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FC Schalke 04 – Trompeten-Willy: "Es ist ein Hammer-Job!"


S04-Fanlegende schmeißt hin
Trompeten-Willy: "Es ist ein Hammer-Job!"

InterviewVon Thomas Terhorst

Aktualisiert am 18.08.2022Lesedauer: 4 Min.
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Wilhelm Plenkers alias Trompeten-Willy: "Ich habe keine Lust mehr."Vergrößern des Bildes
Wilhelm Plenkers alias Trompeten-Willy: "Ich habe keine Lust mehr." (Quelle: Privat)

30 Jahre stand Wilhelm Plenkers bei fast jedem Heimspiel des S04 in der Nordkurve der Veltins Arena und blies mit seiner Trompete zur Attacke. Jetzt ist Schluss.

Wilhelm Plenkers, eine der letzten Fan-Koryphäen der deutschen Bundesliga, schmeißt hin. Seit 1992 begleitete der 61-jährige, besser bekannt als Trompeten-Willy, nahezu jedes Schalke-Heimspiel vom Zuschauerrang der Veltins Arena mit seiner Trompete. Zum Start der neuen Bundesliga-Saison gab er nun seinen Abschied bekannt.

Es gab dunklere Zeiten um den Trompeter auf Schalke. So bewarb er 2020 auf Facebook etwa eine von der rechtsnationalistischen Partei "Die Rechte" unterstützte "Mahnwache" unter dem Motto "Fridays gegen Altersarmut". Bis heute gibt er an, nicht gewusst zu haben, dass die Initiative von der Partei "Die Rechte" gekapert worden sei. Eigentlich wollte Willy Plenkers hierzu nichts im Interview erzählen, um "das Ganze ruhen zu lassen". Doch im Gespräch kommt er nicht drumherum, hier noch einmal Position zu beziehen. Ein Gespräch über 30 Jahre Nordkurve.

t-online: Herr Plenkers, per Facebook teilten Sie Ende Juli mit, dass Sie einen "kleinen Schlaganfall" erlitten haben. Wie geht es Ihnen heute?

Wilhelm Plenkers: Ich habe immer noch Schwindelanfälle und kann keine Hektik oder schnelle Bewegungen machen und muss alles langsamer machen. Ansonsten geht’s. Mir geht es den Umständen entsprechend.

Drei Jahrzehnte standen Sie in königsblauer Montur samt Trompete in der Nordkurve des S04 und bliesen zur "Attacke". Jetzt soll auf einmal Schluss sein?

Ja, ganz genau. Ich war nun dreißig Jahre bei fast jedem Heimspiel der Königsblauen dabei. Aber jetzt reicht es einfach, es ist genug. Das ist nicht leicht zu verstehen, aber wissen Sie, ich habe zwar stets Familie, Kollegen und Freunde neben mir – aber an der Trompete stehe ich letztendlich immer alleine. Da ist auch viel Verantwortung und Druck im Spiel. Das ist ein Hammer-Job. Zudem musste ich auch in den vergangenen Jahren viel Einstecken und bekam wenig Rückendeckung vom Verein, das kann ich so sagen. Letztendlich hängt zu viel dran. Jetzt ist einfach Schluss für mich.

Sie sprechen Ihre Unterstützung der von der rechtsnationalistischen Partei "Die Rechte" unterwanderten "Mahnwache" unter dem Motto "Fridays gegen Altersarmut" an. Ich denke, hierüber gibt es verschiedene Auffassungen.

Über Politik kann man denken, wie man will. Ich steh‘ nicht rechts und nichts links, ganz egal, was andere darüber sagen. Zeitweise wurde ich ganz schön denunziert. Ich musste vor einem Gremium des Vereins Stellung nehmen. Das war so eine Art Vorstufe des Ehrenrates. Hier habe ich schon gesagt, was ich dazu denke. Fast alle Parteien fanden "Fridays gegen Altersarmut" gut. Unter anderem CDU, SPD, die Linke und auch andere Splitterparteien. Aber nur die Rechten wurden mir vorenthalten. Ich habe die Partei "Die Rechte" nie unterstützt. Ich setze mich auch weiterhin gegen Ungerechtigkeit ein und helfe in vielen sozialen Objekten und werde dies auch weiter machen. Sie wissen ja, was einmal im Netz ist, bleibt im Netz – und Lügen sowieso. Ich bin immer noch nicht rechts und auch kein Nazi.

Zurück zu Ihrem Abschied. Wie hat Ihr Umfeld reagiert?

Die Engvertrauten wussten ja schon länger, dass ich nicht mehr wollte. Aber viele zeigten sich auch überrascht. Bei den Emotionen war so ziemlich alles dabei. Die kennen mich ja alle. Für manche war es natürlich auch ein echter Hammer. Aber irgendwann ist einfach gut – und jetzt ist die richtige Zeit. Jetzt warten neue Projekte auf mich. Eingebunden bin ich zum Beispiel gerade auf einer Baustelle in der Nähe eines Campingplatzes. Das ist Auslastung genug.

Werfen wir mal einen Blick in die Vergangenheit. Können Sie sich noch daran erinnern, wie die Geschichte von "Trompeten-Willy" anfing?

Na klar. Zum ersten Mal blies ich zur "Attacke" mit meiner Trompete im Jahr 1982, dann habe ich 1985 ein paar Jahre ausgesetzt. Rudi [Assauer, Anm. der Redaktion] hatte daraufhin wenig später angerufen, um mich zurückzuholen. Das glaubt mir zwar keiner, aber genau so war es. Ich hatte beim ersten Anruf erst aufgelegt, weil ich dachte, da macht sich jemand lustig. Dann kam der zweite Anruf und er sagte: Wenn ich dat noch mal mache, bekomm‘ ich Stadionverbot. Ich blieb dran, hörte zu und fragte, wo wir uns das letzte Mal gesehen haben. Er sagte: "S04 – vor der Toilette, da hasse den Qualm inne Augen bekommen, von meiner Pife und geheult." Und dat stimmte. Seit 1992 steh‘ ich nun bei Wind und Wetter bei fast jedem Spiel im Stadion.

Schalke-Fan wurde ich übrigens im Ferienlager mit der Jugendfeuerwehr. Das war die Zeit, in der man sich für ein Team entscheiden musste. Mein Vater hat immer gesagt, Blau ist nicht nur eine gute Farbe, sondern auch ein guter Zustand – insofern wurd‘ ich Schalker. Meiner Mutter ist dann alles aus der Brille gefallen. Auch an mein erstes Spiel vom S04 ohne Trompete kann ich mich noch erinnern: Das war 1:3 gegen Hamburg im Jahr 1979. Klaus Fischer hat für uns das Tor gemacht. Da war ich 18.

Schalke muss sich nun wirklich von Ihnen verabschieden, oder gibt’s doch noch eine Chance, dass Sie zurückkommen?

Es ist definitiv Schluss. Aber ich muss schon sagen, beim ersten Heimspiel am vergangenen Wochenende gegen Gladbach habe ich einige Tränen verdrückt. Das war ein sehr, sehr seltsames Gefühl, hier vom Campingplatz aus zu schauen, während die ganze Arena ausverkauft ist. Und dann riefen auch noch Leute an: "Wo bleibst du denn, was ist denn los?" Weil sie es eben noch nicht wussten. Das war ganz schön hart. Und einen letzten Traum habe ich allerdings noch: Ich würde gerne ein letztes Mal zur Attacke unten vom Rasen blasen, um mich würdig zu verabschieden. Hierzu muss ich den Verein noch fragen. Wenn ich das dürfte, wäre mir das zum guten Schluss eine Ehre.

Herr Plenkers, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Telefonisches Gespräch mit Wilhelm Plenkers
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