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Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic: "Großen Namen könnten insolvent gehen"


Frankfurt-Sportvorstand
Bobic warnt: "Klubs mit großen Namen könnten insolvent gehen"

  • Melanie Muschong
InterviewVon Melanie Muschong, Robert Hiersemann

Aktualisiert am 12.09.2020Lesedauer: 5 Min.
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Fredi Bobic: Der Sportvorstand der Eintracht hat im Interview mit t-online.de über die kommende Saison gesprochen.Vergrößern des Bildes
Fredi Bobic: Der Sportvorstand der Eintracht hat im Interview mit t-online.de über die kommende Saison gesprochen. (Quelle: Martin Hoffmann/imago-images-bilder)

Der Macher von Eintracht Frankfurt spricht über die Herausforderungen der neuen Saison, die Folgen der Corona-Krise – und mögliche Veränderungen.

Wem Fredi Bobic durch das Magische Dreieck des VfB Stuttgart kein Begriff ist, kennt ihn wahrscheinlich als Sportvorstand von Eintracht Frankfurt. Der frühere Mittelstürmer, der zusammen mit Giovane Elber und Krassimir Balakov im Stuttgarter Offensiv-Trio gefürchtet wurde, hat den hessischen Klub wieder in die Erfolgsspur geführt.

Seit 2016 managt der Ex-DFB-Nationalspieler die Frankfurter, hat Spieler wie Ante Rebic, Luka Jovic, Kevin-Prince Boateng und Filip Kostic zum Klub geholt. Im Interview mit t-online erzählt Bobic von den Herausforderungen der aktuellen Zeit, einer Fußballregel, die er gerne ändern würde – und von Whirlpool und Bier nach seinen Spielen früher.

t-online: Herr Bobic, viele Menschen sagen aktuell, dass ihr Interesse an der Bundesliga durch die vergangenen Monate in der Corona-Krise gesunken ist. Wie nehmen Sie das wahr?

Fredi Bobic (48): Ich habe Verständnis dafür, weil ich das selbst auch manchmal spüre. Du ertappst dich dabei, dass du die Spiele nicht so intensiv, konzentriert oder mit weniger Herzblut verfolgst, weil die Stimmung im Stadion fehlt.

Liegt es wirklich nur an den leeren Stadien?

Die Sehnsucht nach vollen Stadien ist nach der langen Pause und der Rückrunde ohne Zuschauer groß. Die Fans möchten zurück in die Arenen, um die Spiele auch wieder zu erleben.

Gibt es auch Vorteile von leeren Stadien – vielleicht für die Profifußballer?

Der ein oder andere Spieler hat sich schwer getan, weil die Stimmung, die von den Rängen kommt, gefehlt hat. Das Spiel hat sich dadurch einen Tick verändert, weil der Druck von außen nicht mehr existiert. Das Spiel ist dadurch aber schöner geworden – aus technischer und taktischer Sicht – weil der Druck auf die Spieler geringer ist. Trotzdem möchte ich auch wieder hektische Situationen auf dem Spielfeld erleben, weil die Stimmung im Stadion überschwappt.

Schauen Sie doch mal in die Zukunft: das Jahr 2025. Was wird der Profifußball aus der Corona-Krise gelernt haben?

Der Transfermarkt wird sich etwas normalisieren, auch wenn immer viel Geld im Fußball sein wird. Ich glaube aber, die Vereine werden vorsichtiger. Denn jetzt sehen sie, was passieren kann. Die Spieler werden vielleicht auch dankbarer dafür sein, wenn sie bei einem Verein unter Vertrag stehen, der das Gehalt zahlen kann. Ich rede von der breiten Masse der Profifußballer, nicht von der Top-Elite. Einen Millionenmarkt für Spieler wie Sané, Havertz, Werner wird es immer geben. Aber mal abgesehen von diesen Stars der Branche: Es wird künftig mehr arbeitslose Profifußballer geben.

Ist die breite Masse im Profifußball also überbezahlt?

Wenn der Kuchen immer größer wird, dann profitiert davon eben auch die Mitte. Und das ist nicht nur in der Bundesliga so, sondern auch in der zweiten und dritten Liga. Viele Profis spielen eine Gehaltsklasse zu hoch für ihre fußballerische Qualität.

Wird das Gefälle zwischen den einzelnen Ligen zukünftig noch größer?

Je länger die Pandemie andauert, desto spannender wird es. Klubs mit großen Namen könnten insolvent gehen.

Inwiefern hat sich ihr Job bei Eintracht Frankfurt durch die Krise verändert?

Es gibt gefühlt mehr Spieler-Tauschgeschäfte zwischen Vereinen, weil das Geld für Ablösen nicht mehr so locker sitzt. Es erinnert mich aktuell ein bisschen an meine Schulzeit: Damals, als wir Panini-Bilder tauschten (lacht). Aktuell arbeite ich beispielsweise an ungefähr acht Personalien, und jede davon ist kompliziert. Es ist anstrengender als sonst.

Die Corona-Krise erschwert aktuell vieles. Doch auch schon zuvor lief im Profifußball nicht alles rund. Was würden Sie an Ihrem Sport verändern, wenn Sie es könnten?

Ich würde mir wünschen, dass es eine Reglementierung bezüglich der Profigehälter gibt. Stichwort Gehaltsobergrenze. Denn es würde vieles vereinfachen, weil man genau wüsste, dass ein 21-Jähriger nur bis zu einer bestimmten Summe verdienen darf. Auch die Provisionsbasis der Spielerberater würde ich gesetzlich verankern. Aber ich glaube nicht, dass das funktioniert.

Warum nicht?

Weil das nur der Gesetzgeber umsetzen kann und ein Verband das alleine nicht schafft. Außerdem würde man sich gegenüber anderen Verbänden selbst schwächen.

Nun steht erstmal die neue Bundesliga-Saison vor der Tür. Was erwarten Sie von der Spielzeit?

Zunächst einmal können wir stolz darauf sein, was wir mit dem Re-Start geschafft haben. Wir sind weltweit gefeiert worden, nachdem wir zuvor bespuckt wurden. Wir haben unseren Wirtschaftszweig zurück auf die Straße bekommen und versuchen, mit unseren Konzepten Vorbild zu sein, sodass diese auch für andere Sportarten und ganz andere Bereiche übernommen werden können.

Was glauben Sie: Spielen wir in dieser Saison in der Bundesliga noch vor vollen Zuschauerrängen?

Ich hoffe, dass es möglich ist, und dass wir die Angst davor verlieren. Realistisch ist es aber nicht. Doch ich bin überzeugt davon, dass wir mehr als 50 Prozent Auslastung in den Arenen hinbekommen können. Aber wenn wir auf den garantierten Impfstoff warten und darauf, dass alle durchgeimpft sind, dann spielen wir die nächsten zwei bis drei Jahre nicht vor Zuschauern.

Es könnte so kommen.

Ja. Die vor uns liegende Saison wird die mit Abstand anspruchsvollste überhaupt. Es wird aber auch interessant und spannend. Wir werden Mannschaften haben, die durch ganz Europa fliegen. Doch dürfen sie dann auch wieder direkt in der Heimat arbeiten oder müssen sie in Quarantäne? Gefühlt ist doch die ganze Welt ein Risikogebiet.

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Was passiert mit den deutschen Vereinen, wenn es noch eine Saison vor leeren Rängen gibt?

Dann werden wir stark angeschlagene Vereine haben, das Interesse am Fußball würde geringer werden.

Wie haben eigentlich Ihre Fußballer bei der Eintracht die vergangenen Monate erlebt?

Wir hatten zu mutige Spieler, die alles wegdiskutiert haben, und wiederum auch sehr vorsichtige Profis. Es gibt auch im Fußball die unterschiedlichsten Typen. Aber allgemein waren Profifußballer weltweit in den vergangenen Monaten – so mein Eindruck – sehr diszipliniert.

Aktuell kommen immer wieder neue krude Verschwörungstheorien auf, die im Internet frei zugänglich sind. Wie schützen Sie Ihre Spieler davor?

Unsere Mitarbeiter des Social-Media-Bereichs bei Eintracht Frankfurt sprechen viel mit unseren Spielern und weisen sie auch auf Dinge hin. Wir tracken unsere Profis, um zu schauen, was sie in die Welt hinaustragen. Wenn es in eine bestimmte Richtung geht, dann gibt es auch mal ein Gespräch. Das gehört zu unserer Sorgfaltspflicht. Ich persönlich bin aber froh, dass ich aus einer anderen Generation komme. Ich rate Spielern auch, einfach mal das Handy auszuschalten und den gesunden Menschenverstand zu aktivieren.

Wären Sie als Profifußballer, wenn Sie heute noch spielen würden, glücklich?

Das weiß ich nicht. Die Spieler heute erleben Glück vielleicht anders als wir früher. Wir haben uns nach dem Spiel in der Kabine in den Whirpool gesetzt und ein Bierchen getrunken, oder eine Zigarette geraucht. Das war unsere Art, den Druck zu verarbeiten. Heute sitzen die Jungs in der Kabine, schauen auf ihr Handy und reden kaum miteinander. Das Handy-Tippen scheint ihre Art der Entspannung zu sein.

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