Die ehemalige Ansprechperson für Opfer sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln, Christa Pesch, hat sich "bestürzt" und "fassungslos" über Kardinal Rainer Maria Woelki geäußert. In einem Interview mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag) widersprach die 74-jährige Sozialpädagogin Woelkis Darstellung im Fall des mittlerweile gestorbenen Pfarrers Johannes O.
Weder Woelki selbst noch sein Vorgänger Kardinal Joachim Meisner hätten versucht, den Vorwurf der Vergewaltigung eines Kindergartenkinds in den 1970er Jahren durch O. aufzuklären. Das Opfer habe den Fall 2010 bei Pesch angezeigt. Sie habe in einem schriftlichen Vermerk an das Erzbistum 2011 darauf hingewiesen, dass der Fall weiter verfolgt werden müsse. Das Bistum habe aber "nichts unternommen". "Es ist für mich schwer erträglich, wie der Kardinal und die Bistumsleitung jetzt die Verantwortung von sich wegschieben und an andere weitergeben", sagte Pesch dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Nach Darstellung des Erzbistums konnte Kardinal Woelki nach seinem Amtsantritt 2014 in der Sache nichts mehr unternehmen, weil der zu jenem Zeitpunkt schon schwer kranke Pfarrer nicht mehr vernehmungsfähig gewesen sei.
Der Umgang mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Priester im Erzbistum Köln sorgt seit geraumer Zeit für Schlagzeilen. Woelki hatte dazu ein Gutachten bei einer Münchner Kanzlei in Auftrag gegeben - nach der Fertigstellung aber beschlossen, es doch nicht zu veröffentlichen. Dafür führte er rechtliche Bedenken an. Stattdessen beauftragte er einen Kölner Strafrechtler mit einem neuen Gutachten, das im März fertig werden soll.
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", die Kirche, die eine moralische Botschaft in die Welt sende, müsse sich natürlich auch selbst an diese halten. "Ich hätte mir einen anderen Umgang des Erzbistums mit dem Missbrauchsgutachten gewünscht", sagte Reker.