So tickt Norbert Elgert Darum jagt der FC Bayern Schalkes Jugend-Coach
News folgenvon Mark Weidenfeller
Pep Guardiola, José Mourinho, Jürgen Klopp. Auf der Liste der begehrtesten Trainer des Fußballgeschäfts stehen jede Menge prominente Namen, die allesamt nach großer, internationaler Bühne klingen und jede Menge Glanz versprühen. Nur einer klingt so, wie er sich selbst beschreibt: Norbert Elgert – "auf Kohle geboren und mit Emscherwasser getauft".
Der gebürtige Gelsenkirchener hat Spieler wie Mesut Özil, Benedikt Höwedes oder Manuel Neuer zu Weltmeistern gemacht und steht – nicht nur deshalb – auf dem Wunschzettel des FC Bayern. Doch wer ist dieser Mann überhaupt?
Interessenten stehen Schlange
Der 59-Jährige ist Cheftrainer der U19 von Schalke 04 und hat in seinen mittlerweile fast 21 Dienstjahren in dieser Position nicht nur drei deutsche Meisterschaften und zwei DFB-Pokalsiege gefeiert, sondern auch Begehrlichkeiten geweckt. Nach seiner Ankündigung, im Sommer 2018 "etwas Neues machen" zu wollen, stehen die Interessenten bei Elgert Schlange. Aber was macht ihn so besonders? Und warum will ihn der deutsche Rekordmeister unbedingt nach München locken und im Nachwuchsleistungszentrum einbinden?
"Lebt den Fußball zu 100 Prozent"
"Er ist ein Trainer, der den Fußball zu 100 Prozent lebt", sagt Elgerts ehemaliger Schützling und heutiger Stürmer von Bundesligist Darmstadt 98 – Felix Platte – gegenüber t-online.de. "Er ist menschlich ein super Typ, aber auch ein Perfektionist."
Für Platte, der den Nachwuchs der Königsblauen in der Saison 2014/15 an der Seite von Leroy Sané zum Bundesliga-Titel schoss und damals bei den Profis sogar Champions-League-Luft gegen Real Madrid schnuppern durfte, hat Elgert einen riesigen Stellenwert: "Er hat mir den Schritt zu den Profis ermöglicht, dafür bin ich ihm sehr dankbar."
Nur mit Streicheleinheiten hat Elgert den aktuellen U20-Nationalspieler jedoch nicht zu dem Profi geformt, der er heute ist. Platte, der als Reservist in die Schalker A-Jugend kam, sich dort allmählich erst zum Stammspieler und später zum Leistungsträger entwickelte, bekam auch die harte Seite des Chef-Ausbilders zu spüren. "Spieler, die denken, dass sie es geschafft haben, holt er direkt auf den Teppich zurück", so Platte, der diese Eigenschaft am eigenen Leib zu spüren bekam.
Beharren auf Disziplin
Nur wenige Tage nach seinem Auftritt in der Königklasse gegen Cristiano Ronaldo und Co. hieß der Gegner in der A-Junioren Bundesliga West Wuppertaler SV. Platte stolzierte über den Platz, ordnete sich nicht unter – und bekam prompt die Quittung. Bereits nach 32 Minuten wurde er von Elgert ausgewechselt und mit ein paar deutlichen Worten zum Duschen geschickt. "Ich habe dadurch eine wichtige Erfahrung gesammelt", so Platte ein knappes Jahr später. Es sei dieses Beharren auf Disziplin, das Elgert "besonders auszeichnet".
"Er hat seine Macken"
Genau das bestätigt auch André Kilian. Der 28-Jährige ist an der Seite der späteren Weltstars Özil, Höwedes und Neuer im Jahr 2005 Pokalsieger und in der darauffolgenden Saison Deutscher Meister geworden. Heute spielt er etwas abseits der großen Flutlichtmasten für den FC Homburg in der Regionalliga Südwest. Und obwohl er den Durchbruch damals nicht geschafft hat, sind seine Erinnerungen an die Zeit unter Elgert ausschließlich positiv. "Vor allem für meine Charakterbildung war er der wichtigste Trainer", sagt Kilian, der seinen damaligen Coach als „sehr akribisch, sehr detailgetreu, aber auch sehr speziell“ beschreibt. "Er hat seine Macken. Wenn Wind weht, trägt er immer Stirnband. Auch bei 20 Grad."
Ego-Trips unerwünscht
Was modisch fragwürdig ist, unterstreicht, dass Elgert seinen eigenen Kopf hat und seine Vorstellungen kompromisslos durchzieht. Wer nicht pünktlich im Training erscheint oder sich zu spät abmeldet, wird sanktioniert und bei groben Regelverstößen sogar aus dem Kader gestrichen. Ausreden gibt es keine, sein Credo "totaler Einsatz aller Mitglieder" steht über allem.
Bei Alleingängen oder Egotrips angehender Profis – wie von Platte beschrieben – wird Elgert ungehalten. "Da kann er auch schon mal aus der Haut fahren und laut werden", so Kilian. "Auf Eitelkeiten reagiert er allergisch."
Und das spiegelt sich im Verhalten seiner Teams wider, wie Marcel Winkens beschreibt. Der Trainer des 1. FC Mönchengladbach spielt mit seinem Team in der gleichen Liga wie die U19 des FC Schalke und kennt Elgert aus mehreren direkten Duellen. "Er ist ein unheimlich netter Typ, der sogar über uns kleinen Verein immer bestens informiert ist", so der 33-Jährige, den vor allem aber die Diszipliniertheit der Spieler beeindruckt. "Wenn die aus dem Bus steigen, macht keiner Faxen, hält irgendwo den Ball hoch oder tollt rum. Die sind alle sofort fokussiert und konzentriert." Das gibt es so laut Winkens "bei keiner anderen Mannschaft".
All diese Eigenschaften machen Elgert zum perfekten Kandidaten zur Umstrukturierung und Professionalisierung der Münchner Jugendabteilung, die laut Sport-Vorstand Matthias Sammer "neu geordnet" werden soll. Ob das Schalker Urgestein letztlich wirklich an die Isar wechselt oder "einfach ab jetzt sein Leben genieß"“, wie Winkens vorschlägt, ist noch unsicher. Fest steht hingegen, dass sein Abschied für Schalke einen herben Verlust darstellt. "Das wird den S04 stark treffen", prophezeit Platte. "So einen ersetzt man nicht so leicht."
