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Wochenlanger Stromausfall in Frankfurter Luxuswohnkomplex: "Zum Waschen fahre ich zu meinen Eltern"


Luxuswohnungen in Frankfurt
Seit Wochen kein Strom: "Zum Waschen fahre ich zu meinen Eltern"

Von Sophie Vorgrimler

14.09.2022Lesedauer: 3 Min.
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Das Luxuswohnhaus in Frankfurt am Main: 96 von 248 Wohnungen sind ohne Strom − und das bereits seit dem 31. August.Vergrößern des Bildes
Das Luxuswohnhaus in Frankfurt am Main: 96 von 248 Wohnungen sind ohne Strom − und das bereits seit dem 31. August. (Quelle: Sophie Vorgrimler)

Für ihre Wohnungen zahlten die Eigentümer sehr viel Geld. Doch nun sind 96 Appartements in Frankfurt ohne Strom – seit Wochen. Für einige ein echtes Problem.

An einer Eingangstür zum großen Wohnkomplex "Praedium" im Frankfurter Europaviertel haftet ein Schild: "Klingelanlage defekt!" Doch das ist noch lange nicht alles: Seit dem Spätnachmittag des 31. August haben knapp 100 Haushalte des hochwertigen Gebäudekomplexes keinen Strom. Schuld daran sind ein Wasserschaden und eine "Verkettung ungünstiger Umstände", wie eine betroffene Bewohnerin berichtet. Sie und viele andere hoffen nun darauf, dass die Situation sich bald bessert – aber das könnte noch einige Wochen dauern.

Er habe gerade zum Trainieren aufbrechen wollen, sagt ein junger Mann, da sei plötzlich alles ausgegangen. Erst zwei Monate vor dem Zwischenfall ist er nach Frankfurt in seine Einzimmerwohnung gezogen. Er sieht die Situation sportlich. "Ich bin unter der Woche sowieso nicht so viel zu Hause." Statt aus dem Homeoffice arbeite er jetzt im Büro und seine freie Zeit verbringe er viel im Fitnessstudio. Die Wochenenden verbringe er anderswo.

Kein Licht, kein Kühlschrank, kein Kochen, kein Fernseher und kein Internet. "Zum Waschen fahre ich zu meinen Eltern", erzählt er. "Ich habe zwei Laptops, die lade ich bei der Arbeit für den Abend auf." Dem jungen Bewohner kommen seine Vermieter von sich aus mit einer Mietminderung entgegen. "Mein Bild von Frankfurt schmälert das nicht. Ich denke, das ist ein extremer Einzelfall", sagt er, während ein Hausmeister den Gehsteig vor dem Haus von Müllschnipseln befreit.

Die Quadratmeterpreise liegen zwischen 5.000 und 10.000 Euro

In einer Wohnung habe es einen Wasserschaden gegeben, dort sei Wasser ausgetreten und habe einen zentralen Teil des Stromnetzes getroffen, so die Informationen der Hausverwaltung des "Praediums". "Da es nicht möglich ist, die elektrischen Bauteile zu trocknen, muss ein neues Stromversorgungssystem installiert werden", heißt es weiter.

Ungünstigerweise handelt es sich bei den Bauteilen um Sonderanfertigungen. Aufgrund von Lieferengpässen und Personalmangel in der Baubranche wird es dauern, bis die Ersatzteile hergestellt und verbaut sind. Aktuell wird überprüft, ob eine Versorgung mit Notstromaggregat möglich ist.

Das Luxuswohnhaus wurde als Projekt der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft, der Nassauischen Heimstädte, errichtet und war 2017 fertiggestellt worden. Der Bau stand in der Kritik, weil nur Eigentumswohnungen entstanden und somit kein sozialer Wohnbau. Die Nassauische Heimstätte hingegen verwies seinerzeit darauf, dass mit dem Gewinn aus dem Verkauf der Wohnungen soziale Wohnbauprojekte finanziert würden. Die Quadratmeterpreise lagen zwischen 5.000 und 10.000 Euro.

Das "Praedium" hat zwei Wohneinheiten. Der Teil, der 19 Stockwerke misst, ist von dem Ausfall nicht betroffen, ebenso die Ladenzeile im Erdgeschoss. Nur die 96 Wohnungen des kleineren, acht Etagen hohen Baus ist ohne Elektrizität.

Einige Bewohner wohnen nun erst mal im Hotel

Viele Bewohnerinnen und Bewohner haben ihr Zuhause mittlerweile gegen ein Hotel getauscht, zumindest die, bei denen eine Gebäude- oder Hausratversicherung greift. Die Gebäudeversicherung von Eigentümern übernehme Übernachtungskosten von bis zu 100 Euro täglich, heißt es in der Pressemitteilung der Hausverwaltung.

"Es ist immer noch nicht ganz klar, ob unsere Hausratversicherung die Hotelkosten vollständig übernimmt", sagt eine Bewohnerin des Luxuswohnhauses. 2017 hatte sie mit ihrem Mann eine Wohnung gekauft. "Besonders wenn hier Messen sind, steigen die Zimmerpreise ja extrem." Privat könnten sie das auch nicht auffangen. "Wir zahlen ja noch den Kredit ab."

"Immerhin haben wir Warmwasser"

Dass das Paar ein kleines Kind hat, mache die Situation kompliziert. "Der Alltag ist wirklich hart." Das Kleinkind werde noch gestillt. Sonst esse es aktuell nur Obst, Kekse und kalten Brei aus Früchten. "Dass unser Kind versorgt ist, ist für uns erst mal das Wichtigste. Wir selbst ernähren uns hauptsächlich von Cornflakes", sagt die Mutter und lacht. Die Hausverwaltung versuche das Beste, da ist sie sicher. "Es kommen fast jeden Tag Mails mit dem aktuellen Stand. Sie sind sehr bemüht."

Lieferprobleme, Sonderanfertigung und Fachkräftemangel seien eine ärgerliche Kombination. "Ich komme aus einem Land, das als Dritte-Welt-Land gilt", erzählt sie. "Ich glaube, dort ginge das schneller. Die Deutschen haben so hohe Standards und Bauanforderungen. Das trägt sicher auch seinen Teil dazu bei", vermutet sie. Trotzdem ist sie optimistisch, dass sich auch dieses Problem lösen wird. Stand jetzt soll es ihren Informationen nach noch vier Wochen dauern. "Immerhin funktioniert der Aufzug und wir haben Warmwasser."

Verwendete Quellen
  • Reporterin vor Ort
  • Mitteilung der Hausverwaltung
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