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Warum ein Sieg für Hagel kein «gmähds Wiesle» ist


Landtagswahl
Warum ein Sieg für Hagel kein "gmähds Wiesle" ist

Von dpa
17.05.2025 - 04:02 UhrLesedauer: 4 Min.
Landtagssitzung - Aussprache über den EtatVergrößern des Bildes
Der Weg zur Landtagswahl ist noch lang. (Quelle: Bernd Weißbrod/dpa/dpa-bilder)
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Manuel Hagel hat beste Karten, Ministerpräsident zu werden. Aber sicher ist die Sache nicht. Sechs Stolpersteine, über die CDU-Hoffnungsträger noch fallen kann.

Alles sieht danach aus, als ob Manuel Hagel am 8. März 2026 zum jüngsten Ministerpräsidenten der Landesgeschichte gewählt wird. In einer ganz frischen Umfrage liegt die CDU immerhin elf uneinholbar scheinende Prozentpunkte vor den Grünen. Ein Grund mehr, zu sehen, was dem 37-Jährigen auf dem Weg zur Macht noch in die Quere kommen könnte. Für den Politikwissenschaftler Ulrich Eith von der Uni Freiburg jedenfalls ist die Sache alles andere als ausgemacht: "Der schlechteste Ratschlag, den man Kandidierenden geben kann, ist, sich zu früh der Sache sicher zu sein."

Der starke Gegenkandidat

Auch wenn Hagel in seinen jungen Jahren schon viele Ämter und Posten angehäuft hat, mit der Polit-Erfahrung des designierten Spitzenkandidaten der Grünen, Cem Özdemir, kann er es nicht aufnehmen. Der "anatolische Schwabe", 59 Jahre alt, trat den Grünen bei, da war Hagel noch gar nicht geboren. Özdemir ist ein rhetorisch gewiefter Vollprofi, war Bundesminister, Bundesparteichef - und ist bekannt wie beliebt.

Der Persönlichkeitsfaktor bei Wahlen darf nicht unterschätzt werden. Zwar würde nach einer aktuellen Umfrage für SWR und Stuttgarter Zeitung eine Mehrheit der Baden-Württemberger eine CDU-geführte Landesregierung bevorzugen - aber wenn sie ihren Ministerpräsidenten direkt wählen könnten, würden sich 39 Prozent für den Özdemir entscheiden, nur 18 Prozent für Hagel.

Der Kandidateneffekt sei allerdings bei Özdemir außerdem schon eingepreist, sagt der Politikwissenschaftler Joachim Behnke von der Zeppelin Uni in Friedrichshafen. Je bekannter Hagel werde, desto mehr lege er auch bei den Persönlichkeitswerten zu. "Solange er nicht die berühmten goldenen Löffel klaut, dürfte nichts schiefgehen."

Inhaltliches Profil

Aber wofür steht Hagel eigentlich? Der 37-Jährige gilt rhetorisch als vorsichtig, die derzeitige Devise lautet: Bloß nichts falsch machen. Sich inhaltlich nicht zu weit rauszulehnen müsse kein Nachteil sein, findet Politikwissenschaftler Behnke. Trotzdem muss sich Hagel immer wieder Vorwürfe anhören, inhaltlich zu wenig Substanz zu bieten. Gerne flüchtet er sich in Phrasen, redet vom Ärmelhochkrempeln, von Heimat und Zuversicht. Einer der aktuellen Lieblingssprüche: "Wir werden nicht alles anders, aber vieles ambitionierter machen." Was genau dahintersteckt, das muss Hagel noch verraten.

Zeit für die Profilbildung hat er jedenfalls noch. Dabei steht Hagel vor einer multiplen Gratwanderung. Er muss nicht nur eine Balance finden zwischen konservativer Stammwählerschaft und moderner Großstadtklientel. Er muss sich von der AfD, dem Hauptgegner der CDU, abgrenzen, und gleichzeitig Protestwähler von Rechtsaußen zurückgewinnen. Gleichzeitig muss er Kretschmann-Fans von den Grünen zurückholen. Ein Drahtseilakt. Und: Einen grundlegenden Politikwechsel kann er dabei den Wählern nicht versprechen. Schließlich regiert seine CDU seit vielen Jahren mit im Land.

Rhetorische Patzer

Profilbildung kann auch zum Eigentor werden. In der Vergangenheit ist Hagel immer mal wieder übers Ziel hinausgeschossen mit seinen Aussagen. So forderte er noch im Sommer schlagzeilenträchtig eine "Art Ewigkeitsgarantie" für die Schuldenbremse, um nun auf den Schuldenkurs von Kanzler Merz einschwenken zu müssen.

Ebenso trat er im vergangenen Jahr eine Debatte los mit seiner Forderung, zwei der fünf Verwaltungsebenen abzuschaffen, also etwa Kommunen und Regierungspräsidien. Hagel bleibt bis heute eine Antwort schuldig, welche Ebenen das genau sein sollen.

Das sind vernachlässigbare Ausrutscher, die nicht wirklich haften blieben, sagt Politologe Behnke. "Hagel muss vor allem darauf achten, nichts katastrophal falsch zu machen. Und Özdemir muss darauf hoffen, dass Hagel großen Patzer begeht."

Die mangelnde Bekanntheit

Hagel ist trotz seiner zunehmenden Machtfülle vielen Menschen in Baden-Württemberg noch unbekannt, weshalb er auch unentwegt durchs Land tourt, Vereine besucht, sich durch Festzelte prostet, Firmen besucht. Nach einer aktuellen Umfrage kennen nur rund ein Drittel der Befragten den designierten CDU-Spitzenkandidaten.

"Özdemir ist überregional bekannt und gibt sich schon sehr staatstragend", sagt Politikwissenschaftler Eith. "Hagel ist bislang auf Bundesebene in Medien praktisch nicht präsent." Die Frage sei, ob die positive Grundstimmung für die CDU ausreiche, um die mangelnde Bekanntheit zu kompensieren.

Die Performance der Bundesregierung

Alle Augen sind nun auf den frisch gewählten Kanzler Friedrich Merz (CDU) gerichtet - und darauf, ob er seine Wahlversprechen auch halten kann. Wird Merz unlösbar scheinende Probleme wie die Migrationskrise bewältigen? Rasche Erfolge etwa beim Bürokratieabbau oder der Wirtschaftswende stehen nicht in Aussicht. Davon, wie gut sich Merz in den ersten Monaten im Amt anstellt, hängt auch viel für die Südwest-CDU ab. "Die müssen jetzt liefern", heißt es beim grünen Koalitionspartner mit Blick nach Berlin.

Für den Kanzler wird die Wahl im Südwesten ein erster großer Stimmungstest. Sollte Merz scheitern statt glänzen, dürfte Hagel Gegenwind im Ländle spüren. Die neue Bundesregierung habe bislang jedenfalls kaum Euphorie ausgelöst, sagt Behnke. Aber ein Versagen von Merz werde im Zweifel nicht auf das Konto der Grünen einzahlen, sondern vielmehr AfD und Linken helfen.

Der noch weite Weg zur Wahl

Politik wird immer schnelllebiger, ebenso wie Stimmungsschwankungen in der Bevölkerung. Themen können sich binnen weniger Tage nach oben spülen, andere dafür in den Hintergrund treten, bestes Beispiel: Klimaschutz. Fakt ist: Bis zum 8. März 2026 kann und wird sehr viel passieren. Jeder Fehltritt kann einen Kandidaten in der Wählergunst abstürzen lassen - man erinnere sich an den Flutlacher von Armin Laschet im Bundestagswahlkampf 2021.

"Heutige Umfragen sind keine Garantie, wie die Landtagswahl ausgehen wird", bilanziert Experte Eith. "Darauf kann man sich nicht verlassen." Es komme auf die politische Stimmung in Deutschland in einem Jahr an, auf die Weltpolitik, externe Ereignisse wie Terroranschläge, wie die Reaktorkatastrophe von Fukushima, die Kretschmann 2011 zur Macht verhalf.

Die Grünen hoffen jedenfalls auf eine Trendwende - und erinnern gerne an die Monate vor der Landtagswahl 2016. Im Oktober 2015 lag die CDU in Umfragen noch bei rund 40 Prozent. Ein halbes Jahr erzielten die Christdemokraten mit 27 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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