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München: 66-Jähriger kastrierte Männer gegen Bezahlung


Bizarrer Prozess
66-Jähriger kastrierte mehrere Männer: "Nachfrage war da"

Von afp, t-online, dpa
Aktualisiert am 28.10.2021Lesedauer: 3 Min.
Horst B. vor Gericht: Der Elektriker kassierte Geld für Kastrationen.Vergrößern des BildesHorst B. vor Gericht: Der Elektriker kassierte Geld für Kastrationen. (Quelle: Sven Hoppe/dpa-bilder)
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In München steht ein 66-Jähriger vor Gericht: Er hat auf Wunsch von mehreren Männern diese an Penis und Hoden operiert. Einer seiner Kunden ist nach dem Eingriff gestorben.

Vor dem Landgericht München II hat ein bizarrer Prozess begonnen: Einem 66-jährigen Elektriker wird vorgeworfen, mehrere Männer auf deren eigenen Wunsch hin kastriert und am Penis verstümmelt zu haben.

Einer von ihnen starb kurz nach dem Eingriff. Die Staatsanwaltschaft wirft Horst B. deshalb nun nicht nur schwere und gefährliche Körperverletzung vor, sondern auch Mord durch Unterlassen.

Teilgeständnis in München: "Das ist richtig, ja"

Die stoppeligen Haare des Elektromeisters sind grau, die Augenbrauen auch, und der Kapuzenpullover, den er am ersten Prozesstag trug, hat ebenfalls diese Farbe. Unscheinbar wirkt B. – doch was der hagere Mann zu sagen hat, ist aufsehenerregend.

Gleich zu Anfang legte er ein Teilgeständnis ab: "Das ist richtig, ja", sagte B. am Donnerstag zu den Katrationsvorwürfen. Er habe aus finanziellen Motiven die abgründigen Wünsche seiner Kunden erfüllt.

Erst Stromstöße für die Sado-Maso-Szene, dann Kastrationen

Durch die Pflege und Beerdigung seiner verstorbenen dritten Frau sei er in die Schulden gerutscht. Über einen Arbeitskollegen habe er dann zufällig erfahren, dass Männer für sadistische und masochistische Sexualpraktiken viel Geld bezahlen würden.

2018 begann B. demnach, zunächst unblutige Dienste anzubieten. Unter anderem verteilte er Stromstöße gegen Geld.

Doch schon bald erweiterte er sein Repertoire: Nach kurzer Zeit habe er in Chatgruppen mit Titeln wie "Kastration" oder "Männerkastration" massive und schwerwiegende medizinische Eingriffe angeboten, erklärte die Anklage. B. gestand, ein entsprechendes Inserat online aufgegeben zu haben. Darin habe er Operationen und Verschönerungen angeboten.

1.200 Euro für Hodenamputation auf dem Küchentisch

Im Juni 2018 fand er seinen ersten Kunden. "Aus einem inneren Zwang heraus" habe dieser Mann jemanden gesucht, der ihn kastriert, erklärte die Staatsanwaltschaft. B. und der Kastrationswillige tauschten sich per SMS aus, im Juli kam es zum Eingriff.

Auf seinem Küchentisch entfernte B. dem Mann die Hoden, bekam dafür 1.200 Euro. Nach Auffassung der Anklage konnte B. seine Opfer mit einer Lüge von sich überzeugen: Er gab stets an, ausgebildeter Rettungssanitäter zu sein.

"Ich habe es mir halt zugetraut"

"Es war eine gewisse Nachfrage da", sagte B. vor Gericht. Und: Während andere im Internet etwa Kastrationen mit der Heckenschere anbieten würden, habe er eine "normale Operation" durchgeführt. Das für die Eingriffe nötige Wissen habe er sich im Wesentlichen angelesen.

"Ich habe es mir halt zugetraut, dadurch, dass ich im Internet viel gelesen habe", sagte B. und fügte hinzu: "Man kann sich alles rausziehen – wie wird vernäht, wie man Blutungen stillt." Außerdem habe er bei zwei Operationen im Krankenhaus zugeschaut.

Motive der Männer: Transsexualität, Pornosucht

Die Werkzeuge dafür habe er zum großen Teil gesammelt und schon vor den Eingriffen zu Hause gehortet. Auch Medikamente und Betäubungsmittel habe er sich besorgt.

Insgesamt acht Männer ließen sich von B. operieren, darunter einer, der sich als transsexuell ansah und deshalb seine Hoden entfernt haben wollte. Ein weiterer Mann kam wegen seiner Pornosucht.

Dieser Mann suchte zusammen mit seiner Ehefrau nach Abhilfe. In mehreren Eingriffen ließ er sich von B. am Penis herumschneiden, beim schwersten Eingriff entfernte der Elektriker drei Zentimeter des Glieds.

Todesfall im März 2020: Leiche im Karton versteckt

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft brachte B. in allen Fällen das Leben seiner Opfer in Gefahr, weil er vollkommen unzureichend arbeitete. Im März 2020 soll ein Mann nach dem Eingriff dann tatsächlich schwer erkrankt und einige Tage später in der Obhut von B. gestorben sein.

Der Angeklagte habe den nahenden Tod mitbekommen, ohne einzugreifen, wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. So habe er verhindern wollen, dass die vorherigen Eingriffe auffielen. Außerdem habe B. Sorge gehabt, seine Einnahmequelle zu verlieren. Er habe also habgierig gehandelt und um eine andere Straftat zu verdecken – was beides als Mordmerkmal gilt.

Den Leichnam des Gestorbenen habe der Elektriker in einem Karton versteckt und entsorgen wollen. Vorher wurde er aber im Zuge von mittlerweile gegen ihn laufenden Ermittlungen festgenommen.

Urteil im Münchner Prozess Ende November erwartet

Anders als zu den Kastrationen wollte sich der Angeklagte zu dem Todesfall zunächst nicht direkt äußern. Sein Anwalt ließ anklingen, dass im weiteren Verlauf des Prozesses der kausale Zusammenhang zwischen der Kastration und dem Tod des Mannes infrage gestellt werde.

Der Richter sagte, außer dem angeklagten Mord durch Unterlassen komme für diesen Fall strafrechtlich auch ein aktiver Mord in Frage. Dies würde eine schärfere Strafe bedeuten.

Für den Prozess sind Termine bis Ende November angesetzt. Dann soll ein Urteil fallen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP, dpa
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