstab hat viel zu langsam reagiert. Da wurde eine Sitzung nach der anderen abgehalten, aber gefühlt nichts entschieden." So habe er es erlebt, dass er am Nachmittag in den Bereitstellungsraum in Zeithain zurückkehrte und dort Einsatzkräfte antraf, die bereits am Morgen dort gewartet hatten – bis dahin ohne Einsatzbefehl. "Das ist nicht nur frustrierend – man opfert Zeit und Kraft und kommt am Ende gar nicht zum Einsatz."
Landrat löst mit Aussage Kopfschütteln aus
Für ihn wirkte es, als habe es keinen funktionierenden Einsatzplan gegeben. Das Landratsamt Meißen erklärte auf Nachfrage, man habe aus den Erfahrungen der Jahre 2022/2023 gelernt und nach festgelegten Einsatzplänen gearbeitet. Zudem seien alle Einsatzkräfte, die im Bereitstellungsraum eingetroffen seien, auch in den Einsatz geschickt worden. "Unsere Beobachtungen waren andere", sagt Stefan Schneider.
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Aber, sagt er auch, dass seine Beobachtungen natürlich nur einen Teil des gesamten Einsatzgeschehens abbildeten. Insgesamt hätten die Einsatzkräfte seiner Meinung nach großartige Arbeit geleistet. "Gerade in der jetzigen Situation der sächsischen Feuerwehren ist es wichtig, Missstände offen anzusprechen."
Damit bezieht er sich auf die geplanten Kürzungen im Haushalt des Freistaates Sachsen: Während 2024 noch 40 Millionen Euro zur Verfügung standen, sollen es 2025 nur noch 28 Millionen sein. 2026 ist eine nochmalige Kürzung um 7 Millionen Euro vorgesehen. Eine entsprechende Anfrage an das sächsische Innenministerium blieb unbeantwortet.
Feuerwehrmann Schneider ärgert das: "Der Klimawandel schreitet voran, es wird wärmer und trockener – damit steigt das Waldbrandrisiko. Und der Freistaat kürzt die Mittel?" Schneider weiter: "Ein Armutszeugnis für den Freistaat".
- Gespräch mit Feuerwehrmann
- Antwort auf Anfrage an Meißner Landratsamt – per Mail eingegangen