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Hertha-Manager Preetz im Interview: "Die Bundesliga ist weiter als die Serie A"


Hertha-Manager Michael Preetz
Einsätze für Talente? "Die Bundesliga ist weiter als die italienische Liga"

InterviewVon Benjamin Zurmühl

Aktualisiert am 20.09.2019Lesedauer: 8 Min.
Interview
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Michael Preetz: Der Geschäftsführer von Hertha BSC hat mit seinem Klub großes vor.Vergrößern des Bildes
Michael Preetz: Der Geschäftsführer von Hertha BSC hat mit seinem Klub großes vor. (Quelle: Eibner/imago-images-bilder)

In den Junioren-Nationalmannschaften Deutschlands wimmeln keine Talente des FC Bayern, sondern von Teams wie Freiburg oder Hertha. Im Interview mit t-online.de erklärt Michael Preetz, warum das so ist und was er mit seinem Klub vor hat.

Den Bundesliga-Start hat sich Michael Preetz völlig anders vorgestellt. Mit einem neuen Trainer und neuen Spielern wollte Hertha BSC das etwas enttäuschende Ergebnis der letzten Saison mit Platz elf vergessen machen. Doch nach dem erfolgreichen Pokalauftritt in Ingolstadt (gegen Eichstätt) erlebten die Berliner das, was man einen Fehlstart nennt.

Nur einen Punkt gab es aus vier Spielen für das Team von Ante Covic. Gegen den SC Paderborn muss das Schlusslicht der Bundesliga dringend gewinnen. Denn mit dem Abstiegskampf will Preetz nichts zu tun haben. Ganz im Gegenteil: Der Geschäftsführer hat mit Hertha große Pläne. Mit dem neuen Geld durch Investor Lars Windhorst (Tennor) will Preetz den BSC in die oberen Tabellenregionen bringen. Doch wie soll das genau aussehen? Und welche Rolle spielt dabei die eigene Jugendarbeit?

t-online.de: Herr Preetz, sind Sie erleichtert, dass die Transferperiode vorbei ist?

Michael Preetz (52): (grinst) Ach, die Transferperiode gehört zu unserem Job dazu. Das ist auch immer wieder spannend. So auch in diesem Sommer. Aber wenn der September gekommen ist, hat man auch mal die Zeit, durchzuatmen.

Wie hat sich denn der Markt im Vergleich zum Vorjahr entwickelt?

Wir mussten uns in den letzten Jahren an andere Preise gewöhnen. So war es auch in diesem Jahr. Da verschiebt sich schon einiges. Als Verein musst du schauen, wie du deine Mannschaft ergänzen und verstärken kannst, ohne den finanziellen Rahmen zu sprengen.

Durch den neuen Trainer und den neuen Investor waren die Erwartungen von Seiten der Hertha-Fans noch größer.

Für uns hat sich da nichts geändert. Unsere Philosophie bleibt ja immer die gleiche, die hängt nicht am Trainer. Wir suchen nach jungen, entwicklungsfähigen Spielern, die bei uns den nächsten Schritt machen wollen.

Hat sich Ihre Arbeit seit dem Investment verändert?

Nein, ich spüre davon nichts in meinem Alltag. Das war schon bei KKR so und ist es jetzt auch bei Tennor (Name des Unternehmens von Lars Windhorst, Anm. d. Red.). Das ist uns auch sehr wichtig.

Der Blick von außen auf Hertha hat sich aber schon verändert. Lars Windhorst ist in wenigen Monaten schon präsenter als KKR zuvor.

Lars Windhorst ist eben auch eine Person, die in Deutschland bekannt ist. Wir freuen uns auch über sein Interesse über das Investment hinaus. Er saß ja in München und beim Heimspiel gegen Wolfsburg auf der Tribüne. Das zeigen dann auch die TV-Kameras. Von daher ist er für die Öffentlichkeit präsenter. Für unsere tägliche Arbeit aber nicht.

Ist die Situation jetzt anders als beim Einstieg von KKR?

Wir profitieren von der Erfahrung von damals. Anfang 2014 wussten wir nicht wirklich, was auf uns zukommt.

Hatten Sie damals also Sorge, die Kontrolle zu verlieren?

Nein, es ging nie um Kontrollverlust. Wir wussten nur nicht, wie wir uns aufstellen und uns gegenseitig beeinflussen. Im Endeffekt war es für uns ein Erfolg, weil wir vom weltweiten Netzwerk von KKR profitieren konnten. Das erhoffen wir uns auch von Tennor mit Lars Windhorst an der Spitze.

In welche Bereiche wird denn das Geld investiert? Es geht ja um mehr als nur um Transfers.

Wir haben gesagt, dass wir das Geld über die nächsten Jahre verteilt investieren werden. Infrastruktur ist neben den Transfers ein großer Punkt. Wir haben einen neuen Medizin- und Behandlungstrakt auf fast 2000 Quadratmetern Größe gebaut. Wir wollen weiter in die Digitalisierung investieren, in digitale Vertriebsmodelle, die Entwicklung einer neuen App und natürlich auch in Personal. Wir arbeiten weiter an der Internationalisierung von Hertha, wollen dafür weitere Reisen planen und die Kontakte knüpfen.


Wie sieht denn Ihr ideales Hertha in fünf bis zehn Jahren aus?

Also in zehn Jahren hat Hertha hoffentlich ein neues Stadion, das ist unser wichtigstes Projekt. Wir wollen uns zudem in den nächsten Jahren kontinuierlich nach oben schieben. Hertha braucht Tuchfühlung mit den internationalen Plätzen, Berlin gehört auf Sicht nach Europa.

Auf diesem Weg setzt Hertha aber weiter verstärkt auf den eigenen Nachwuchs. Schon Ex-Trainer Pal Dardai mahnte, dass junge Spieler mehr Fehler machen, was natürlich dem Erfolg schaden kann. Ist es leicht, das Gleichgewicht aus Jugendförderung und dem Streben nach größerem Erfolg zu halten?

Wir nehmen an der ein oder anderen Stelle diese Seite der Spielerentwicklung in Kauf. Das hat sich für uns auch in den letzten Jahren ausgezahlt. Wenn wir uns die jungen Spieler in unserer Mannschaft anschauen, sind wir überzeugt, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben.

Andere Teams setzen immer weniger auf deutsche Talente. Freuen Sie sich darüber? Schließlich gibt das Ihren Spielern bessere Einsatzchancen in den Junioren-Nationalmannschaften.

Ich bewerte nicht die Strategie anderer Klubs. Aber unsere Ausrichtung hat uns geholfen, dass wir heute Spieler in unseren Reihen haben, die wir vor zehn Jahren nicht bekommen hätten. Eduard Löwen ist zum Beispiel ein Spieler, der andere Möglichkeiten hatte und sich für uns entschieden hat. Da profitieren wir natürlich davon, dass andere Vereine weniger Perspektive für junge, deutsche Spieler bieten können.


U21-Bundestrainer Stefan Kuntz hat zuletzt im t-online.de-Interview angemerkt, dass in seinem neuen Jahrgang nur drei, vier Spieler einen Stammplatz in ihren Vereinen haben. Das ist auch eine Folge davon, dass oft die Talente aus dem Ausland den Vorzug erhalten.

Als die Mannschaft, die jetzt Vize-U21-Europameister geworden ist, am Anfang zusammenkam, waren auch nur wenige Spieler bei ihren Teams in der Stammelf. Die haben dann mit der Zeit immer mehr Einsätze bekommen. So wird es auch beim neuen Jahrgang sein. Die Bundesliga ist diesbezüglich weiter als die italienische Liga, wo die Klubs ihre jungen Spieler so gut wie gar nicht einsetzen. Der deutsche Fußball ist da auch weiter als der spanische und erst recht weiter als der englische. Überall dort gibt es fantastische Spieler, doch Einsatzzeiten wie in der Bundesliga gibt es keine. Das ist auch der Grund, warum die Bundesliga-Vereine den ein oder anderen Jungen nach Deutschland bekommen.

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Gibt es aber nicht gerade in England eine Trendwende?

Es hat ein Umdenken dort stattgefunden, was bitternötig war. Die englischen Nationalmannschaften sind auch jahrelang der Musik hinterhergelaufen. Diese Teams profitieren jetzt von ihrer verbesserten Ausbildung. Aber es ist immer noch die Liga mit dem meisten Geld und wenn die Vereine vor der Entscheidung stehen, einen Top-Star zu kaufen oder auf ein junges Talent zu setzen, dann wählen sie meist das Investment.

Eine Trendwende gibt es aber auch in der Jugendarbeit des DFB. Die Resultate mancher U-Mannschaften sowie der A-Nationalelf waren der Auslöser dafür.

Jogi Löw ist der Bundestrainer, der wie kein Zweiter davon profitieren konnte, dass in den letzten Jahren in der ersten und zweiten Liga hervorragender Nachwuchs ausgebildet wurde. Das hat natürlich mit den Nachwuchsleistungszentren zu tun. Aber auch im Erfolg muss das eigene System hinterfragt werden und in dieser Phase steckt der deutsche Fußball jetzt. Das betrifft aber nicht nur die Spieler, sondern auch die Trainer. Wir müssen mehr in die Ausbildung unserer Trainer investieren.

Stefan Kuntz hat auch erwähnt, dass die soziale Herkunft eine entscheidende Rolle spielt. Viele Talente aus Frankreich oder England, die den Weg in die Bundesliga finden, kommen aus schwierigen Verhältnissen und haben eine Mentalität entwickelt, niemals aufzugeben. Auch in einer Stadt wie Berlin gibt es einige Talente, die es nicht immer leicht hatten. Hat Hertha in dem Punkt einen Vorteil gegenüber Vereinen aus Städten wie Mainz, München oder Stuttgart?

Wir leben in einer wahnsinnig großen Stadt, dazu kommen noch Millionen Menschen aus Brandenburg. Die Konkurrenz durch andere Vereine ist im Nordosten nicht so groß. In extrem dicht besiedelten Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen ist die Situation eine andere. Ich glaube, das ist einer unserer größten Vorteile. Aber es ist natürlich so, dass sozial schwächer gestellte Kinder schon in sehr jungen Jahren versuchen mussten, sich durchzusetzen und zu kämpfen. Aber es gibt genauso viele Spieler aus einem wohlbehüteten Elternhaus, die es geschafft haben. Für uns kommt es mehr darauf an, sich wirklich mit jedem Spieler individuell auseinanderzusetzen.

Ein Beispiel für einen Spieler, der es aus schwierigen Verhältnissen in Berlin nach oben geschafft hat, ist Kevin-Prince Boateng. Man liest immer wieder von Fans, die sich eine Rückkehr von ihm oder seinem Bruder Jerome wünschen. Was sagen Sie dazu?

Das sind Jungs, die international einen enormen Stellenwert haben. Jerome Boateng ist der prominenteste Vertreter, der alles erreicht hat, was man erreichen kann. Da sind wir stolz und freuen uns, dass ein Berliner Junge, den wir ausgebildet haben, es so weit gebracht hat. Für uns ist es aber eher generell wichtig, unsere Spieler zu begleiten und sowohl Spieler als auch Klub aufs nächste Level zu heben.

Sie setzen in der Jugendarbeit stark auf Ex-Profis. Aktuell sind beispielsweise Zecke Neuendorf, Malik Fathi und Sofian Chahed dort beschäftigt. Könnten Sie sich vorstellen, dass die Boatengs womöglich in einer solchen Rolle bei Hertha arbeiten?

Ausschließen will ich es nicht. Aber aktuell stellt sich die Frage noch nicht, da beide noch viele Jahre Fußball spielen werden. Ich weiß auch nicht, worauf sie nach ihrer Karriere Lust haben. Aber unser Verein steht wie kein zweiter dafür, ehemalige Spieler zu integrieren. Das ist ein Weg, den wir auch in Zukunft weiter gehen werden. Ob uns das irgendwann mit Jerome oder Kevin zusammenführt, kann ich nicht sagen.

Ein großes Zukunftsthema bei Hertha ist das Stadion. Zwischen Politik und Verein hakt es sei einiger Zeit. Würden Sie im Nachhinein etwas anders machen, wenn Sie könnten?

Wir würden uns eine andere Unterstützung der Politik wünschen. Das ist das, was in erster Linie fehlt. Wir haben den besten Standort in Berlin gefunden und der ist auf dem Olympiagelände. Wir wollen das reine Fußballstadion neben dem Olympiastadion. Ein neues Stadion ist essenziell für die Zukunftssicherung unseres Klubs. Wir sind aber auch weiter offen für andere Vorschläge, sofern sie produktiv sind.

Sie haben klar gesagt, dass Sie den Vertrag als Mieter des Olympiastadions nicht verlängern wollen. 2025 soll das neue Stadion stehen. Es sieht aber aktuell nicht so aus, als würde es in den nächsten Wochen zu einer Einigung zwischen Verein und Politik kommen. Langsam läuft Ihnen die Zeit davon…

Noch sind wir im Zeitplan, aber der wird enger, da haben Sie recht. Wir intensivieren die Gespräche und suchen Lösungen. Es wird bald zu dem Punkt kommen, an dem eine Entscheidung fallen muss. Die aktuelle Positionierung der CDU in Berlin pro Stadion und beispielsweise auch die Petition, die ein Fan initiiert hat, stimmen uns optimistisch, dass die Politik bald reagieren muss. Die nächsten sechs Monate werden spannend. Da wird Druck aufs Gleis kommen.

Kommen wir zu Ihnen. Sie arbeiten seit über 15 Jahren bei Hertha, sind seit rund zehn Jahren Geschäftsführer Sport. Das ist heutzutage eine lange Zeit, bei der einige Kollegen oder Trainer eine Auszeit nehmen würden. Brauchen Sie keine Pause?

Pause (grinst). Bisher habe ich nicht das Gefühl, eine zu brauchen. Wir haben aktuell so viele spannende Themen bei Hertha BSC, die mich motivieren und antreiben. Da kommen mir solche Gedanken gar nicht.

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