Lesung für Kinder mit "Eric GroßeKlitoris": Wie sexualisiert wird das Event?

Schon der Name stößt manche ab. "Eric BigClit" – auf Deutsch "GroßeKlitoris" – soll vor Kindern auftreten. Die CSU wittert Frühsexualisierung.

Die Münchner Stadtbibliothek lädt zu einer Lesung für Kinder ab vier Jahren ein und schon ist für manche Kulturkampf angepfiffen. "Irre, einfach nur pervers", heißt es zum Beispiel auf Twitter. Und auch CSU-Generalsekretär Martin Huber stößt ins Horn: "Lasst Kinder einfach Kinder sein", ätzt er. "Vierjährige sollten mit Bauklötzen oder Knete spielen und nicht mit woker Frühsexualisierung indoktriniert werden."

Der Stein des Anstoßes: Bei der Lesung am 13. Juni in Bogenhausen sollen zwei Dragkünstler vortragen, namentlich Dragqueen Vicky Voyage und Dragking Eric BigClit. Ein Mann verkleidet sich also als Frau und eine Frau als Mann, gemeinsam lesen sie aus Kinderbüchern vor. Ist das schon Frühsexualisierung?

"Kinder sehen nichts Sexuelles"

Vicky Voyage, die bürgerlich Markus heißt, aus dem Allgäu stammt, gelernter Maschinenbauingenieur ist, außerdem Skilehrer, Pole-Tänzer, Projektmanager und Unternehmer, sieht das anders: "Drag ist eine Kunstform", erklärt sie t-online. Bei der Lesung für Kinder gehe es kein bisschen um Sexualität.

"Kinder interessieren sich dafür überhaupt nicht", sagt sie. "Die sehen nichts Sexuelles. Die sehen eine Märchenprinzessin und fragen: Oh, kannst du auch Schnee zaubern? Und dann gehe ich darauf ein und sage: Ja, im Winter schon."

Vicky Voyage: "Ich habe immer gedacht, ich muss mich anpassen"

Worum es allerdings schon geht: den Mut, tradierte Rollen zu verlassen, wenn sie nicht passen. Vicky Voyage: "Wir möchten die Kinder in ihren Träumen bestärken. Ich habe im Kindergarten und in der Schule immer gedacht, ich muss mich anpassen, muss mich in Schubladen pressen, in die ich nicht reingehöre. Ich wollte nicht mit Autos spielen, sondern lieber mit Puppen."

Die nächste Generation solle lernen: Es gebe keinen Grund über einen Jungen mit Puppe zu lachen. Und niemand müsse sich Vorurteilen beugen, wenn er andere Wünsche habe: "Wenn dir das taugt, spiel als Mädchen mit Autos und Bauklötzen und werde später Mechanikerin oder Maschinenbauingenieurin. Das ist der eigentliche Inhalt dieser Draglesung."

Aus diesen Büchern lesen die Dragkünstler in München vor

In München will Vicky Voyage unter anderem aus ihrem Lieblingsbuch vorlesen: "Ein Tag im Leben von Marlon Bundo". Zwei Kaninchen treffen sich, verlieben sich und wollen gemeinsam durchs Leben hoppeln. Kleine Hürde: Die Stinkwanze findet, dass sich das nicht gehört, weil beide Kaninchen Jungen sind. So eine Beziehung sei nicht normal, und Anderssein sei schlecht.

Dann fällt den anderen Tieren aber auf, dass sie ja alle irgendwie anders als die anderen sind, "und am Ende ist Friede, Freude, Eierkuchen", wie es Vicky Voyage formuliert. "Weil es eben darum geht, dass sich jeder in seinem Anderssein wohlfühlen darf und dass er das Anderssein von anderen ja nicht für sich übernehmen muss."

Das zweite Buch, das die Dragqueen ankündigt, heißt "Der Junge im Rock". Kurzzusammenfassung von Vicky Voyage: "Ein Junge findet, dass er im Rock besser spielen und besser klettern kann, die anderen lachen ihn aus. Und am Ende geht dann der Papa auch mit Rock in den Kindergarten und alle sagen: Okay, ist ja vielleicht auch gar nicht so schlimm."