Bayerns Startelf schon fix Blitzstart zurück in die Zukunft

Der FC Bayern präsentiert sich beim Test gegen Tottenham in erstaunlicher Frühform. Für einen DFB-Star, der außen vor bleibt, bedeutet das nichts Gutes.
Aus München berichtet Julian Buhl
Nach seinem Traumtor zum zwischenzeitlichen 3:0 in der 75. Spielminute hatte Lennart Karl es sich bei seinem Sitzjubel noch lässig mit verschränkten Armen auf der Bande vor der Südkurve gemütlich gemacht – und dabei frech in die Kameras gegrinst. Nach dem 4:0-Sieg im Testspiel des FC Bayern gegen Tottenham Hotspur und ohne die Endorphine, die unmittelbar nach seinem Linksschuss in den Winkel noch durch seinen Körper rauschten, war der 17 Jahre alte Teenager dann etwas schüchterner.
Die Anhänger feierten die vorm Fanblock aufgereihte Mannschaft und riefen ihr immer wieder "Super-Bayern" entgegen. Als einer seiner jungen Teamkollegen Karl nach vorne schubste, um ihm noch mal einen Sonderapplaus verschaffen, grinste Karl nur verlegen und ging lieber wieder schnell zurück in die Reihe.
- Reizthema beim FC Bayern: Der Frust wird immer größer
- Transfergipfel am Tegernsee geplatzt: Damit hat Bayern nicht gerechnet
- Bayerns Campus-Boss schwärmt bei t-online: "Er ist von uns unverhinderbar"
Im Mittelpunkt stand er an diesem Abend aber trotzdem. Und mit seiner starken Leistung sinnbildlich für das, was am Donnerstag in der Münchner Arena zu beobachten war: eine erste kleine Machtdemonstration, die aus Sicht des Rekordmeisters auf eine vielversprechende Zukunft hoffen lässt. Karl, der als eines der größten Zukunftsversprechen der Nachwuchsakademie des FC Bayern gilt, untermauerte dabei seine Ambitionen, schon in dieser Saison dabei eine Rolle zu spielen.
Bayern mit Blitzstart zurück in der Zukunft
Da war er aber längst nicht der Einzige. Auch sein 18 Jahre alter Teamkollege aus der U19 des FC Bayern, Jonah Kusi-Asare, machte mit einem Traumtor zum Endstand auf sich aufmerksam. Der Stürmer traf quasi genau spiegelverkehrt mit dem rechten Fuß in den rechten Torwinkel auf nahezu identische Art und Weise wie Karl (80.). Zuvor hatte Routinier Kingsley Coman nicht weniger sehenswert und ebenfalls in Arjen-Robben-Manier per Schlenzer in den linken Torwinkel getroffen (61.), nachdem Harry Kane die Münchner bereits früh in Führung geschossen hatte (12.).
Nach gerade einmal drei Wochen Kurzurlaub im Anschluss an die Klub-WM ist der FC Bayern so auch dank seiner Jungstars blitzartig und mit bemerkenswerter Frühform zurück in die Zukunft gestartet. Über 67 Minuten testete Cheftrainer Vincent Kompany dabei seine momentan erste und beste Elf. Und die hinterließ bereits einen derart guten sowie eingespielten Eindruck, dass sie damit sogar den Belgier erstaunte.
"Es war ein bisschen überraschend, dass die Jungs heute schon so eine Leistung bringen, das hatte ich so noch nicht zwingend erwartet", sagte der Coach. "Man hat normalerweise das Gefühl, dass man fünf, sechs Wochen braucht. Aber wir hatten nur fünf richtige Einheiten – und dass die Jungs dann so spielen, mit dieser Intensität, das hat Spaß gemacht." Gleichzeitig mahnte Kompany: "Aber wir müssen ruhig bleiben, haben noch viel Arbeit vor uns."
"Wir haben ein viel besseres Fundament"
Konrad Laimer erklärte den bayerischen Blitzstart folgendermaßen: "Ich glaube, wir sind viel weiter als letztes Jahr, haben ein viel besseres Fundament", sagte der Österreicher. Das sei nach nun zwölf Monaten auch verständlich, weil man in dieser Zeit "mit der Idee, mit dem Trainer und dem Großteil der Mannschaft zusammengearbeitet" habe. "Viele wissen einfach, wie wir spielen wollen. Jeder weiß, was seine Rolle ist – defensiv wie offensiv."
Das war bei dem laut Laimer "guten Test nach gefühlt einer Woche Training" bereits deutlich zu erkennen. Und das ist aus Sicht der Bayern auch notwendig. Denn die Zeit drängt bereits. "Es ist eine kurze Vorbereitung, in einer guten Woche geht es schon um den ersten Titel", sagte Laimer mit Blick auf das Supercup-Duell des deutschen Meisters am 16. August bei Pokalsieger VfB Stuttgart. "Für uns gibt's jetzt keine Freundschaftsspiele", befand der Rechtsverteidiger deshalb. Dass die Bayern sofort Ernst machen, war gegen Tottenham nicht zu übersehen.
Kompany hat seine Startelf schon gefunden
Kompany hat seine Startelf für den Saisonauftakt jedenfalls bereits gefunden. Coman untermauerte nicht nur mit seinem Traumtreffer seinen Platz darin und bekam für seine insgesamt starke Leistung von t-online die Note 1. Der Franzose hat das Startelf-Duell mit Serge Gnabry spätestens damit endgültig für sich entschieden. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass DFB-Star Gnabry, der die Partie aufgrund leichter muskulärer Beschwerden nur auf der Tribüne verfolgen konnte, nun vorerst eine Reservistenrolle droht.
Das gilt auch für den Portugiesen Raphaël Guerreiro, der auf der Linksverteidigerposition vorerst das Nachsehen hinter Josip Stanišić hat.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Neuzugang Jonathan Tah hatte sich bereits bei der Klub-WM in der Innenverteidigung an der Seite von Dayot Upamecano festgespielt und Min-jae Kim dort verdrängt. Daran dürfte sich auch so schnell nichts mehr ändern. Tah ist mit seinen souveränen Leistungen schließlich auf dem besten Weg dahin, Bayerns neuer Abwehrchef zu werden.
Palhinha erlebt Debakel bei Rückkehr
Michael Olise, der im ersten Test gegen Lyon (2:0) beide Treffer erzielt hatte, bestätigte auch gegen Tottenham seine beeindruckende Frühform. Im zentralen offensiven Mittelfeld macht er das Fehlen von Jamal Musiala (Schienbeinbruch) zumindest für den Moment vergessen.
Im zentralen Mittelfeld ist Leon Goretzka weiter an der Seite von Joshua Kimmich gesetzt. Wie schnell sich die Zeiten beim FC Bayern manchmal ändern. Vor einem Jahr galt Goretzka nach der Verpflichtung von João Palhinha schließlich noch als Verkaufskandidat, der deshalb sogar mehrfach von Kompany aus dem Kader gestrichen wurde. Gegen Tottenham entschied Goretzka nach dem teaminternen Zweikampf der vergangenen Monate nun aber auch das direkte Duell mit Palhinha für sich.
Der Portugiese kehrte nur vier Tage nach seinem Wechsel auf Leihbasis zu Tottenham in die Allianz Arena zurück und stand direkt in der Startelf. In der 15. Minute verursachte er dabei mit einem ungestümen Einsteigen gegen Stanišić einen Elfmeter. Mit seinem auch insgesamt unglücklichen Auftritt dürfte Palhinha die Bayern-Bosse in ihrer Entscheidung gegen ihn und für eine Trennung nach nur einem Jahr bestätigt haben.
Der erst 20 Jahre alte Jungstar Mathys Tel wurde nach seinem mittlerweile festen Wechsel nach Tottenham vor der Partie noch einmal offiziell vom FC Bayern verabschiedet. Aber auch er konnte nach seiner Rückkehr mit den "Spurs" nach München nach seiner Einwechslung in der zweiten Halbzeit keine großen Akzente setzen. Ohne Tel und Palhinha erlebten die Münchner am Donnerstagabend jedenfalls einen vielversprechenden Start in die Zukunft.
- Reporter vor Ort in der Allianz Arena
- Mixed-Zone-Gespräch mit Konrad Laimer
- Aussagen von Vincent Kompany bei der Pressekonferenz