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Bahn-Sabotage | Experte: "Könnte Putins Überlebensstrategie werden"


Angriffe auf Infrastruktur
"Das könnte jetzt Putins Überlebensstrategie werden"

  • Gregory Dauber
Von Gregory Dauber

Aktualisiert am 13.10.2022Lesedauer: 3 Min.
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Dieses sensible Video der Deutschen Bahn sorgt für Aufregung – nun ist es verschwunden. (Quelle: t-online)

War die Sabotage am Netz der Deutschen Bahn nur der Anfang einer Serie? Ein Experte sieht vor allem eine Gefahr durch Geheimdienste.

Deutschland diskutiert über die Sicherheit seiner kritischen Infrastrukturen. Wie angreifbar sind Energieversorger, Verkehrsnetze, Kommunikationsnetzwerke oder die Gesundheitsversorgung? "Die politische Großwetterlage wird darüber entscheiden, wie wahrscheinlich vermehrte Angriffe auf Deutschland sind", sagt Mischa Hansel vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg. Wann und wo Angriffe drohen, könne kaum vorhergesagt werden.

Um Sabotageaktionen durchzuführen, müsse in der Regel großer Aufwand betrieben werden, erklärt der Experte für Cybersicherheit. "Um schwerwiegende Störungen auszulösen, braucht es in der Regel Personal mit unterschiedlichen Fähigkeiten, genaue Kenntnis der Systeme und auch viel Zeit, um Sicherheitslücken zu finden und Testläufe zu durchlaufen", sagt er. Diese Bedingungen erfüllen meist nur staatliche Akteure oder Gruppen, die Staaten sehr nahestehen.

Experte für Cybersicherheit warnt: Russland hat Zugänge für Angriffe

"Dass fähige Nachrichtendienste über gewisse Zugänge zu kritischen IT-Infrastrukturen verfügen, müssen wir leider annehmen. Russland gehört auf jeden Fall dazu", stellt Hansel klar. Die Frage sei dann nicht mehr, ob Zugriffe möglich wären, sondern ob diese auch gewollt seien. "Welche Ziele machen aus Sicht der Angreifer Sinn", sei die Frage.

"Zu Beginn des Krieges in der Ukraine hatte Russland sicher kein Interesse daran, Nato-Staaten in den Konflikt hineinzuziehen", doch die Lage habe sich nach Ansicht des Experten geändert. "Unsicherheit und Unruhe im Westen könnten jetzt Putins Überlebensstrategie werden, weil der Angriffskrieg zunehmend ins Stocken kommt und die Zahl der Kritiker im eigenen Land zunimmt."

Die Sabotage, die am vergangenen Wochenende den gesamten norddeutschen Verkehr lahmlegte, sei ein "physischer Angriff" gewesen, der "relativ schnell behoben werden konnte". Doch die Aufmerksamkeit war maximal. "Politisch motivierte Angriffe auf kritische Infrastrukturen haben auch einen psychologischen Effekt", sagt Hansel.

Strategie der Nadelstiche könnte Unsicherheit schüren

Wenn aufgrund einer Cyberattacke der Elbtunnel nicht mehr befahrbar wäre oder die Logistik des Hamburger Hafens blockiert würde, hätte das zunächst unmittelbare Folgen wie Staus und verzögerte Lieferketten. Wenn so etwas aber häufiger passieren sollte und klar als Sabotage zu erkennen sei, "erzielen diese Nadelstiche natürlich eine viel größere, übergeordnete Wirkung", ordnet der Forscher ein. "Die Frage ist, was für den Angreifer ein Erfolg ist: ein kilometerlanger Stau und blockierte Container oder die Botschaft, dass wir angreifbar sind."

Schwerwiegender wären große Attacken allerdings bei Krankenhäusern wie dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE): Der Ausfall des Maximalversorgers mit fast 15.000 Angestellten und jährlich einer halben Million Patienten könnte Leben gefährden. "Der Gesundheitssektor bietet eine fundamentale und oft zeitkritische Dienstleistung an", sagt Hansel, der an einen Hackerangriff auf die Düsseldorfer Uniklinik erinnert, infolgedessen ein Mensch starb.

Experte: Nicht genügend Ressourcen im Falle paralleler Angriffe

Die Politik sei angesichts der weltpolitischen Spannungen und der riesigen potenziellen Angriffsfläche gefordert. "Die Gefahrenabwehr ist noch Ländersache, muss aber stärker als nationale und europäische Aufgabe verstanden werden", fordert Hansel. "Wir reden viel über Cybersicherheit, doch am Ende zählen die tatsächlichen Ressourcen, die wir im Falle des Falles einsetzen können – und davon haben wir nicht genug", kritisiert er. Zuletzt hatten Politiker und Sicherheitsexperten ähnliche Forderungen gestellt.

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Sollte es an mehreren Stellen zu parallelen Angriffen auf IT-Systeme kommen, seien zu wenige Experten beim Bundeskriminalamt (BKA), dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) oder der Bundeswehr verfügbar. Hansel sieht es zudem als notwendig an, dass Betreiber kritischer Infrastrukturen strenger geprüft werden – mit tatsächlichen Tests und nicht nur mit Checklisten.

Auch kommunikativ sei jetzt die Politik gefordert, sagt der Hamburger Forscher: "Die Bevölkerung will jetzt Antworten auf die drängenden Fragen", so Hansel. "Wir sind keineswegs hilflos oder ohnmächtig, aber es muss wirklich etwas getan werden. Denn die Verwundbarkeit ist real."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Dr. Mischa Hansel
  • Eigene Recherche
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