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"Todespfleger"-Prozess in München: Hans Magnus Enzensberger überlebte Mordanschlag


"Todespfleger" war von Dichter genervt
Hans Magnus Enzensberger überlebte Mordanschlag

Von t-online, mtt

21.01.2023Lesedauer: 3 Min.
Hans Magnus Enzensberger: Der Schriftsteller ist weltberühmt.Vergrößern des BildesHans Magnus Enzensberger (Archivbild): Der Dichter starb im November 2022, zwei Jahre nach dem Anschlag. (Quelle: Andreas Gebert)
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In München beginnt der Prozess gegen einen mutmaßlichen Todespfleger. Er soll auch versucht haben, den Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger zu töten.

Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" zufolge ist der Dichter Hans Magnus Enzensberger Anfang November 2020 knapp einem Mordanschlag entkommen. Ein Pfleger soll ihm gefährliche Beruhigungsmittel gespritzt haben, um in Ruhe einen Kater ausschlafen zu können. Der Dichter habe ihn offenbar genervt, berichtet die "Süddeutsche".

Enzensberger war 2020 nach einem Sturz im Krankenhaus rechts der Isar behandelt worden. Damals stand Enzensberger, der am 24. November 2022 im Alter von 93 Jahren starb, kurz vor seinem 91. Geburtstag.

Der berühmte Schriftsteller habe sich gut erholt, berichtet die Zeitung nun. Er habe am Krankenbett Bücher signiert, sei wach, orientiert und zuversichtlich gewesen. Die Entlassung in eine Reha sei bereits besprochen worden.

Erster Anschlag auf Enzensberger: Dichter kam den Ärzten müde vor

Unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft München I schreibt die "Süddeutsche" weiter, Enzensberger habe am 6. November 2020 aufstehen wollen und nach einem Pfleger gerufen. Mario G., der erst kurz zuvor im Krankenhaus eine Stelle angetreten hatte, habe aber die Nacht zuvor große Mengen Alkohol getrunken.

Jetzt habe er seinen Rausch ausschlafen wollen. Um Enzensberger auszuschalten, habe er ihm ein Beruhigungsmittel gespritzt. Daraufhin sei Enzensberger bewusstlos geworden, habe aber die Nacht überlebt. Am nächsten Morgen sei er den Ärzten bloß seltsam müde vorgekommen. Verdacht schöpfte zu diesem Zeitpunkt offenbar noch niemand.

Zweiter Anschlag: Enzensberger überlebte nur knapp

Als der Pfleger erneut zu einer Schicht angetreten sei, habe er Enzensberger dieses Mal sofort ein starkes Beruhigungsmittel verabreicht – und noch nachgelegt, als die Wirkung nicht gleich eintrat. Enzensbergers Gesundheitszustand habe sich daraufhin erheblich verschlechtert, berichtet die "Süddeutsche" weiter.

Nun habe der damals 24-jährige Pfleger ihm sechs Ampullen Adrenalin gespritzt. Der Dichter musste auf der Intensivstation beatmet werden und überlebte anscheinend nur knapp. Die Staatsanwaltschaft spricht laut der "Süddeutschen" von versuchtem Mord.

Staatsanwaltschaft München: Patienten starben, weil G. sich die Arbeit erleichtern wollte

Zwei andere Patienten starben. Die beiden Todesopfer waren laut Staatsanwaltschaft 80 und 89 Jahre alt. In ihrer Anklage geht die Staatsanwaltschaft von zwei Mordmerkmalen aus: Heimtücke und niedrige Beweggründe. Mario G. soll die Arg- und Wehrlosigkeit der Opfer ausgenutzt und sie sediert haben, um sich selbst die Arbeit zu erleichtern. "Hierbei nahm er in Kauf, dass die Sedierung der Patienten tödlich wirken konnte", teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Weitere Opfer überlebten wie Enzensberger. Erst ein aufmerksamer Oberarzt stoppte die Anschlagsserie. Er war stutzig geworden, weil sich der Zustand von Patienten plötzlich und unerklärlich verschlechtert hatte und verglich Dienstpläne mit den Zeiten der Notfälle. So stieß er auf Mario G., die Klinik zeigte den Pfleger an. Der Prozess gegen ihn soll am 24. Januar beginnen.

Erinnerungen an den Fall Niels Högel

Der ausgebildete Altenpfleger aus Nordrhein-Westfalen war seit Juli 2020 über eine Zeitarbeitsfirma in die Klinik gekommen. Im Einsatz war er dort vor allem auf der sogenannten Wachstation, einer Zwischenstation zwischen Intensiv- und normaler Station, auf der Kranke rund um die Uhr betreut wurden.

Der Fall erinnert an den als "Todespfleger" bekannt gewordenen Patientenmörder Niels Högel, den das Landgericht Oldenburg 2019 wegen Mordes in 85 Fällen zu lebenslanger Haft verurteilt hatte. Er war in Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst als Krankenpfleger in der Intensivmedizin tätig und tötete dort nach Feststellung des Landgerichts insgesamt 85 Patienten, indem er ihnen medizinisch nicht indizierte Medikamente verabreichte. Dabei soll es ihm in erster Linie darum gegangen sein, sich danach um die Reanimation der Patienten bemühen zu können und vor Kollegen gut dazustehen.

Verwendete Quellen
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