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Uhrmacherhäusl: Bauskandal in München


Bauskandal in München
Uhrmacherhäusl vor Gericht: Abriss wegen "zügelloser Profitgier"?

Von dpa, t-online
02.05.2022Lesedauer: 3 Min.
Das Uhrmacherhäusl in München (Archivbild): 2017 wurde das Haus abgerissen. Jetzt wird es einmal mehr zum Fall fürs Gericht.Vergrößern des BildesDas Uhrmacherhäusl in München (Archivbild): 2017 wurde das Haus abgerissen. Jetzt wird es einmal mehr zum Fall fürs Gericht. (Quelle: BLfD/Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege/dpa/dpa-bilder)
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Ein Haus versehentlich abreisen geht das? Darüber verhandelt das Amtsgericht München am Montag, rund fünf Jahre nach dem Abriss des denkmalgeschützten Uhrmacherhäusls.

Rund fünf Jahre nach dem Abriss des denkmalgeschützten Uhrmacherhäusls in München ist der Bauskandal wieder vor Gericht. Es geht um die Frage, ob dem Käufer des Hauses und dem Bauunternehmer, der das Haus – angeblich versehentlich – abriss, strafrechtliche Konsequenzen drohen.

Die Vorwürfe: Nötigung und sogenannte "gemeinschädliche Sachbeschädigung", ein nicht ganz alltäglicher Straftatbestand. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe und ließ über seine Anwälte wissen: "Es hat keinen Auftrag zum Abriss gegeben."

Gentrifizierung in München: Uhrmacherhäusl wird zum Symbol

Sein Mandant werde "zum Sündenbock" für die Gentrifizierung in München gemacht, sagt sein Anwalt, er spricht von Hetzjagd und Fegefeuer. "Er ist eben kein Immobilienhai, sondern erwarb das Uhrmacherhäusl, um nach Sanierung selbst einzuziehen." Warum dann in Bauplänen, die dem Gericht vorliegen, von mehreren Wohneinheiten die Rede ist, von getrennten Stromzählern – das bleibt am ersten Prozesstag unbeantwortet.

Das Uhrmacherhäusl beschäftigt Anwohner, Denkmalschützer und die Politik schon seit Jahren. Es gehört zum Ensemble Feldmüllersiedlung im Stadtteil Giesing, das zwischen 1840 und 1845 erbaut wurde, und stand unter Denkmalschutz – bis im Herbst 2017 der Bagger kam, um den es nun im Prozess geht.

Staatsanwaltschaft vermutet Absicht hinter dem Abriss

"Hierbei sollte für Dritte der Eindruck entstehen, dass das bauliche Vorgehen (...) ein Versehen war", sagte die Staatsanwältin, die davon ausgeht, dass es kein "Versehen", sondern pure Absicht war.

Der Abriss des Häuschens sei "ein Unfall" gewesen, sagt der zweite Verteidiger. "Nicht mehr und nicht weniger." Sein Mandant sei ungerechtfertigterweise als "Sinnbild zügelloser Profitgier gebrandmarkt" worden. Es sei zwar durchaus lobenswert, wenn sich "die Zivilgesellschaft gegen ungebremstes Spekulantentum" zur Wehr setze. Aber: "Dies darf nicht zulasten der Unschuldsvermutung gehen."

Kein Strom oder Wasser: Angeklagter soll Mieter rausgeekelt haben

Mieterschützer haben eine klare Meinung in der Sache: "Der Fall zeigt deutlich, wie rabiat es auf dem Münchner Mietmarkt zugeht", sagt Simone Burger, stellvertretende Vorsitzende des Mietervereins München. "Profit steht über allem, auch den Interessen der Mieter." Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte nach dem Abriss erklärt, man könne "Profitgier nicht gegen jedes Recht mit der Abrissbirne durchsetzen".

In dem Verfahren geht es auch um den Umgang des Käufers mit den früheren Mietern des Hauses. Er soll sie rausgeekelt haben, indem das Wasser abgedreht, der Strom abgeschaltet, die Haustür ausgehängt und Dachziegel entfernt wurden, damit es hineinregnet. Auch für diesen Vorwurf verlangt die Verteidigung schon direkt zu Prozessbeginn Freispruch.

Bauunternehmer: Falscher Bagger an falscher Baustelle

Ihr Mandant habe den als mutmaßlichen Komplizen angeklagten Unternehmer nicht mit dem Abriss beauftragt. Der Mann allein sei für "das tragische Unglück" verantwortlich. Grund sei eine psychische Ausnahmesituation, "ein Aussetzer".

Der Unternehmer selbst spricht vor Gericht von verschiedenen Versehen. So habe seine Frau den Bagger, der für eine Baustelle bei Stuttgart vorgesehen gewesen sei, versehentlich nach Giesing liefern lassen. Und auch seine Mitarbeiter seien aus Versehen nach München gefahren - und nicht nach Baden-Württemberg.

Es ist kompliziert: Gerichtstermine bis in den Sommer

Er habe den Auftrag übernommen, weil seine Firma finanzielle Schwierigkeiten gehabt habe. Dass im Uhrmacherhäusl noch Mieter wohnten, will er erst jetzt, kurz vor dem Prozess erfahren haben.

Wie kompliziert das alles ist, zeigt nicht nur die Tatsache, dass es erst knapp fünf Jahre nach dem Fall zum Prozess kommt, sondern auch daran, dass das Amtsgericht schon jetzt Termine bis in den Sommer hinein anberaumt hat. Das Urteil könnte möglicherweise am 18. Juli fallen.

Wie auch immer dieses Verfahren ausgeht - eins ist schon klar: Der Käufer muss das Uhrmacherhäuschen mit seinen historischen Gebäudemaßen wieder aufbauen. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) im vergangenen Jahr entschieden.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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