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Mauerfall: Weltmeister Benedikt Höwedes über das 30-jährige Jubiläum


30 Jahre Mauerfall
Hört auf mit dem "bösen Russen"

MeinungEine Kolumne von Benedikt Höwedes

Aktualisiert am 07.11.2019Lesedauer: 3 Min.
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Der sowjetische Boxer Ivan Drago, gespielt von Dolph Ludgren, Hauptbösewicht im "Rocky IV": Wir sollten aufhören Russen nur als Bösewichte darzustellen, findet t-online.de-Kolumnist Benedikt Höwedes.Vergrößern des Bildes
Der sowjetische Boxer Ivan Drago, gespielt von Dolph Ludgren, Hauptbösewicht im "Rocky IV": Wir sollten aufhören Russen nur als Bösewichte darzustellen, findet t-online.de-Kolumnist Benedikt Höwedes. (Quelle: imago-images-bilder)

Weshalb muss ich als Profisportler nur über meinen Beruf sprechen? Diese Frage hat sich Benedikt Höwedes gestellt. Mit seiner Kolumne auf t-online.de möchte der Fußballweltmeister andere Wege gehen. Das heutige Thema: Das 30-jährige Jubiläum des Mauerfalls.

Am 9. November jährt sich zum 30. Mal der Mauerfall in Berlin. Anders als viele Millionen Mitbürger in unserem Land erinnere ich mich nicht an die historischen Bilder, die jubelnden Menschen, die auf der Berliner Mauer feierten: Als Einjähriger war ich zu klein, um die Bilder im Westfernsehen in Haltern am See zu verstehen. Heute, 30 Jahre später, habe ich im Osten meinen einjährigen Sohn im Arm. Moskau ist für mich seit etwas mehr als einem Jahr mein Arbeitsplatz, und ohne den Fall der Mauer könnte ich wohl kaum unweit des Kremls Fußball spielen.

Das Ende des Kalten Krieges, die Montagsdemonstrationen, der Fall der Mauer – vieles wird in diesen Tagen wieder deutschlandweit auf großes Interesse stoßen, wenn wir an die positivsten Tage der deutschen Nachkriegsgeschichte erinnert werden. Eine Zeit, in der die Aussage "Wir sind das Volk" eindeutig positiv besetzt war.

Der Frust der Gegenwart

Doch aktuell ist die Situation zweifelsfrei eine andere: Denn wo Helmut Kohl einst blühende Landschaften versprach, blühen momentan am stärksten die nationalen, ja rechtsradikalen Kräfte der AfD. Es ist die Angst vor der Zukunft und Überfremdung sowie der Frust der Gegenwart, welche die Menschen vor Ort Sorgen auf die Stirn und Wut in die Feder diktieren: In den sozialen Netzwerken und bei den Wahlen. Egal ob in Sachsen, Brandenburg oder Thüringen.

Doch welche Mitschuld haben wir "Besser-Wessis", wie wir immer mal wieder von unseren ostdeutschen Mitbürgern genannt werden? Welche Schuld tragen die Medien? Und warum gelingt es uns nicht, die positiven Einheitsgeschichten zu erzählen? Es hat viel mit uns als Land zu tun. Mit uns Deutschen, die zum Perfektionismus streben und dabei den Spaß am Leben vergessen. Menschen, die sich nie mit etwas zufriedengeben und schon neidisch zum Nachbarn schauen, wenn dieser ein neues Auto besitzt.

Wie würden Sie sich fühlen?

Tugenden, die im Osten übrigens genauso ausgeprägt sind wie im Westen. Da sind wir längst eins ... Das ist etwas, was mir mit etwas Abstand von Russland aus aufgefallen ist: Die ständigen Vergleiche zwischen Ost und West. Die Unterschiede bei der Rente und dem Gehalt. Die ewigen Statistiken zwischen alten und neuen Bundesländern. Erlauben Sie mir eine Frage: Wie würden Sie sich fühlen, wenn Ihnen täglich vorgehalten wird, dass Sie noch nicht auf dem Niveau der "Wessis" sind?

Wenn wir es wirklich ernst meinen, dann darf es keine Ost-West-Vergleiche mehr geben, sondern nur noch gemeinsame Statistiken oder maximale Betrachtungen auf Bundesländer-Niveau. Dann müsste es für jeden Ost-West-Vergleich auch einen Nord-Süd-Vergleich geben. Denn wenn wir ehrlich sind, hat der Bayer mit dem Norddeutschen genauso wenig zu tun, wie der Sachse mit dem Saarländer. Vielleicht sogar noch weniger. Lassen Sie uns doch diese Vergleiche aufzeigen und jedesmal mit Nord-Süd-Vergleichen antworten, wenn jemand sich dieses Ost-West-Klischees bedient.

Ost gegen West, oder James Bond gegen den bösen Russen

Oder gehen wir noch einen Schritt weiter: Selbst die amerikanische Filmindustrie hat uns jahrzehntelang erklärt, dass der Russe immer der Böse ist. In jedem Film mit James Bond und Rocky haben wir mit den West-Kräften mitgefiebert und uns gewünscht, dass die Gegner aus dem Osten besiegt werden. Wäre es nicht – wenn wir über Gleichberechtigung, Diversity und Frauenquoten reden – auch an der Zeit, dass wir mit diesen alten Klischees aufräumen?


Gemeinsam haben wir schon eine Mauer zu Fall gebracht. Es liegt an uns allen, dass wir nun auch noch die in den Köpfen einreißen. Höchste Zeit, wenn wir nicht nur ein Land einen möchten, sondern auch diejenigen, die darin leben: Mehr als 80 Millionen Bundesbürger.

Ihnen allen eine geografisch unbelastete Woche.

Ihr Benedikt Höwedes

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