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Uni Jena gibt Gebeine aus Hawaii zurück: Erbe erforscht


Jena
Uni Jena gibt Gebeine aus Hawaii zurück: Erbe erforscht

Von dpa
10.02.2022Lesedauer: 3 Min.
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Im Zuge der Aufarbeitung des kolonialen Erbes in Thüringen sind an der Universität Jena aus Hawaii stammende Gebeine zurückgegeben worden. Die Schädelknochen waren 1860 dem Jenaer Evolutionsforscher Ernst Haeckel auf einer Italienreise geschenkt worden. Sichtlich bewegt nahm eine Delegation aus dem US-Bundesstaat ihre Ahnen am Donnerstag bei einer feierlichen Zeremonie in der Universität entgegen. "Das ist der wichtigste Schritt zur Heilung", sagte Mana Kamoali'i Caceres von der Delegation des Office of Hawaiian Affairs. Es sei aber nicht der letzte Schritt.

Haeckel hatte die Gebeine auf einer Reise nach Messina auf Sizilien vom Arzt Edmund von Bartels geschenkt bekommen und mit nach Jena genommen. Wie sie in den Besitz von Bartels kamen, blieb unklar. Es bestehe jedoch kein Zweifel daran, dass sie während der Kolonialzeit von den Europäern illegal aus Hawaii entführt wurden, hieß es von der Universität.

Thüringens Kulturstaatssekretärin Tina Beer bat die Vertreterin und Vertreter aus Hawaii um Verzeihung. Uni-Präsident Walter Rosenthal sagte: "Die Rückkehr der iwi kūpuna in ihre Heimat kann dieses historische Unrecht nicht ungeschehen machen, aber sie kann ein erster Schritt sein, es zu heilen." iwi kūpuna bedeutet in der Sprache der indigenen Bevölkerung "Gebeine der Ahnen".

Die Historikerin Kim Siebenhüner von der Uni Jena sagte: "In Thüringen steht die Erforschung des kolonialen Erbes am Anfang." So wurden etwa an den Universitäten Erfurt und Jena sowie beim Thüringer Museumsverband kürzlich entsprechende Koordinierungsstellen geschaffen. An der Uni Jena wurde die Arbeitsgruppe "Koloniales Erbe und antirassistische Bildung" gegründet. Auch Beer betonte, dass die Forschung zur kolonialen Vergangenheit erst in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen habe. "Es gibt noch viel zu tun." Das betreffe nicht nur die Metropolen.

Seit der Debatte um das Berliner Humboldt Forum und den Umgang mit Objekten aus kolonialen Zusammenhängen beobachten sowohl Siebenhüner als auch der Thüringer Museumsverband ein gestiegenes öffentliches Interesse an dem Thema. Das Kunst- und Ausstellungszentrum in Berlin mit Exponaten aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien war schon vor der Eröffnung im September 2021 in die Kritik geraten. Unter anderem ging es dabei um die als koloniale Raubkunst geltenden Benin-Bronzen, die dort ausgestellt werden sollten.

Das zeige exemplarisch, dass auch im Freistaat jedes Museum und jede Sammlung eine kritische Auseinandersetzung und Aufarbeitung mit diesen Objekten vor sich habe, sagte Siebenhüner. Gemeinsam mit der Erfurter Historikerin Christiane Kuller hat sie den Aufbau der Koordinationsstelle der Universitäten vorangetrieben.

In Thüringen gibt es noch keinen Überblick, wie viele Objekte mit Kolonialvergangenheit überhaupt in den Beständen schlummern. Hier wollen die Koordinationsstellen ansetzen. Der Museumsverband wertet hierzu aktuell eine Umfrage unter rund zehn Prozent der Museen im Land aus. Ergebnisse sollen Anfang April auf einer Tagung vorgestellt werden. Dabei gehe es neben Objekten oder menschlichen Überresten mit Kolonialvergangenheit auch um NS-Raubkunst oder Stücke aus der DDR-Zeit. Während zu Objekten aus der NS-Zeit bereits mehr geforscht worden sei, habe es gerade für Forschung zu kolonialer Herkunft bisher kaum Förderungen gegeben.

"Wenn man das detailliert machen will, dann sind das Jahrzehnte an Arbeit, die auf uns zukommen", sagte der Präsident des Museumsverbandes Thüringen, Thomas T. Müller. Der Großteil der Museen in Thüringen habe weniger als fünf Beschäftigte - da fehle schlicht die Zeit für Provenienzforschung. Die Provenienzforschung untersucht die Herkunft von Kulturgütern.

Der Direktor der Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha, Tobias Pfeifer-Helke, sagte: "Ich glaube, oder nein, ich glaube nicht, ich weiß, dass die Museen diese Debatten führen müssen. Dass das gut ist für die Museen. Dass sie sich dem auch stellen müssen." Der Umgang mit Sammlungen und Beständen ändere sich von Generation zu Generation. Das sieht auch der Museumsverband. Langfristig sei etwa zu wünschen, dass bei allen ausgestellten Objekten auch klar benannt werden könne, in welchem Kontext sie ins Museum gekommen seien.

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