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Interview: Torsten Frings über den DFB, Werder und den Trainerjob


Ex-Nationalspieler
Torsten Frings: "Ich wollte Abstand vom Profifußball gewinnen"

InterviewVon Robert Hiersemann

Aktualisiert am 07.03.2019Lesedauer: 6 Min.
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Torsten Frings startete seine Karriere bei Alemania Aachen. Es folgten Stationen in Bremen, Dortmund, München und Toronto.Vergrößern des Bildes
Torsten Frings startete seine Karriere bei Alemania Aachen. Es folgten Stationen in Bremen, Dortmund, München und Toronto. (Quelle: Jan Huebner/imago-images-bilder)

Der ehemalige deutsche Nationalspieler Torsten Frings spricht im Interview mit t-online.de über die Veränderungen im Profifußball, den Druck im Leben eines Trainers, seinen Werder-Kumpel Claudio Pizarro und das DFB-Team.

Über Jahre hinweg prägte er die Fußball-Bundesliga: Insgesamt 402 Mal lief er in der deutschen Eliteklasse für Werder Bremen, Borussia Dortmund und den FC Bayern München auf. Er spielte sich in die Nationalmannschaft, stand in Pokalfinals und feierte Titel, bis er schließlich seine Karriere als Spieler im Jahr 2013 bei Toronto FC in Kanada beendete.

Heute ist Torsten Frings 42 Jahre alt. Er erwarb die Fußballlehrerlizenz und arbeitete bereits als Coach von Darmstadt 98 in der Bundesliga. Seit seiner Freistellung im Dezember 2017 war nicht mehr viel von Frings zu hören. Bis jetzt.

t-online.de: Herr Frings, in den vergangenen Monaten ist es ruhig um Sie geworden. Weshalb haben Sie zuletzt keine Interviews mehr gegeben?

Torsten Frings: Nach meinem Engagement als Trainer von Darmstadt 98 wollte ich etwas Abstand vom Profifußball gewinnen. Das Aus hatte mich schon getroffen, da ich mit vollem Herzen dabei war und zumal es lange Zeit sehr gut lief. Ich habe mich danach bewusst zurückgezogen, um in Ruhe Lehren aus meiner ersten Cheftrainer-Station zu ziehen und an verschiedenen Orten zu hospitieren. Außerdem war es mir wichtig, wieder mehr Zeit mit meiner Familie verbringen zu können, was davor zu kurz kam. Der Job als Trainer ist eben etwas anders als der des Spielers.

Was genau meinen Sie damit?

Als Spieler habe ich es einfach nur genossen, für meine Vereine aufs Feld zu laufen und um Punkte zu kämpfen. Druck habe ich nur selten empfunden. Was soll dir auch passieren? Entweder du spielst gut und bist der Held oder du verlierst und sitzt vielleicht mal ein Spiel auf der Bank. Wirklich viel ändert sich deshalb nicht.

Ist es nicht hart genug auf der Bank zu sitzen?

Kein Spieler sitzt gerne auf der Bank und natürlich geht es auch um seine Karriere. Aber verglichen mit den Konsequenzen aus Fehlern oder schlechten Leistungen ist das im Trainer-Job etwas vollkommen anderes. Als Trainer bist du für eine ganze Mannschaft verantwortlich, du trägst wesentlich zur Entwicklung eines gesamten Vereins bei. Und wenn du ein paar Mal häufiger nicht lieferst, bist du auch selbst weg vom Fenster.

Sie sind 402 Mal in der Bundesliga aufgelaufen, haben Weltmeisterschaften und Pokalfinals gespielt. Was aber gefällt Ihnen am Trainerjob am besten?

Du bist 24 Stunden lang an deinen Job gefesselt, denkst am Frühstückstisch, beim Autofahren, im Bett darüber nach, wie du dein Team weiterbringen kannst. Die Arbeit ist extrem komplex. Aber wenn du dann siehst, dass es funktioniert, ist es einfach ein geiles Gefühl.

Auch im Bett denken sie an Fußball?

Ich hatte auf meinem Nachttisch Zettel und Stift liegen, falls mir in der Nacht spontan etwas einfällt. Das kam immer wieder mal vor. Der Aufwand als Trainer ist enorm, doch es macht auch riesigen Spaß.

Wie würden Sie Ihren eigenen Führungsstil denn beschreiben?

Ich bin jemand, der nah an der Mannschaft ist, der viel Face-to-Face mit den Spielern spricht. Ich will nicht, dass alle auf einmal still sind, wenn ich in die Kabine komme. So habe ich es als Fußballer bei Trainern gemocht, und so will ich es auch in der Zukunft machen. Der direkte, ehrliche Umgang ist mir sehr wichtig.

Doch die Welt verändert sich. Die meisten Spieler haben fast immer ihr Smartphone zur Hand.

So ist das nun mal, das ist auch völlig okay, aber in der Kabine sind Smartphones für mich absolut tabu. Es gibt genug andere Bereiche, in denen sie gern ihre Handys benutzen können.

Auch Fans können Spieler und Trainer offen in den sozialen Medien kritisieren – häufig ohne dafür belangt zu werden.

Die Menschen verstecken sich heutzutage oft lieber in der Anonymität des Internets, als einem die eigene Meinung direkt ins Gesicht zu sagen. Das ist schade. Ich habe immer mit den Fans der Vereine, für die ich gespielt habe, direkt gesprochen. Natürlich ist da auch die Gefahr groß, dass man mal einen kritischen Spruch gedrückt bekommt. Doch auch damit muss man als Fußballer umgehen können. Es ist enorm wichtig, dich als Profi oder Trainer mit den Fans zu beschäftigen, denn sie machen den Verein mehr aus als man selbst.

Sie haben mit 36 Jahren Ihre Profikarriere beendet. Claudio Pizarro schießt heute noch Tore für Werder Bremen. Was sagen Sie zu den aktuellen Leistungen des mittlerweile 40-Jährigen?

Claudio und ich sind gut miteinander befreundet, stehen regelmäßig in Kontakt. Für mich persönlich ist es keine große Überraschung, dass er auch mit 40 noch Tore in der Bundesliga schießt. Er war schon immer ein Ausnahmespieler, der mehr als jeder andere auf seinen Körper geachtet hat.

Pizarro als Trainer. Können Sie sich das vorstellen?

Claudio soll bitte erstmal noch weiter Tore für Werder schießen. Das ist am wichtigsten. Doch ich bin mir sicher, dass er auch ein hervorragender Trainer wäre – und ich weiß genau, dass Claudio so ganz ohne Fußball nicht kann (lacht).

Sie könnten ihm dann mit Ihrer Erfahrung zur Seite stehen. Es ist viel über bestimmte Trainertypen die Rede. Wie stehen sie zur der Diskussion?

Der Job des Cheftrainers ist über die Jahre hinweg komplexer geworden. Vielleicht haben einige bei mir das Bild des reinen Motivators vor Augen – aber das ist Quatsch. Ich hatte mich schon als Spieler immer sehr für die richtige Positionierung auf dem Feld interessiert. In der heutigen Trainerarbeit sind Aspekte wie Trainingsinhalte, Analysen und die richtige Einstellung auf den Gegner genauso wichtig wie emotionale, zwischenmenschliche Dinge. In meiner Zeit bei Darmstadt habe ich ständig in meinem Trainer-Team über Taktik diskutiert. Mit meinem Co-Trainer Björn Müller, der zuvor Fußballlehrer-Ausbilder beim DFB war, habe ich dabei auch einen hervorragenden Mann an meiner Seite.

Also kann man sie eher in die Kategorie Laptoptrainer zuordnen?

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Naja, wenn ich mich rein pragmatisch zwischen Laptop und Zettel und Stift entscheiden müsste, würde ich den Zettel und den Stift wählen (lacht). Nee, aber das viel diskutierte Bild des Laptoptrainers nervt auch. Die Technik, und alles was man damit machen kann, ist wichtig und hilft definitiv weiter – doch nur mit dieser Schiene hast du als Trainer ebenfalls keinen Erfolg. Der Umgang mit dem Team muss stimmen, die Ansagen müssen passen, und du brauchst die richtigen Spieler auf dem Platz, die sich für dich zerreißen.

Mit Joachim Löw hat einer der erfolgreichsten Trainer der deutschen Historie mit dem WM-Vorrunden-Aus im vergangenen Jahr eine harte Zeit durchlebt. Sie kennen ihn gut. Trauen Sie Löw zu, dass er einen sportlich erfolgreichen Neuanfang mit der deutschen Nationalmannschaft schafft?

Jogi hat über viele Jahre hinweg einen Riesenjob als Bundestrainer gemacht, daher hat er sich die Chance verdient. Es gibt in jedem Team die Zeit des Umbruchs, und genau da muss er jetzt mit der Nationalmannschaft durch.


Doch packt er das auch?

Joachim Löw wird mit Deutschland wieder erfolgreich sein, da bin ich mir sicher.

Was sagen Sie zu den sportlichen Leistungen von Werder Bremen? Kann wird Werder in den kommenden Jahren wieder international spielen?

Frank Baumann und Florian Kohfeldt machen einen super Job. Die Spiele sind gut anzuschauen, leider sprangen zuletzt etwas wenig Punkte heraus. Es wird eng, ich drücke auf jeden Fall die Daumen und würde mich freuen, Werder wieder international zu sehen.

Es soll immer mal wieder Anfragen aus In- und Ausland für sie. Worauf kommt es bei Ihnen bei einem möglichen neuen Klub an?

Es muss einfach vom Gefühl her passen. Auf eine Liga bin ich nicht festgelegt. Ich bin keiner, der sagt: Hier kommt Torsten Frings, ich habe ein paar hundert Bundesligaspiele, für mich zählt einzig die Bundesliga. Ich bin ein junger Trainer, der Bock hat, etwas zu bewegen. Von daher bin ich gespannt, was die Zukunft bringt.

Das Interview wurde bereits in der vergangenen Woche geführt.

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