Sollte ich Bettlern Geld geben?

In Hamburg dΓΌrfen Bettler in der Innenstadt nicht sitzen oder gar "liegen und lagern", wenn sie um Geld bitten. Aber sollte man Menschen ΓΌberhaupt etwas geben? Die Caritas hat einen Leitfaden.
In Hamburg geht die Polizei inzwischen hΓ€ufiger gegen Bettler und Obdachlose in der Innenstadt vor. Laut dem Hamburger Senat sei Betteln an sich nicht verboten, aber das "Liegen und Lagern" und schon das "Sitzen auΓerhalb der dafΓΌr vorgesehenen Bereiche" sei unzulΓ€ssig.
Doch sollte man Bettlern ΓΌberhaupt Geld geben? Die Caritas hat dazu einige Tipps zusammengestellt. Die Wohlfahrtsorganisation der katholischen Kirche spricht sich klar dafΓΌr aus, Menschen auf der StraΓe monetΓ€r zu unterstΓΌtzen. "Wer darauf angewiesen ist zu betteln, oder gar auf der StraΓe lebt, weiΓ am besten, was er oder sie gerade benΓΆtigt und wie das wenige Geld ausgeben wird, das ihm oder ihr zur VerfΓΌgung steht", heiΓt es in dem Leitfaden. "Es ist ein kleiner, aber entscheidender Raum fΓΌr die eigene Freiheit und WΓΌrde. Und diesen Raum sollten wir den Menschen lassen."
Alkohol zum Γberleben
Dass sich Menschen Alkohol von dem Geld kaufen wΓΌrden, sei sicherlich mΓΆglich, rΓ€umt auch die Caritas ein. Wenn jemand wirklich sΓΌchtig sei, brΓ€uchte dieser Mensch Alkohol oder Drogen zum Γberleben. Ein kalter Entzug auf der StraΓe kann lebensbedrohlich sein.
Und wie viel sollte ich spenden? Eine Empfehlung gebe es nicht, so die Caritas. Doch man investiere in einen anderen Menschen, in Menschlichkeit und SolidaritΓ€t. "Meistens gebe ich so viel, dass es mir nicht wehtut. Ich darf mich aber fragen, ob ich nicht groΓherziger sein kΓΆnnte in Anbetracht all dessen, wofΓΌr ich selbst Geld ausgebe", so die Caritas.
Wer lieber kein Bargeld auf der StraΓe weiterreichen mΓΆchte, kann auch Vereinen oder Initiativen Geld spenden, die sich um obdachlose Menschen in der Stadt kΓΌmmern. Eine Γbersicht der SpendenmΓΆglichkeiten hat die Stadt Hamburg zusammengestellt.
Warum Sachspenden nicht immer helfen
Sachspenden weiterzureichen, ist nicht immer hilfreich. "Was aber, wenn es der zehnte Kaffee und das sechste BrΓΆtchen an diesem Tag ist, die der bettelnde Mensch geschenkt bekommt, und sie deshalb im MΓΌll landen? Sachspenden sind nur dann okay, wenn die Person, der ich helfen will, ausdrΓΌcklich danach gefragt hat", empfiehlt die Caritas. "Das ist Γ€hnlich wie mit Gutscheinen. Sie bevormunden bettelnde Menschen und sprechen ihnen das Recht ab, frei zu entscheiden."
Was aber tun, wenn man sich belΓ€stigt fΓΌhlt? Da zieht die Caritas eine klare Linie: Das GesprΓ€ch beenden und "Nein" sagen. Reicht das nicht, sollte man auf die Situation aufmerksam machen und sich Hilfe im ΓΆffentlichen Raum suchen. Aggressives Betteln kann als NΓΆtigung ausgelegt werden und somit strafbar. "Stilles Betteln" allerdings ist es seit 1974 nicht mehr. Platzverweise lΓΆsen das Problem der enormen Armut nicht, sondern verdrΓ€ngen es nur.
Organisierte KriminalitΓ€t?
Problematisch wird es, wenn Bettler UmstΓ€nde vortΓ€uschen, wie eine verlorene GeldbΓΆrse oder eine BeeintrΓ€chtigung wie Blindheit. Dies kΓΆnne als Betrug gewertet werden. TatsΓ€chlich gibt es inzwischen in vielen StΓ€dten in Deutschland Menschen, die offensichtlich kΓΆrperlich beeintrΓ€chtigt auf der StraΓe leben β oder zumindest so tun. Organisierte Bettlerbanden gebe es nicht, betont laut der Caritas die Polizei.
Allerdings gibt es Menschen aus SΓΌdosteuropa, die nach Deutschland gekommen sind, in der Hoffnung, hier ein besseres Leben zu finden. Auch falsche Versprechungen in ihren HeimatlΓ€ndern befeuern dies. "Ihre starke Familien- und GruppensolidaritΓ€t fΓΌhrt dazu, dass sie sich gemeinsam auf die Reise machen, gemeinsam wohnen und gemeinsam betteln. Das heiΓt noch lange nicht, dass man es mit 'organisierten' Banden zu tun hat, und erst recht nicht, dass etwas Kriminelles daran wΓ€re", so die Caritas.
Das ungute GefΓΌhl, das einige verspΓΌren, wenn sie Bettler sehen, ist der Caritas bekannt. Die Angst, selbst sozial abzusteigen und betteln zu mΓΌssen, schwingt bei den Begegnungen immer mit. "Sie fΓΌhlen sich unsicher und hilflos, schauen lieber weg, als sich der RealitΓ€t zu stellen, sich mit der unangenehmen Kehrseite unserer Konsum- und Wohlstandsgesellschaft auseinanderzusetzen. Viele Geschichten zeugen davon, wie schnell ein 'Abstieg aus der Gesellschaft' erfolgen kann. Meist sind es mehrere SchicksalsschlΓ€ge, die zusammenkommen: Krankheit, Jobverlust, Γberschuldung, Trennung β¦", so die Caritas.
- Hinz&Kunzt, Caritas