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Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen von Kölner Ticketportal unterstützt – Kündigung


Vorträge von bekannten Verschwörungstheoretikern
Ken Jebsen verkaufte Tickets über Kölner Online-Portal

Von Laura Isabel Schameitat

Aktualisiert am 03.05.2023Lesedauer: 3 Min.
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Ken Jebsen hält eine Rede auf dem Potsdamer Platz in Berlin (Archivbild): Der ehemalige Radiomoderator zählt zu den extremsten Verschwörungstheoretikern Deutschlands. (Quelle: imago stock&people)

Auf dem Kölner Ticketportal ticket.io wurden Eintrittskarten für umstrittene Vorträge verkauft. Das Unternehmen hat nun einem der Veranstalter gekündigt.

"Next Generation Ticketing" – so lautet der Slogan des Kölner Unternehmens ticket.io mit Sitz im Rheinauhafen. Das Geschäftskonzept: Veranstalter können über das Onlineportal eigene Ticketshops eröffnen und ihre Kartenvorverkäufe abwickeln. 70 Mitarbeiter arbeiten der Website zufolge daran, "Self-Service-Ticketing im Sinne des Veranstalters" zu ermöglichen.

Im Sinne welcher Veranstalter in dem Unternehmen gearbeitet wird, wurde bisher offenbar nicht geprüft: So fanden sich dort bis zuletzt Ticketshops von zwei Veranstaltern namens "Friedensweg" und "Brainbooster", die Vorträge von bekannten Verschwörungstheoretikern organisieren und die Eintrittskarten dafür über ticket.io verkaufen.

Veranstalter "Friedensweg": Tickets für Daniele Ganser in Bayern

"Friedensweg" verkaufte Tickets für einen Vortrag des Verschwörungstheoretikers Daniele Ganser im bayerischen Dingolfing. Ganser war zuletzt in die Schlagzeilen geraten, als Städte wie Nürnberg und Dortmund dessen Vorträge zunächst abgesagt hatten, in Gerichtsprozessen dann allerdings unterlagen und die Vorträge doch stattfinden lassen mussten. In einigen Städten gab es daraufhin Gegenproteste.

An dem über ticket.io beworbenen Abend wollte Ganser seine Gäste über die "wahren Fakten" und die "wahren Hintergründe" des Ukraine-Krieges "in seiner sympathischen Art gewohnt eloquent aufklären". Der Schweizer Historiker und selbst ernannte "Friedensforscher" behauptet in seinen Vorträgen unter anderem, dass der Krieg gegen die Ukraine auf einem durch die USA gelenkten Putsch des damaligen ukrainischen Präsidenten Janukowitsch basiere. Außerdem hätten sich die Bewohner der Krim und des Donbass in demokratischen Referenden entschieden, Bürger Russlands zu sein. Diese und andere Thesen hatte der Osteuropaforscher Prof. Dr. Klaus Gestwa im Gespräch mit t-online widerlegt.

Veranstalter "Brainbooster": Tickets für Ken Jebsen in Zürich

Im ticket.io-Shop von "Brainbooster" im Angebot: ein Abend mit Ken Jebsen in Zürich. Unter dem Titel "Angst essen Freiheit auf" wollte Jebsen seinen Zuschauern dort Tipps geben, wie sie die "Techniken der permanenten Propaganda" durchschauen und sich "erfolgreich gegen die eigene Manipulation wehren" können. 30 Euro sollten die Besucher dafür bezahlen.

Jebsen, der seinen Job als Radiomoderator beim rbb im Jahr 2011 wegen antisemitischer Aussagen verlor, betätigte sich danach auf seiner eigenen Website "Ken FM". Seit 2020 war er einer der Protagonisten der "Querdenken"-Demonstrationen. Im November 2020 sperrte YouTube seinen Kanal wegen der Verbreitung von Falschinformationen über die Corona-Pandemie. Jebsen behauptete unter anderem, die Sicherheitsmaßnahmen der Bundesregierung seien ein "Gehorsamsexperiment" und verglich sie mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Seit der YouTube-Sperre betreibt er die Website "Apolut".

Statement von ticket.io: Fristlose Kündigung für Jebsen-Event

ticket.io äußerte sich auf Nachfrage von t-online zu den beiden Events und löschte beide Veranstaltungen. "ticket.io ist ein Selfservice-Ticketing-Portal, das heißt, einmal registrierte Veranstalter können eigenständig Veranstaltungen einstellen und ihre Tickets verkaufen. Eine Prüfung findet nicht automatisch statt", so Oliver Hoffmann, Leiter Finanzen, Recht und Datenschutz bei dem Unternehmen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Ticket.io sähen allerdings vor, dass keine Tickets für Events verkauft werden dürften, die beleidigende, verleumderische oder rassistische Inhalte verbreiten. "Die Events mit Ken Jebsen stufen wir als solche Events ein", so Hoffmann. Daher sei bereits am Freitag – unabhängig von der t-online-Anfrage – die fristlose Kündigung an den Veranstalter auf den Weg gebracht worden.

Anders sähe es bezüglich der Events mit Daniele Ganser aus. Dort habe die rechtliche Prüfung durch das Unternehmen ergeben, dass die Inhalte nicht zu einer fristlosen Kündigung berechtigten. "Wir werden aber auch hier mit dem Veranstalter ins Gespräch gehen, die Events genau prüfen und gegebenenfalls die Zusammenarbeit vorzeitig beenden können", so Hoffmann.

Am Ende seiner E-Mail fügt Hoffmann noch hinzu: "Die Entscheidung zwischen zu gewährender Meinungsfreiheit innerhalb einer liberalen Demokratie und Verstoß gegen geltende Gesetze ist trotz eventuell abweichender persönlicher Meinungen auch weiterhin sorgfältig abzuwägen und auf gesicherter Kenntnis zu treffen."

Auf den entsprechenden Seiten zu den Veranstaltungen von Ganser und Jebsen war am Dienstagnachmittag der Hinweis "Im Moment sind keine aktiven Veranstaltungen vorhanden" zu lesen. Ob die Veranstaltungen dadurch auch seitens der Veranstalter abgesagt sind, ist t-online nicht bekannt.

Verwendete Quellen
  • ticket.io: Ticketshop von "Friedensweg"
  • ticket.io: Ticketshop von "Brainbooster"
  • Telefonische und schriftliche Anfrage an das Unternehmen ticket.io
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