t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalMünchen

Oktoberfest: Unterwegs mit der Wiesnwache


Unterwegs mit der Wiesnwache
"Hier braucht's eine dicke 'Wiesnhaut'"

Von Jannik Läkamp

26.09.2022Lesedauer: 4 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
imago images 169823786Vergrößern des Bildes
Eine Polizeistreife abends auf dem Oktoberfest: t-online hat die Beamten begleitet. (Quelle: IMAGO/Wolfgang Maria Weber)

Betrunkene, aggressive Zeltbesucher, Taschendiebe: t-online hat eine Streife der Wiesnwache begleitet. Und plötzlich kommt ein Einsatz.

Warm strahlt die Sonne vom wolkenlosen Himmel auf die Wiesn. Ein Garant für hohe Besucherzahlen, ein Garant für einen stressigen Tag für Hannes Lang, Kommissar bei der Wiesnwache. Die ganze Wiesnzeit über arbeitet er mit seinen fünf Kollegen auf dem wohl berühmtesten Volksfest der Welt, koordiniert, schützt, greift ein.

t-online hat Lang und seine Gruppe bei einer Streife über die Wiesn begleitet. Hauptaufgabe: "Präsent sein. Das hält den ein oder anderen von einer Dummheit ab. Und bereit sein, für den Fall der Fälle." Für den Kommissar ist es die erste Wiesn, beruflich und privat. Gemeldet hat er sich für den Einsatz freiwillig. Wie alle seine Kollegen auf der Wiesnwache.

Der Sondereinsatz ist begehrt, es gibt stets mehr Freiwillige als Plätze. "Es macht halt einfach Spaß, man hat viel Action, Abwechslung vom Alltag", so Lang. "Dementsprechend hoch ist auch die Motivation." Insgesamt arbeiten 600 Beamte auf oder bei der Wiesn, davon 300 auf der Wiesnwache. Zeitgleich sind stets rund 130 Polizisten im Einsatz.

Die vielen Beamten kommen alle aus München. Jede Polizeiinspektion der Stadt muss einen Trupp von sechs bis zehn Beamten stellen. Langs Streife von der Polizeiinspektion 21 "Au" besteht aus ihm, drei anderen Streifenpolizisten, einem Beamten, der eigentlich organisatorisch eingesetzt ist sowie einem Einsatztrainer. Ein Trainer ist Teil jeder Wiesngruppe, vorab frischen sie die Ausbildung der Gruppen auf. Auf dem Lehrplan: Formationen und Selbstverteidigung im Einsatz. Das schweißt vorab schon zusammen: "Eine Wiesngruppe ist immer eine Einheit."

München: Gemeinsames Training schweißt die Gruppe zusammen

Um kurz nach zwei Uhr an einem Wochentag geht es dann los auf Streife. Lang und seine Kollegen starten an der Wiesnwache, direkt hinter dem "Schottenhamel"-Zelt. Nach einem kurzen Streifgang stellen sich die Beamten an einer Straßenkreuzung nahe dem Riesenrad auf – im Karree, jede Richtung im Blick. Präsenz zeigen, ansprechbar sein. Obwohl sich schon einige Wiesngänger auf dem Oktoberfest tummeln, ist es ruhig für die Polizisten. Lediglich für ein paar Fotos mit Touristen müssen sie posieren.

Das stört die Beamten nicht. Wichtig sei der positive Bürgerkontakt, wie Lang sagt. "Es kann auch immer mal nervig sein", erklärt Lang. "Gerade mit Betrunkenen. Aber das weiß jeder, das gehört dazu. Man braucht die 'Wiesnhaut', also ein dickes Fell." Eine Beleidigung gegen Polizisten werde dann schon mal überhört.

Dennoch findet der Kommissar: "Sehr friedlich, dieses Jahr. Trotzdem gibt es immer wieder Fälle mit aggressiven Betrunkenen." Auch der Einsatz von körperlichem Zwang komme vor, öfter als im normalen Dienstalltag. "Hier konzentriert es sich halt. So was wie einen Verkehrsunfall zwischendurch gibt es auf der Wiesn eben nicht." Eine der berühmt-berüchtigten Maßkrugschlägereien hat Lang noch nicht mitbekommen.

Die Schwerkriminellen machen keine Deals auf der Wiesn

Gibt es Ärger, versuchen die Polizisten zunächst, die Streithähne auseinanderzubringen und die Lage zu beruhigen. Dann werden eventuelle Anzeigen geschrieben, Platzverweise erteilt. "Härtere Fälle kommen auch schon mal mit auf die Gefangenensammelstelle (GeSa) auf der Wiesnwache. Aber übernachten tut hier keiner." Besonders renitente Verhaftete werden für die Nacht auf eine Wache in der Innenstadt verlegt.

Nebst den Betrunkenen seien auch Taschendiebe ein Problem. "Das sind oft dieselben, die Kollegen erkennen die meist schon", so Lang.
Auch Drogen, in Bayern polizeiintern oft auch "Gift" genannt, gibt es auf der Wiesn: "Vor allem Gras und Kokain. Aber oft nur kleine Mengen, die großen Schwerkriminellen machen ihre Deals nicht auf der Wiesn."

Nach etwa einer Viertelstunde zieht die Gruppe vom Riesenrad weiter. Plötzlich beschleunigt sich der Schritt der Gruppe: ein Einsatz. Wurde womöglich ein Dieb gefasst? Nach einer kurzen Absprache geht es zügig zum Einsatzort, dem Waldbiergarten.

Einbrecher erwischt?

Hier trifft Lang auf Andreas Avi, den Geschäftsführer. Er hat einen seinen Mitarbeiter im Verdacht, ein Dieb und Einbrecher zu sein. Der Mann sei nicht mehr da, nur noch sein Gepäck. Vor Kurzem wurde im Waldbiergarten in vier Stände eingebrochen und die Wechselgeldkasse geklaut. Avis Verdacht: Das war sein inzwischen wegen übertriebenem Alkoholkonsum gefeuerter Angestellter. Ein Kollege habe ihn mit Taschen erwischt, in denen händeweise Münzgeld war. Kein Beweis, aber ein Indiz. Außerdem sei der Mann weggelaufen. "Der Tatbestand des Einbruchs besteht, wenn man dann so einen Verdacht hat, muss man natürlich die Polizei rufen", so Avi. "Sicherheit ist am wichtigsten."

Lang reicht das Münzgeld nicht als Beweis. "Es sind Verdachtsmomente da, aber kein hinreichender Tatverdacht. Das wird überprüft." Der Geschäftsführer soll die Personalien des Mannes auf die Wache bringen. "Gelegenheit macht Diebe, gerade da, wo Bargeld ist. Oft kriegen wir solche Fälle aber gar nicht mit, weil sie intern geregelt werden", so Lang.

Einbruch ist eine schwere Straftat. Der Mann wird erst mal "unter dem Radar angeschaut". Konkretere Hinweise, die für eine Überführung hilfreich wären: ein Bild des Täters aus einer Überwachungskamera, gefundenes Einbruchwerkzeug, einschlägige Vorstrafen.

Langs Gruppe muss weiterziehen, wieder auf Streife. Rund 28.000 Schritte hat der Schrittzähler eines Kollegen am Vortag gemessen. "Wobei es für unseren kleinsten Kollegen wohl eher 38.000 Schritte waren", wirft er lachend ein.

Bis zu zehn Kilogramm Ausrüstung

Etwa acht bis zehn Kilogramm Equipment schleppen die Beamten dabei mit sich herum. Lampe, Pistole und Ersatzmagazin, Handschuhe, Pfefferspray, "Achter" – also Handschellen –, Schlagstock, Schutzweste. "Die Einsatzschwelle für Pfefferspray oder den Stock ist sehr hoch", erklärt Lang. "Die habe ich hier noch nie einsetzen müssen. Die Pistole ist natürlich das allerletzte Mittel."

Wenig später sind die Beamten wieder an der Wache angekommen, ihre erste Runde des Tages ist erledigt, bald geht es wieder raus. Während der kurzen Pause ein Bier zu trinken, ist natürlich tabu. "Aber nach Dienstschluss oder an freien Tagen geht man mit den Kollegen schon mal ins Zelt. Ganz privat natürlich", so Lang. "Bei Schlägereien bis aufs Blut würde ich aber trotzdem dazwischen gehen.“

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Gespräch mit Kommissar Lang und einem Sprecher der Münchner Polizei
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website