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"Gravierende Folgen": So hart hat Corona die Schulen getroffen


Große Baustellen in der Bildung
"Gravierende Folgen": So hart hat Corona die Schulen getroffen

  • Meike Kreil
Von Meike Kreil

31.12.2022Lesedauer: 4 Min.
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Unterrichtsstunde (Symbolbild): Bei Kindern hat die Corona-Pandemie Spuren hinterlassen.Vergrößern des Bildes
Unterrichtsstunde (Symbolbild): Bei Kindern hat die Corona-Pandemie Spuren hinterlassen. (Quelle: Florian Gärtner/imago)

In der Pandemie wurden viele Kinder abgehängt, der gerade erschienene Bildungsbericht fällt teils ernüchternd aus. Das sind die größten Baustellen.

Der Jahreswechsel bietet seit jeher Anlass für Bilanzen – aber auch für den Blick in die Zukunft. Schwere Jahre liegen aufgrund von Corona hinter Kindern und Erwachsenen. Welche Spuren das an Schulen hinterlassen hat, zeigt der kürzlich veröffentlichte Bildungsbericht der Stadt Nürnberg. Er beweist: Nach der Pandemie gibt es einiges aufzuholen.

Baustelle Schule: "Herausfordernde Zeit"

Distanzunterricht, Lockdowns, Ausgangssperre, Maskenpflicht – nach all den einschneidenden Erlebnissen müssen sich Kinder und Jugendliche erst wieder an "Normalität" gewöhnen. Während der Pandemie blieb ihnen vieles verwehrt: das soziale Miteinander, gemeinschaftliche Aktivitäten. Und Bildungsangebote – mit verheerenden Konsequenzen, wie der neue Bildungsbericht der Stadt Nürnberg offenbart. Schulreferentin Cornelia Trinkl blickt zurück: "Es war eine sehr, sehr herausfordernde Zeit."

Welche Folgen die hat, mache sich nun bemerkbar. Manches werde man nie wieder aufholen können. Die Pandemie hat den Verantwortlichen die Schwächen in der Nürnberger Schullandschaft schmerzhaft vor Augen geführt. Jetzt will die Stadtspitze mit allen Mitteln aufholen. Dafür wird kräftig investiert: 970 Millionen Euro sollen bis 2025 in die "bildungsrelevanten Kategorien" fließen. Das macht nach eigener Aussage fast die Hälfte aller städtischen Investitionen aus.

Ein Großteil des Geldes soll den Bauten und der Ausrüstung zugutekommen. Die stehen wegen ihres teils maroden Zustands seit Jahren in der Kritik. So entstehen beispielsweise in Langwasser gerade eine neue Realschule und ein neues Gymnasium.

Baustelle Digitalisierung: Laptops für Lehrer

Auch in die IT soll investiert werden. Hier gab es zuletzt einen bedenklichen Vorfall: Unbekannte haben Zugangsdaten von Computern abgefischt. Benutzernamen und Passwörter von 16 Lehrer- und Schüler-Accounts aus neun Schulen waren im Darknet zum Kauf angeboten worden.

Digitaler Unterricht ist nur sinnvoll, wenn auch die Lehrkräfte über die notwendige Technik verfügen. In Nürnberg wurden ihnen nun 5.500 Dienstgeräte zur Verfügung gestellt. Außerdem sind alle Schulen im Stadtgebiet neuerdings ans Breitbandnetz angeschlossen.

"Wir versuchen, digitaler zu werden und den Herausforderungen gerecht zu werden", erklärte Oberbürgermeister Marcus König während der Pressekonferenz zum Erscheinen des Bildungsberichts. "Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf" – diesen Spruch hat man sich hier zum Vorbild genommen. Denn in die Bildung investiert die Stadt auf vielen Ebenen – daran sind viele Referate beteiligt. Nach der Pandemie, die so "unfassbar einschneidend" war, sei das wichtiger denn je. Zusammengefasst ist das in dem 200-Seiten-Manifest "Bildung in Nürnberg 2022", das zum sechsten Mal erschien und einen Rückblick auf die vergangenen drei Jahre gibt.

Baustelle Armut: Bildungsferne Familien "mitnehmen"

Eine große Herausforderung sei auch die zunehmende Armut unter Kindern und Jugendlichen, erklärt Sozialreferentin Elisabeth Ries. Denn Teilhabe war in der Pandemie nur eingeschränkt möglich. "Das hat uns zurückgeworfen." Angebote für Freiwillige in Schule und Freizeit wurden so gut wie gar nicht gemacht. Praktika, Beratungen oder Kurse – vieles wurde gestrichen. "Das hatte gravierende Folgen." Vor allem für die Menschen, die sich in Sachen Bildung schwerer tun und kaum Geld, etwa für Online-Equipment, aufbringen konnten. Bildungsferne Familien müssten künftig wieder stärker mitgenommen werden.

Baustelle Fachkräftemangel: Viele Azubi-Stellen unbesetzt

Ein weiteres Problem: Es gehen mehr Nürnberger in Rente, als es Berufstätige gibt. "Der Mangel an Arbeits- und Fachkräften bleibt uns erhalten", prophezeit der OB. Und das auf allen Qualifikationsebenen. Deshalb sei es wichtig, junge Menschen mit einer Qualifikation zu versehen. Wie viele Menschen ohne Abschluss von der Mittelschule gehen, habe ihn schockiert. "Wir müssen unsere Kinder qualifizieren und ihnen eine Ausbildung geben", meint König. "Keiner darf verloren gehen." Es herrsche große Diskrepanz: "Viele junge Menschen blieben am Ausbildungsmarkt unversorgt, während gleichzeitig zahlreiche Ausbildungsstellen nicht besetzt werden können."

Baustelle Geflüchtete: Brückenklassen sollen helfen

Das betrifft auch Geflüchtete, die oft mit Sprachbarrieren zu kämpfen haben. So sind seit dem Angriffskrieg in der Ukraine rund 1.300 Schüler an Nürnberger Schulen hinzugekommen. Dafür wurden etwa Brückenklassen gebildet. Inwieweit sie in der Zukunft mit eingeplant werden? Man könne noch nicht abschätzen, wie lange die ukrainischen Flüchtlinge in der Stadt bleiben werden, heißt es.

Baustelle Einstellung von Programmen: "Ibos" fortsetzen?

Ungewöhnlich deutlich wird der OB in seiner Kritik an der bayerischen Landesregierung, als er über das Programm "Ibos" (Intensivierte Berufliche Orientierung für Schüler/innen) spricht. Es ist ein preisgekröntes Programm, das Jugendlichen an zwei Nürnberger Mittelschulen zur Ausbildung verhilft. Es steht vor dem Aus, denn der Freistaat streicht die finanziellen Mittel.

Dabei handele es sich um ein Programm, das sich bewähre und ein großer Erfolg sei. König fordert deshalb, das Angebot zu erhalten – und lieber in Altbewährtes zu investieren, als immer wieder auf Neues zu setzen. Die Kommune will es nun teilweise selbstständig fortführen.

Gute Nachricht: Trend zu höheren Abschlüssen

Gleichzeitig – und das ist die gute Nachricht – ist die Tendenz zu höheren Abschlüssen ungebrochen. Viele drängen aufs Gymnasium. Darüber hinaus machen viele ihr Abitur aber auch auf anderem Weg. Der Oberbürgermeister selbst kann da als Vorbild gelten: Sein Weg begann an der Hauptschule. Das zeige, "dass das System sehr durchlässig ist". Und dass die Menschen in Nürnberg oft auch ihre zweite oder dritte Chance nutzen.

Verwendete Quellen
  • Reporterin bei Pressekonferenz vor Ort
  • Bildungsbericht 2022 der Stadt Nürnberg
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