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Moritz Volz: Darum ist der FC Arsenal das Nonplusultra


Vergleich mit der Bundesliga
Moritz Volz: Darum ist der FC Arsenal das Nonplusultra

19.03.2015Lesedauer: 8 Min.
Moritz Volz spielte für den FC Arsenal, den FC Fulham und war für kurze Zeit an Ipswich Town ausgeliehen.Vergrößern des BildesMoritz Volz spielte für den FC Arsenal, den FC Fulham und war für kurze Zeit an Ipswich Town ausgeliehen. (Quelle: MIS/imago-images-bilder)
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In keiner Liga der Welt kursiert mehr Geld als in der englischen Premier League. Dennoch ist das Mutterland des Fußballs das zweite Mal innerhalb von drei Jahren nicht im Viertelfinale der Champions League vertreten. Was der Faszination auf der Welt für den Fußball auf der Insel keinen Abbruch tut. Im Gegenteil. Ein neuer gigantischer TV-Vertrag unterstrich erst kürzlich die Ausnahmestellung, die der englische Fußball im europäischen Vergleich einnimmt.

t-online.de sprach mit einem, der den englischen Fußball so kennt wie kaum ein anderer deutscher Kicker. Er war "Unser Mann in London", spielte als Jugendlicher für den FC Arsenal, um später beim FC Fulham Karriere zu machen. Heute läuft Moritz Volz für den TSV 1860 München auf. Im Herzen wird der 32-jährige Rechtsverteidiger aber immer ein Gunner bleiben.

t-online.de: Herr Volz, wie haben Sie das Aus der englischen Klubs in der Champions League wahrgenommen?
Moritz Volz: Das Aus unterstreicht eine enttäuschende Saison der Premier-League-Klubs in der Königsklasse. Englische Vereine tun sich im K.o.-System aus irgendeinem Grunde schwerer. Grundsätzlich ist es aber keine Schande gegen Top-Vereine aus Spanien oder Frankreich auszuscheiden. Zumal diese in den letzten Jahren ja ähnlich viel in ihre Kader investiert haben.

Ihr FC Arsenal ist jetzt schon zum fünften Mal in Folge im Achtelfinale gescheitert. Gehört es als Fan der Gunners dazu, leidensfähig zu sein?
Es war und ist in den letzten Jahren immer wieder frustrierend, AFC-Fan zu sein. Trotzdem halte ich mit ganzer Kraft an Arsenal fest und bin überzeugt, dass es keinen besseren Fußballverein gibt, mit besseren Idealen, mit einer besseren Spielausrichtung, mit einem besseren Manager. Ich bin mit 16 Jahren zu Arsenal gegangen. Ich bin dort zum Mann geworden, es war meine erste Zeit im Ausland. Das ist tief in mir verankert. Dieses Arsenal-Denken hat sich in dieser Zeit eingebrannt. Das Streben nach dem Maximalen. Für mich ist Arsenal das Nonplusultra.

Sie hatten zu dieser Zeit auch noch die Möglichkeit, im altehrwürdigen Highbury zu spielen.
Ja. Ich bin ein großer Fan alter Stadien. Ich mag die Nostalgie, die der Fußball an solchen Orten mitbringt. Meine ersten Fußballerfahrungen waren eben nicht in Multifunktionsarenen wie auf Schalke oder im Emirates heute bei Arsenal. Ich werde nie vergessen, wie ich das erste Mal am Highbury vorgefahren bin und mich gefragt habe: Warum halten wir denn hier? Ich sehe nur Reihenhäuser. Müssen wir noch ne Oma abholen? Dann steige ich aus und sehe mitten in diesem Wohnviertel das Stadion. Am Eingang grüßt mich der alte Zeugwart Pat. Zeugwart ist eigentlich übertrieben. Er war die Verkörperung des Vereins. Ein Zeichen der Loyalität einem alten irischen Haudegen gegenüber, der da als Hausmeister fungiert hat. Treue bis zum Tod. Und dann der Rasen, den du nicht mal als angehende Neuverpflichtung betreten darfst, weil der heilig ist und jeder Grashalm gleich lang ist. Zum Glück durfte ich dort spielen.

Welcher Spieler war für Sie dort das große Idol?
Oh, es gab so viele. Zunächst einmal Tony Adams. Tony Adams ist Mister Arsenal. Born and bred in London. Tony Adams ist der Inbegriff für Sicherheit, Überzeugung, Leadership. Es gab nichts schöneres als ein Aufwärmprogramm von Tony anzuschauen, wie er sich dann auch noch die Shorts beim Dehnen hochgezogen hat, damit seine Beine noch länger und massiver erscheinen und jedem Gegenspieler das Zeichen geben sollten: An diesen Beinen kommst du nicht vorbei. Der vorher schon die Fans eingestimmt hat, die Fans gefeiert hat, sich aber auch definitiv selbst hat feiern lassen. Ein Dennis Bergkamp, der kaum was gesprochen hat, aber unglaublichen Humor besaß, der im Sturm eine Präsenz dargestellt hat wie kein anderer. Körperlich hat er nie den Anschein gemacht, war aber einer der stärksten Spieler, die ich je gesehen habe. Von seinen technischen Fähigkeiten möchte ich gar nicht sprechen. Oder ein Thierry Henry, der sich im Training teilweise nicht die Schnürsenkel zumachen musste und trotzdem mit einer Leichtigkeit an seinen Gegenspielern, unter anderem an mir, vorbeigegangen ist. Im Vollsprint hatte der noch immer eine Eleganz wie kaum ein anderer. Zu Recht eine absolute Legende. Da verlässt er Arsenal, kommt als Leihspieler zurück, schießt wieder ein Tor und freut sich darüber nicht einfach nur als Spieler. Er war in dieser Situation schon viel mehr Fan des Vereins und konnte gar nicht fassen, dieses Gefühl noch einmal zu erleben.

Klingt, als ob Sie selbst davon träumen, dass Ihnen wiederfährt, was Henry erlebt hat.
Definitiv. Alleine noch mal für Arsenal aufzulaufen... Der Gedanke daran gibt mir Gänsehaut.

Wann waren Sie das letzte Mal in London?
Das war zum Boxing Day 2014. Da habe ich Arsenal gegen QPR angeschaut. Ein typischer Fußballtag in England. Regen, kalt, Fish & Chips. Das ist einfach das ultimative Fußballerlebnis. Und ich habe sogar ein gutes Maskottchen abgegeben, weil Arsenal gewonnen hat und dann auch Fulham.

Was macht Fußball in England so außergewöhnlich?
Du kannst im Stadion die Augen schließen und zuhören. Die Zuschauer verraten dir, was auf dem Spielfeld passiert. Wenn die Leute aufspringen, hörst du die Sitzklappen zurückschlagen, das Raunen der Menge. Das habe ich auch schon als Spieler so empfunden. Wenn wir an der Anfield Road gegen Liverpool gespielt haben und dann die Reds auf die Kop Stands gespielt haben, da hättest du die Luft bei uns im eigenen Strafraum anzünden können. Da haben wir um unser Leben verteidigt und bei jeder Ecke lag eine brutale Anspannung in der Luft.

Und wie ist es für Sie heute, wenn Sie auf der Tribüne sitzen und Teil der Menge sind, die aufspringt und raunt?
Diese Momente geben mir das Bewusstsein zurück, was man anstellen kann auf dem Fußballplatz: mitreißen, die Menschen beflügelt nach hause zu schicken nach einem euphorisierenden Spiel, in dem man alles auf dem Platz gelassen hat, was man körperlich zu leisten im Stande war. Vieles ist abhängig vom Erfolg, vom Ergebnis. Aber es gibt eben auch den Punkt, etwas Höheres zu vermitteln. Wir Fußballer wollen etwas verkörpern, uns befreien vom reinen Ergebnisspiel, sondern auch in ein Spiel gehen und sagen: Die Fans kommen, um uns anzuschauen. Also lasst uns schauen, dass wir jeden einzelnen nach Hause schicken mit dem Gefühl: Ob Sieg oder Niederlage, ich habe das Spiel gerne angeschaut und werde deshalb nächste Woche wieder hingehen.

Fußball als Unterhaltung.
Ganz genau. Das macht auch einen Unterschied zwischen England und Deutschland aus. Die Erwartung, mit der die Menschen ins Stadion gehen, ist verschieden. Klar will jeder seine Mannschaft gewinnen sehen und jeder geht betrübt nach Hause, wenn es nicht so war. Aber die Art und Weise kann eben einen großen Unterschied machen. Wenn man aufopfernd gespielt hat, alles gegeben hat und auf eine positive Art und aktive Art und Weise das Spiel gestaltet hat, kann man, davon bin ich überzeugt, die Zuschauer auch mit dem Gefühl nach Hause schicken, dass sie zumindest die richtige Art Fußball gesehen haben, die sie sich wünschen.

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Gibt es denn nur eine richtige Art Fußball zu spielen?
Wenn es darum geht, alles zu geben, dann finde ich ja, definitiv. Taktisch ist das natürlich etwas anderes. Wenn man alleine bedenkt, wie verschieden man meine Position als Außenverteidiger interpretiert werden kann. Da habe ich wohl schon alles gespielt in meiner Karriere. Leider habe ich auch ein einziges Mal in meinem Leben Innenverteidiger gespielt...

Das klingt nach dem Beginn einer spannenden Story.
(lacht) Ja, das hat böse geendet, ausgerechnet am Weihnachtstag. Nicht einmal eine Halbzeit ging das gut. Wir haben mit Fulham an der White Hard Lane gegen Tottenham gespielt. Ich bin reingekommen nach dem Seitenwechsel, aus irgendeinem bizarren Grund als Innenverteidiger. Relativ früh habe ich einen Zweikampf falsch kalkuliert und Gelb gesehen. Und dann musste ich kurz vor Schluss noch einmal klären, sonst wäre es heikel geworden. Gelb-Rot und ein sehr kurzer Arbeitstag. Übrigens mein einziger Platzverweis in meiner Karriere.

Dann reden wir doch besser wieder über Taktiken.
Gerne.

Sie sind mit 16 zum FC Arsenal gegangen...
...und bin dort aufgewachsen mit der Erwartung, dass du überwiegend im Ballbesitz bist, den Gegner laufen lässt, schnell und einfach spielst, als Außenverteidiger viel Zug nach vorne hast und das Spiel groß, breit machst und vertikal spielst. Das war der Arsenal-Weg, und ist er heute noch. Der Fulham-Weg war dann ganz anders ausgelegt. Wir waren in den meisten Spielen Außenseiter. Als „quirky little Fulham“ („skurriles, kleines Fulham“) im Craven Cottage wollten wir etwas Besonderes darstellen. Und das ist uns auch ganz gut gelungen.

Dort haben Sie unter dem heutigen Nationaltrainer Englands, Roy Hodgson, gespielt.
Erst hatten wir Chris Coleman, der seine erste Trainerstation hatte. Dann Lawrie Sanchez, der in England für viele ein Begriff ist, weil er mit der „crazy gang“ aus Wimbledon gegen Liverpool den FA-Cup gewonnen und als Nationaltrainer mit Nordirland zwar nicht viel erreicht, aber gegen Spanien und England gewonnen hat. Und dann hatten wir Roy Hodgson, genau. Ein sehr vom italienischen Fußball geprägter Trainer, bei dem viele Trainingseinheiten taktisch geprägt waren, weniger von Freiheit und Kreativität, sondern von Ordnung und Abstimmung. Er hat Spiele immer und immer wieder im Kopf durchgespielt, was sehr untypisch für englische Trainer war, weil englischer Fußball eigentlich stark von Emotionen geprägt ist. Vom Rausgehen und Attackieren, Eins-gegen-Eins-Situation suchen.

Was nimmt man von so einer Zeit im Ausland mit, wenn man wieder nach Deutschland zurückkehrt?
Wie wichtig es ist, dass ältere Spieler den jüngeren Spielern helfen. Ich habe selbst als junger Spieler das erste Mal weg von zuhause extrem davon profitiert, wenn mich ein älterer Spieler an die Hand oder in den Arm genommen hat. Im Spiel wie auch neben dem Platz. Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie wichtig das ist, wie viel Sicherheit das einem geben kann, wie einen das beflügeln kann. Ich habe auch gesehen, wie es falsch gemacht werden kann, wie nur Druck ausgeübt wird, und das dann hemmend wirken kann.

Mit 32 Jahren gehören Sie selbst jetzt zu den erfahrenen Spielern. Ihr Vertrag beim TSV 1860 München läuft im Sommer aus. Wie geht es für Sie weiter?
Ich brenne für diesen Sport, ich mache nichts lieber als rauszugehen und mich auf dem Platz auszupowern, alles draußen zu lassen. Diesen Wettkampf, sich jede Woche aufs neue zu messen, liebe ich. Was im Sommer kommt, wird daher das Resultat dessen sein, was bis dahin passiert. Ich bin mir der Lage vollkommen bewusst und das macht mir keine Angst. Ich lebe für den Sport, liebe den Fußball und werde das noch viele Jahre machen mit voller Begeisterung und mit viel Qualität, die ich anzubieten habe. Ich wünsche mir nur, dass ich gesund bleibe. Dann werde ich noch viele Jahre guten Fußball spielen.

Hätten Sie Lust noch mal nach England zu gehen?
Auf jeden Fall auch, ja.

Das Interview führte Marc L. Merten

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