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Farina Köln: 300 Jahre Geschichte – so tickt Kölns ältestes Unternehmen


Eau de Cologne von Farina
300 Jahre Geschichte: So tickt Kölns ältestes Unternehmen


21.06.2025 - 10:00 UhrLesedauer: 5 Min.
Johann Maria Farina und seine Tochter Louise führen das Unternehmen Farina in achter und neunter Generation.Vergrößern des Bildes
Johann Maria Farina und seine Tochter Louise führen das Unternehmen Farina in achter und neunter Generation. (Quelle: Kalcheva Nataliia)
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Berühmte Kunden, goldene Jahre, schwere Krisen: Die Geschichte des Eau de Cologne und der Stadt Köln ist eng mit der Marke Farina verbunden. Doch die Geschäftsführer sehen ihren Standort zunehmend kritisch.

Napoleon verbrauchte angeblich zwei ganze Flakons am Tag. Goethe sprühte sich ebenfalls gerne damit ein, genauso wie später Romy Schneider, Marlene Dietrich oder Lady Di. Die Erfindung des "Eau de Cologne" im Jahr 1709 war eine Revolution in der Welt der Parfümerie – und der Startschuss für die rund 300-jährige Geschichte des Familienunternehmens Farina, das nicht nur das älteste Unternehmen in Köln ist, sondern auch der weltweit älteste Parfümhersteller.

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"Das Eau de Cologne war in vielerlei Hinsicht etwas ganz Neues: Zum ersten Mal wurden Zitrusnoten und reiner Alkohol verwendet, der nicht mehr nach vergorenen Früchten roch. Außerdem war es der erste Duft, der in Serie produziert wurde und nicht individuell für eine einzelne Person", erklärt Johann Maria Farina, Geschäftsführer des Unternehmens und Erbe des Parfümeurs Giovanni Maria Farina. Seit einem Jahr ist auch seine Tochter Louise Farina Mitglied der Geschäftsleitung. Die 25-Jährige ist zuständig für Innovation und Entwicklung, perspektivisch wird sie die Geschäfte ihres Vaters übernehmen.

Das Büro des derzeitigen Geschäftsführers im Stammhaus an Obenmarspforten verkörpert 300 Jahre Kölner Familien- und Firmengeschichte: Auf einem dunkelgrünen Teppichboden steht ein massiver dunkler Holzschreibtisch. An den Wänden ringsum hängen Ölgemälde der Vorfahren in goldenen Rahmen, ein Regal gegenüber dem Schreibtisch dient als Ablage für unzählig viele Fläschchen, Pröbchen, Kartons unterschiedlicher Größen. Die Verkaufsfläche im Erdgeschoss, direkt unter dem Büro, betreten Besucher heute noch durch dieselbe Türe wie einst große Staatsmänner, Dichter, Schauspieler oder Prinzessinnen oder deren Gefolge.

Eau de Cologne: So kam sein Erfinder nach Köln

Damit es dazu kommen konnte, musste aber zunächst Giovanni Maria Farina in Köln auftauchen. 1685 wird er in der Nähe des Lago Maggiore in Italien geboren. Er interessiert sich früh für die Welt der Gerüche, muss aber auf Wunsch der Familie erst einmal Kaufmann werden und wird 1706 als Repräsentant für das Handelsunternehmen seines Onkels nach Köln geschickt.

Neben seinem eigentlichen Beruf, dem Import und Verkauf von sogenannten Galanteriewaren aus Frankreich wie Puder, Seidenbändern oder Kristallflakons, verfolgt Farina weiter sein großes Ziel: ein Parfüm zu kreieren, dessen Duft an einen Frühlingsmorgen in seiner Heimat Italien nach einem Regenschauer erinnern soll. Seine Kreation nennt er erst "Eau admirable", ab 1742 dann "Eau de Cologne". Der neue Duft wird zur Erfolgsgeschichte, und das ehemalige Galanterie-Geschäft konzentriert sich spätestens nach der Französischen Revolution nur noch auf den Vertrieb des Parfüms.

Noch heute mischen der aktuelle Geschäftsführer Johann Maria Farina und seine Tochter Louise, beide studierte Parfümeure, die sogenannten Ansätze für das Parfüm in großen Kesseln im Farina-Haus ab. "Unser Duft bleibt immer derselbe, aber die Rezeptur ändert sich jedes Jahr, je nach Beschaffenheit der Duftöle, die wir einkaufen", erklärt Louise Farina. Die Beimischung von Alkohol und Wasser und die Abfüllung in die Flakons findet am Stadtrand von Köln statt. Einmal im Jahr fliegen Vater und Tochter nach Italien und Frankreich, um die Bergamotte-Plantagen in Kalabrien zu besuchen oder in der Parfumstadt Grasse an Messen teilzunehmen.

Eau de Cologne: Neue Flakons in altem Design

Zwei schwere Krisen erlebt das Unternehmen. Und zwar nicht etwa im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, wie man meinen könnte. Der erste Absturz kam erst sehr viel später, in den 1980er-Jahren. "Kölnisch Wasser", wie das Eau de Cologne auf den Flaschen der Konkurrenz von 4711 heißt, ist nicht mehr angesagt, es gilt als verstaubt, als "Oma-Duft". Erst als große Luxusmode-Hersteller wie Hermès um die Jahrtausendwende plötzlich den Namen "Eau de Cologne" für sich entdecken und für ihre Parfums verwenden, steigt auch die Aufmerksamkeit für das Original wieder. "Wir sind der Ursprung, das war unser Vorteil", so Louise Farina.

2003 eröffnet das heutige Duft-Museum im Farina-Haus, es folgen gute Jahre für das Unternehmen. Dann kommt die zweite und noch viel schwerere Krise: die Corona-Pandemie. Parfümerien müssen schließen, in der sozialen Isolation der Corona-Jahre verlieren viele Kunden das Interesse an Düften. "Wer keine sozialen Kontakte mehr hat, nutzt auch kein Parfüm", sagt Johann Maria Farina. "Ich habe mir ernsthafte Sorgen um das Unternehmen gemacht. Wir überleben Kriege, aber eine Pandemie ist für uns echt hart", sagt er. Konkurrent 4711 hat hingegen Glück: Das Produkt wird in niedrigeren Preissegmenten in Drogerie-Märkten verkauft, und diese dürfen geöffnet bleiben.

Mithilfe von Kurzarbeit und dank guter Rücklagen überlebt Farina die Pandemie und Louise Farina kann wie geplant nach ihrer Parfümeur-Ausbildung in Versailles in das Familienunternehmen einsteigen. Für die Zukunft des Unternehmens hat die 25-Jährige schon zahlreiche Ideen. "Ich habe erst mal ein sogenanntes Rebranding gemacht", sagt sie. Das Firmenlogo und der Flakon haben sich verändert: Während das Logo mit der Tulpe etwas reduziert wurde, erinnert der Flakon nun wieder an den von 1850. "Unsere Wurzeln sind uns sehr wichtig und so schauen wir auch bei einem neuen Design erst einmal, ob es etwas Altes gibt, was wir noch mal aufgreifen können", erzählt Louise Farina.

Farina: "Stadt macht es Unternehmern nicht leicht"

Einen Instagram-Account und Duftseminare im Museum hat sie ebenfalls ins Leben gerufen. Und bis Ende 2025 soll eine neue Duftlinie mit fünf Düften produziert werden. "Wir wollen damit noch mehr ins Premium-Segment einsteigen, diese Produkte sollen noch hochwertiger sein", sagt die Junior-Geschäftsführerin. Derzeit kostet ein 100-Milliliter-Flacon bereits 81 Euro. "4711 macht eher günstigere Lifestyle-Produkte, wir stehen eher für das Luxus-Segment", erklärt sie die Unterschiede zur Konkurrenz.

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Wie ist es denn eigentlich, das Verhältnis zu 4711? Nach jahrzehntelangem Streit um Markenrechte begegne man sich im "Verband der Kölnisch Wasser-Hersteller", der mit 4711 und Farina aus genau zwei Mitgliedsunternehmen besteht, heute sehr freundlich, betont Johann Maria Farina. "Wenn 4711 gute Zeiten hat, strahlt das auf uns ab und umgekehrt. Also freuen wir uns gemeinsam", sagt er.

Weniger erfreulich sei allerdings die Stadtentwicklung in Köln. "Wenn man nicht schon 300 Jahre hier ist, möchte man hier nicht sein. Die Stadt macht es Unternehmern nicht leicht", sagt Johann Maria Farina und zeigt aus dem Fenster seines Büros auf die zahlreichen Baustellen rund um das Farina-Haus, die größte davon die für das jüdische Museum Miqua. Demnächst schließt auch noch das gegenüberliegende Wallraf-Richartz-Museum für Renovierungsarbeiten.

"Die Verkehrssituation ist eine Katastrophe, wir haben kaum Ladefläche, dazu offener Drogenkonsum und die zunehmende Verwahrlosung direkt vor dem Haus", zählt Johann Maria Farina die Probleme auf. Trotzdem: Ein Wegzug sei dennoch undenkbar, schließlich produziere man einen Duft mit dem Namen Köln. "Ich sehe uns eher als Leuchtturm, der die Innenstadt schicker macht", sagt Farina. Und ergänzt: "Wir halten hier durch."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Johann Maria und Louise Farina
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