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SV Elversberg: Wird hier deutsche Fußball-Geschichte geschrieben?


Elversberg vor Aufstieg in die Bundesliga
Wird hier deutsche Fußballgeschichte geschrieben?


20.05.2025 - 08:01 UhrLesedauer: 6 Min.
Übersichtlich: Das Waldstadion Kaiserlinde wurde 1983 eröffnet, befindet sich aktuell im Umbau.Vergrößern des Bildes
Übersichtlich: Das Waldstadion Kaiserlinde wurde 1983 eröffnet, befindet sich aktuell im Umbau. (Quelle: IMAGO/Fabian Kleer/imago-images-bilder)
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Die SV Elversberg hat beste Chancen auf den Aufstieg in die Bundesliga. Dabei setzt der kleine Klub auf ein ganz besonderes Konzept. Im Mittelpunkt: "Wärme und Geduld". Nun könnte die "Elv" Historisches schaffen.

An diesem Donnerstag, spätestens aber am darauffolgenden Montag, könnte in der Bundesliga-Relegation gleich doppelt Geschichte geschrieben werden. Denn wenn es Zweitligist SV Elversberg gegen den 1. FC Heidenheim in die höchste deutsche Spielklasse schaffen sollte, dann wäre die Bundesliga nicht nur um einen Neuling reicher – es würde auch eine neue Bestmarke aufgestellt werden.

Denn Elversberg – genauer gesagt: Das 13.000-Einwohner-Städtchen Spiesen-Elversberg im Saarland – würde zum kleinsten Spielort der Bundesligahistorie werden. Die Gemeinde liegt im Landkreis Neunkirchen, rund 15 Kilometer nordöstlich der Landeshauptstadt Saarbrücken. Bei allen lokalen Vorzügen kein Ort, der bisher bundesweite Bekanntheit erlangt hatte. Bis die SV Elversberg kam – und nun zum dritten Mal in vier Jahren aufsteigen könnte. Durch das 2:1 am letzten Spieltag der 2. Liga gegen Schalke 04 hat "die Elv" Platz drei gefestigt und die Relegation erreicht. Vor zu Beginn der Saison noch favorisierten Traditionsklubs wie dem 1. FC Kaiserslautern, Fortuna Düsseldorf und Hannover 96, noch weiter vor gefallenen Großklubs wie Schalke oder Hertha BSC.

t-online stellt das Sensationsteam vor.

Die sportlichen Macher:

Der Elversberger Aufschwung ist kein Zufall – sondern das Ergebnis langfristiger Arbeit, mit der im Herbst 2018 begonnen wurde. Seitdem bilden Cheftrainer Horst Steffen und Sportdirektor Nils-Ole Book das sportliche Führungsduo des Vereins. Damals kämpfte die SVE noch um den Klassenerhalt in der Regionalliga Südwest. Jetzt steht sie an der Schwelle zur Bundesliga.

Der Plan, den Steffen und Book seitdem verfolgen, ist klar: Sie setzen gleichermaßen auf junge Talente wie auch auf Spieler, die sich trotz Potenzial bei größeren Klubs bisher nicht durchsetzen konnten. Der Ablauf: Book holt die Spieler über ein verzweigtes Scouting-Netz heran, Steffen entwickelt sie weiter. "Zu erkennen, dass mehr Potenzial in den Spielern steckt, gehört offenbar zu meiner Qualität", erklärte der langjährige Bundesligaspieler Steffen (282 Einsätze in 1. und 2. Liga für Bayer Uerdingen, Borussia Mönchengladbach und den MSV Duisburg) vor wenigen Monaten im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "In erster Linie kommt es dabei auf die Spielerauswahl an, ob ich erfolgreich arbeite oder nicht, da macht Ole (Book, Sport-Vorstand der SV Elversberg; d. Red.) einen guten Job."

Mehr noch: Steffen hat einen besonderen Ansatz im Umgang mit seinen Spielern. "Natürlich muss der Plan gut sein, müssen die Ideen gut sein, welche Spieler in welchem System funktionieren. Aber eine gewisse Wärme, eine gewisse Liebe zu verbreiten, damit die Jungs frei aufspielen können, gehört dazu."

Wärme und Liebe zahlen sich aus – nicht nur bei Leihgeschäften der vergangenen Jahre. So konnten sich in Elversberg etwa der heutige Stuttgarter Stürmer Nick Woltemade oder Paul Wanner in jungen Jahren profilieren. Der von Werder Bremen ausgeliehene Woltemade schoss den damaligen Drittligisten mit 10 Toren und 9 Vorlagen in 31 Ligaspielen zum Aufstieg, Bayern-Leihgabe Wanner, mittlerweile in Heidenheim, trug ein Jahr später dazu bei, die Klasse zu halten. Und 2024/25 waren es die beiden Hoffenheimer Offensivtalente Fisnik Asllani (18 Tore) und Muhammed Damar (9 Treffer, 6 Assists) oder der erst 19-jährige Rechtsverteidiger Elias Baum von Eintracht Frankfurt, die Elversbergs Spiel und damit auch die 2. Liga bereicherten. Unter Steffen finden diese Spieler die nötige Ruhe und die passende Umgebung für ihre Entwicklung.

"Meine Überzeugung ist, dass ich von den Spielern damit Leistungen und Potenziale abrufe, die vorher nicht möglich waren, weil sie Stress und Druck hatten", erklärte der 56-Jährige dem RND weiter. "Wenn ich das Gefühl habe, einen Fehler gemacht zu haben, dann hören sie von mir genauso, dass ich einen Fehler gemacht habe. Die Angst vor Fehlern nehme ich dadurch, indem ich nicht mit dem Finger auf andere zeige. Ich lebe das in der Weise vor, wie ich es gerne hätte."

Die Leihen sind damit sowohl für Klub als auch für die Spieler von Vorteil. "Es ist für uns ein sehr attraktives Modell geworden und war durchaus so geplant", erklärte Book im Gespräch mit dem "Kicker". Nach der nun starken Saison von Asllani, Damar und Baum "sind wir jetzt vielleicht noch ein Stück attraktiver geworden aus der Perspektive von Talenten, deren Klubs und Beratern", hofft der SVE-Sportchef.

Die Mannschaft:

Mit 64 Toren war Elversberg in der abgelaufenen Saison hinter dem Hamburger SV die torgefährlichste Mannschaft der 2. Bundesliga, stellte mit 37 Gegentoren dazu die zweitbeste Abwehr hinter Hannover 96. Die Maxime: "Wir wollen Freude und Begeisterung verbreiten", erklärte Steffen noch im März. "Und ich glaube, das ist angekommen."

"Elversberg ist eine spiel- und laufstarke Mannschaft, auch stark in der Offensive", schwärmte der damalige Hannover-Trainer André Breitenreiter noch zu Jahresbeginn. Karlsruhes Coach Christian Eicher sagte im Saisonverlauf: "Sie sind eine Bereicherung, das macht großen Spaß." Und sein Kollege Lukas Kwasniok vom SC Paderborn lobte schon im vergangenen Herbst: "Elversberg ist die beste Mannschaft der Liga." Das Fachmagazin "11 Freunde" bezeichnete das Spiel der SVE als "attraktivsten Fußball der 2. Liga".

"Ich bin ein Trainer, der versucht, der Mannschaft einen Fußball mit viel Ballbesitz zu vermitteln", sagte Steffen einmal über seine Spielidee. "Das beinhaltet auch viel Gegenpressing. Dafür muss die körperliche Basis da sein." Und tatsächlich spielt Elversberg offensiv anspruchsvollen Fußball, kann über Technik und Kombinationen ebenso zum Erfolg kommen wie über den Einsatz. Steffen beim RND: "Jeder, der mich kennt, weiß genau, dass ich nicht dafür stehe, ein 0:0 oder 1:0 zu ermauern, wenn es das Spiel nicht nach einer gewissen Zeit zwingend hergibt." 15 verschiedene Spieler trugen sich in der abgelaufenen Saison in die Torschützenliste ein – einer mehr als bei Meister Köln.

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Besonders Asllani (18 Treffer, 8 Vorlagen) und Damar (9 Tore, 6 Assists) wirbelten im Angriff der Elversberger, die beiden Außenverteidiger Baum und Maurice Neubauer steuerten jeweils weitere elf Scorerpunkte bei (je 3 Treffer, 8 Vorlagen). "Dass wir lange Bälle einfach nach vorne spielen, das wird man bei uns nicht sehen", erklärte Asllani bei Sportreporter Manu Thiele. "Das lässt der Trainer auch gar nicht zu. Wir wählen den Ansatz, hinten raus zu spielen, flache Spieleröffnung." Das sei "unsere Idee, und das funktioniert auch, weil wir die Spieler dafür haben." Das Scouting seines Klubs sei daher "fast in Perfektion gemacht."

Dazu vertraut Steffen neben den erfolgreichen Leihspielern einem festen Stamm: Akteure wie die Mittelfeldspieler Robin Fellhauer, Semih Sahin und Carlo Sickinger oder die Verteidiger Neubauer und Manuel Feil sind bereits seit Drittligazeiten dabei und immer noch Leistungsträger.

Die Klubführung:

Hinter dem sportlichen Erfolg steht einer, der den Klub bereits seit Jahrzehnten im Stillen prägt: Aufsichtsratschef Frank Holzer. Der heute 72-Jährige lief einst selbst in Bundesliga und 2. Liga für den 1. FC Saarbrücken und Eintracht Braunschweig auf, erzielte in insgesamt 128 Pflichtspielen für beide Klubs 13 Tore. Nach der Karriere übernahm Holzer, der ein Pharmaziestudium abgeschlossen hat, den Arzneimittelhersteller Ursapharm, stieg zum millionenschweren Unternehmer auf – und zum Hauptsponsor und Aufsichtsratsvorsitzenden der SVE. Zuvor war der einstige Angreifer von 1989 bis 2011 Präsident der SVE, ehe sein Sohn Dominik das Amt übernahm.

Mit Unterstützung aus dem Familienunternehmen wird gezielt investiert, Vater und Sohn Holzer gehen keine Abenteuer ein, setzen auf bedächtigen Aufbau – und halten sich selbst im Hintergrund. Teure Transfers oder Schnellschüsse sind dabei nicht Teil der Strategie. Aus dem Saarland heißt es, man verfolge einen stabilen, organischen Weg – mit dem Blick für langfristige Perspektiven. Millionen-Investitionen wie etwa in Hoffenheim oder bei RB Leipzig schließt der Verein aus.

"Seit acht Jahren sind klare Strukturen geschaffen worden von unserem Präsidium und diese Funktionen werden auch klar ausgefüllt. Und es gibt keine Übergriffe auf andere Bereiche. Das ist ein ganz entscheidender Punkt, dass also nicht die Geschäftsstelle mitreden will, wer links außen spielt", erklärte Frank Holzer kürzlich im Saarländischen Rundfunk zur langjährigen Führung und dem Gespann Steffen/Book. "Hier passt es einfach."

Passen könnte es indes nicht nur für Elversberg, sondern auch für den Lokalrivalen 1. FC Saarbrücken: Der Traditionsklub steht in der Relegation zur 2. Bundesliga, trifft dort auf den Tabellen-16. Eintracht Braunschweig. Es könnten große Tage werden für das kleine Saarland.

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