Trotz Protesten: Türkische Ärztin soll Nürnberg verlassen – Behörde begründet Ausweisung

Ihre Unterstützer sind empört: Eine türkische Fachärztin, die seit fast 20 Jahren in Deutschland lebt, soll ausgewiesen werden. Die zuständige Behörde nennt die Gründe.
Sie ist eine anerkannte Fachärztin für Psychiatrie, die am Klinikum Nürnberg arbeitete und sich für die Rechte von Geflüchteten einsetzt: Banu Büyükavci (52) lebt seit 2005 in Deutschland – nach dem Willen der Behörden soll sie aber jetzt das Land verlassen.
Das Landesamt für Asyl und Rückführungen hat – zumindest für ihre Unterstützer überraschend – einen Ausweisungsbescheid gegen die Ärztin erlassen. Sobald dieser rechtskräftig ist, muss die Frau die Koffer packen. Das Amt begründet die Entscheidung damit, dass ihr Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde und dass ihr Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet nicht überwiege.
Ärztin wurde bereits verurteilt
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Die Ausweisung ist das Ende eines langen juristischen Kampfes, der im Jahr 2015 begann, als Banu Büyükavci von der Polizei in Nürnberg festgenommen wurde, wie der Bayerische Rundfunk berichtet. Der Vorwurf der Bundesanwaltschaft lautete: "Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland laut Paragraf 129b".
Wie es beim Bayerischen Rundfunk weiter heißt, saß die Frau drei Jahre in Untersuchungshaft in München-Stadelheim, 2018 wurde sie entlassen und im Jahr 2020 verurteilt. Das Oberlandesgericht sah es als erwiesen an, dass sie Mitglied der kommunistischen Organisation "TKP/ML" ist, einer Gruppe in der Türkei, die in den 1970er-Jahren gegründet wurde. Die insgesamt zehn Angeklagten sollen Gelder beschafft, Veranstaltungen organisiert und Mitglieder geworben haben, heißt es in dem Urteil.
Banu Büyükavci bestreitet nicht, dass sie sich politisch engagiert hat, aber sie weist den Vorwurf der Terrorismusunterstützung zurück. Sie sagte gegenüber mehreren Medien, dass sie sich für eine gerechte und demokratische Gesellschaft in der Türkei eingesetzt habe, die von einem autoritären Regime unterdrückt werde. Sie betont auch, dass sie keine Gewalt befürwortet oder ausgeübt habe.
Demos für Banu Büyükavci
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Monatelang hatten sich Unterstützer der Ärztin 2020 und 2021 jeden Mittwoch vor dem Gewerkschaftshaus am Nürnberger Kornmarkt getroffen, um per Mahnwache für ihren Verbleib in Nürnberg zu demonstrieren. Die Kampagne #BanuMussBleiben wurde von der Gewerkschaft Verdi unterstützt und hatte zunächst Erfolg: So wurde das bei der Ausländerbehörde der Stadt Nürnberg laufende Ausweisungsverfahren im August 2021 "ruhend gestellt", wie die "Nürnberger Nachrichten" berichten.
Fall wurde wieder aufgenommen
Doch nun hat das Landesamt für Asyl und Rückführungen den Fall wieder aufgenommen und einen neuen Bescheid erlassen. Die Unterstützer sind empört und kritisieren die Entscheidung als politisch motiviert und menschenrechtswidrig.
Auch wenn Banu Büyükavci laut ihrem Anwalt gute Chancen hätte, durch einen Antrag auf Asyl in Deutschland bleiben zu können, hat sie sich dazu entschieden, das Land notfalls zu verlassen. Denn zum einen sei unklar, ob sie während ihres Asylantrags weiter arbeiten könnte, so der Anwalt. Zum anderen, sagte sie am Rande einer Lesung eines Buches über ihren Fall, glaube sie, dass der deutsche Staat sie niemals in Ruhe lassen würde.
Das ist die Erklärung der Behörde
Nach Informationen des Landesamtes für Asyl und Rückführungen hat Büyükavci ihre Arbeitsstelle beim Klinikum Nürnberg bereits vor Längerem selbst gekündigt, wie eine Pressesprecherin der Behörde t-online mitteilt.
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Weiter heißt es in der Mitteilung der Sprecherin: "Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn bei einer Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt."
Straftat überschreitet Grenze
Dabei wiege das Interesse an der Ausreise zum Beispiel bereits dann besonders schwer, wenn der betreffende Ausländer wegen einer vorsätzlichen Straftat rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist – "die Verurteilung von Frau Dr. Büyükavci zu einer Haftstrafe von mehr als drei Jahren überschreitet diese Grenze deutlich", so die Sprecherin.
Wie der Bayerische Rundfunk weiter berichtet, musste die Ärztin ihren Pass bereits abgeben, außerdem müsse sie sich wöchentlich bei der Polizei melden. Gegen den Ausweisungsbescheid klagt die Frau beim Verwaltungsgericht in Ansbach. Bleibt die Klage erfolglos, muss Büyükavci Deutschland innerhalb von 30 Tagen verlassen.
- Anfrage beim Landesamtes für Asyl und Rückführungen
- Bericht des Bayerischen Rundfunks über Banu Büyükacvi
- Diverse Pressemitteilungen der Gewerkschaft verdi
- nordbayern.de: Der Fall Banu Büyükacvi