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Deutsche Bahn: Diskriminierung – Personal verweigert Behinderten Bedienung


Vorfall in München
DB-Personal beleidigt Behinderte und verweigert Bedienung

t-online, Carla Gospodarek

08.08.2023Lesedauer: 3 Min.
Deutsche BahnVergrößern des BildesDer Vorfall ereignete sich am frühen Montagmorgen in München. (Symbolbild) (Quelle: Hauke-Christian Dittrich/dpa/Symbolbild/dpa-bilder)
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Ein Paar aus Bremerhaven sieht sich am Montag in einer DB-Lounge Diskriminierung und Ableismus ausgesetzt. Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art.

Frank Cordes ist seit 1996 mit seiner Frau Karin verheiratet. Die 53-Jährige ist körper- und sprachbehindert und auf einen E-Rollstuhl angewiesen. Das tut der ausgeprägten Reiselust des Pärchens aber keinen Abbruch. Im Gegenteil: Stolze 40.000 Kilometer haben die beiden in diesem Jahr schon zurückgelegt. Gereist wird in Fernverkehrszügen der Bahn.

Am Montag wollen sie ihren 27. Hochzeitstag feiern, nach Innsbruck soll es gehen. Von ihrer Heimatstadt Bremerhaven fahren sie über Nacht nach München, dort wollen sich die beiden die Wartezeit auf den Anschlusszug in der zugangsbeschränkten DB-Lounge am Hauptbahnhof vertreiben. Um 6.30 Uhr morgens öffnet diese ihre Pforten. Nur nicht für Frank und Karin.

Obwohl die beiden laut den Richtlinien der DB aufgrund der Behinderung von Karin berechtigt sind, die Lounge zu besuchen, verweigert der Mitarbeiter vehement, die beiden zu bedienen. Als Frank Cordes das Missverständnis aufklären will und die entsprechende Zutrittsberechtigung vorlegt, vergreift sich der DB-Angestellte massiv im Ton.

Frank Cordes solle wegen der Behinderung seiner "Tochter nicht auf Mitleid machen"

So schildert Frank Cordes im Gespräch mit "t-online": "Der Mitarbeiter sagte mir, er hätte das Gefühl, dass ich meine 'Tochter' nur dafür ausnutzen würde, um in den Premiumbereich zu kommen. Er ging davon aus, dass meine 53-jährige Frau meine Tochter sei. Als könne man mit einem behinderten Menschen keine Partnerschaft führen."

Der 50-Jährige berichtet weiter: "Ich erklärte ihm, dass sie meine Frau sei und ich sie sicher nicht zu meinem Vorteil ausnutzen wolle. Dass wir nur gemütlich einen Kaffee trinken wollen. Daraufhin erwiderte seine Kollegin laut, dass es ihr ja leid täte, dass meine 'Frau' behindert sei, aber ich deshalb 'nicht auf Mitleid machen sollte'. Karin war sehr getroffen wegen der mehrfachen Diskriminierung und Vorführung vor den anderen Leuten."

DB-Mitarbeiter: "Nee. Die kriegen hier nix!"

Als ein anderer Gast in der DB-Lounge darauf aufmerksam macht, dass das Paar noch nicht bedient worden sei, raunzt der Mitarbeiter laut Cordes lautstark: "Nee. Die kriegen hier nix." Frank Cordes' Bitte, die Zugangsberechtigung von Behinderten in der Lounge noch einmal im Internet nachzulesen, verweigert der DB-Mitarbeiter. Unverrichteter Dinge verlässt das Paar schließlich die Lounge: "Wir sind dann ohne Getränke und Frühstück gegangen und haben uns beim Bäcker was kaufen müssen."

Über die Geschehnisse ist das Paar mehr als erschüttert, auch über Twitter macht Frank Cordes seinem Ärger Luft: "Die Regelung nicht zu kennen ist ja schon übel, uns dann aber absichtlich auflaufen zu lassen und danach auch noch die absolut diskriminierenden Sprüche – das hat uns wirklich getroffen."

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DB bemüht sich um Schadensbegrenzung

Die Verantwortlichen der Bahn bestätigen den Vorfall. Auf Anfrage von "t-online" lässt eine Sprecherin der Deutschen Bahn verlauten: "Wir bedauern, dass es in München zu diesem Vorfall gekommen ist. Für unsere Mitarbeitenden gibt es klare Regeln im Hinblick auf den Zugang zu unseren DB-Lounges. Danach hätten die Betroffenen die Lounge besuchen dürfen."

Zudem heißt es vonseiten der Deutschen Bahn: "Seien Sie versichert, dass wir unser Personal dahingehend nochmals sensibilisieren und auch das Gespräch mit dem betreffenden Kollegen suchen werden."

Zu Frank und Karin Cordes hätte die Bahn bereits Kontakt aufgenommen. Die Verantwortlichen hätten sich sowohl entschuldigt als auch ein Gespräch mit der Chefin der DB-Lounge in München in die Wege geleitet. Dieses soll noch auf der Heimreise der Cordes stattfinden.

Auch via Twitter bemüht sich die Deutsche Bahn um Schadensbegrenzung, nachdem viele User verärgert auf den Tweet von Frank Cordes ("Frankyman") reagiert hatten:

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Diskriminierung bei DB: Nicht der erste Vorfall dieser Art

Gegenüber "t-online" berichtet Frank Cordes, dass er und seine Frau bereits zwei weitere Vorfälle dieser Art erlebt hätten. Auch in den DB-Lounges in Frankfurt und Hamburg hätten Mitarbeiter den beiden zunächst den Eintritt verwehrt. In beiden Fällen hätten sich die DB-Angestellten jedoch nach einigen Diskussionen einsichtig gezeigt und sich im Nachhinein für ihren Fehler entschuldigt.

Sonderregelung der Bahn erlaubt Zugang ausdrücklich

Dabei ist die entsprechende Regelung der Bahn eigentlich klar und für alle online nachzulesen. In ihren Zutritts-Richtlinien für die DB-Lounges an Deutschen Bahnhöfen schreibt die Bahn ausdrücklich:

"Eine Fernverkehrsfahrkarte 2. Klasse im Tarif 'Flexpreis' sowie eine BahnCard 100 2. Klasse berechtigt Rollstuhlfahrer:innen zum Zutritt in den Premium Bereich der DB Lounge. Die Mitnahme von Begleitpersonen ist erlaubt, wenn im Schwerbehindertenausweis ein 'B' eingetragen sowie der Vermerk 'die Notwendigkeit ständiger Begleitung ist nachgewiesen' nicht gelöscht ist."

Als Reaktion auf den Vorfall hat die Bahn angekündigt, das entsprechende Personal erneut im Umgang mit beeinträchtigen Menschen schulen zu wollen.

Verwendete Quellen
  • Telefoninterview mit Frank Cordes am 8.8.2023
  • Schriftliche Stellungnahme der DB am 8.8.2023
  • Richtlinien auf der DB-Website zum Zugang in die DB-Lounge, abgerufen am 8.8.2023
  • Twitter-Post von Frank Cordes am 8.8.2023
  • Twitter-Post von "Deutsche Bahn Personenverkehr" am 8.8.2023
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