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Traditionsverein lässt Musikerin nicht auftreten - wegen zu kurzer Haare


Noch zeitgemäß oder längst überholt?
Musikerin darf nicht auftreten – wegen zu kurzer Haare

t-online, Klaus Wiendl

27.12.2022Lesedauer: 2 Min.
imago images 159311640Vergrößern des BildesTrachtlerin mit Haarschmuck (Symbolbild): "Brauchtumsvereine" machen nicht selten Vorschriften zur Frisur. (Quelle: IMAGO/STL)
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Eine Musiklehrerin will vor einem Trachtenverein auftreten, doch dieser lässt sie nicht. Jetzt soll eine Grundsatzentscheidung her.

Sie wollte mit ihren Schülerinnen auf der Bühne musizieren. Doch der Auftritt in Farchant bei Garmisch-Partenkirchen wurde einer Frau im Oktober untersagt. Der Grund: Ihre Haare seien zu kurz. So entschied die "Oberländer Trachtenvereinigung", als die Musiklehrerin mit drei Plattlerkindern aus dem Isartal beim traditionellen Gaujugendsingen auftreten wollte. Dabei berief sich der Verein auf die jahrzehntealte Satzung.

Die Frau, die anonym bleiben möchte, schaffte es nicht einmal bis zur Bühne. Schon Tage zuvor hatte sie die Absage ereilt – mit der Begründung, dass ihre Haare zu kurz seien, schreibt der "Münchner Merkur" in seiner Lokalausgabe. Entweder sie trage eine Perücke oder es gebe keinen Auftritt. Kurzhaarige dürften nicht beim Gausingen auftreten, wiederholt Peter Egner im Gespräch mit t-online. Ihm als Gausängerwart der Oberländer Trachtenvereinigung seien da die Hände gebunden. "Es gibt Regeln, an die wir uns einfach halten müssen."

Musikerin darf nicht auftreten: Massive Kritik im Netz

Seit das Auftrittsverbot über die Weihnachtsfeiertage bekannt wurde, hagelt es massive Kritik im Netz. "Und dann wundert man sich, weshalb Traditionen aussterben, insbesondere mangels Nachwuchs", heißt es da. Unverständnis über das "seltsame Gau-Gehabe zum Fremdschämen" äußert ein anderer Kommentator. Doch Gausängerwart Ebner kümmert das nicht weiter. Es habe auch nichts mit Frauenfeindlichkeit zu tun. So wie für die Frauen, gebe es auch in gleicher Sache Regeln für die Männer.

Kein Auftritt auch in anderen Vereinen: "Offene Haare sind tabu"

Ähnliche Vorschriften gibt es auch in anderen bayerischen Vereinen. "Offene Haare sind tabu", steht etwa in den Statuten eines Trachtenvereins von Pfaffenhofen an der Ilm: "Zur Tracht gehören immer zusammengebundene Haare." Und bei der Oberländer Trachtenvereinigung heißt es: "Buben müssen einen Hut tragen" und die Frisuren der Mädchen "aufgeräumt" sein. "Es dürfen keine Zotteln runterhängen, nicht ungepflegt ausschauen." Ein Kurzhaarschnitt sei ebenfalls nicht satzungskonform.

Für die betroffene Musiklehrerin sind dies anachronistische Vorgaben. Denn es könne somit kein Familienensemble auf der Bühne stehen, wenn die Mama beispielsweise einen Pagenschnitt trage. Zudem habe der Kurzhaarschnitt nichts mit der Qualität der Darbietung zu tun. "Warum also sollte ich mich verkleiden müssen?", wird sie im Heimatblatt zitiert.

Nachdem die Musiklehrerin den Anstoß gegeben habe, so Sängerwart Egner im Gespräch mit t-online weiter, soll nun bei der Frühjahrsversammlung im März eine Grundsatzentscheidung fallen, ob das Regelwerk des Brauchtumsvereins umgeschrieben werden solle.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Gespräch mit Gausängerwart Peter Egner
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