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FC Liverpool gegen Barca: Spezialtrainer Grönnemark erklärt Reds Strategie


Klopps Einwurftrainer
"Bei Einwürfen ist Liverpool Weltklasse"

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InterviewVon Alexander Kohne

Aktualisiert am 07.05.2019Lesedauer: 6 Min.
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Arbeiten seit Juli 2018 zusammen: Einwurftrainer Thomas Grönnemark (r.) und Liverpool-Chefcoach Jürgen Klopp.Vergrößern des Bildes
Arbeiten seit Juli 2018 zusammen: Einwurftrainer Thomas Grönnemark (r.) und Liverpool-Chefcoach Jürgen Klopp. (Quelle: Grönnemark)

Thomas Grönnemark ist Europas erster Einwurftrainer. Er arbeitet unter anderem bei Jürgen Klopps FC Liverpool. Vor dem Champions-League-Kracher gegen Barca erklärt er, wie die Reds die Katalanen mit Einwürfen überlisten wollen.

Ob als Fußballer, Sprinter oder Anschieber im Bob: Thomas Grönnemark ist schon immer unkonventionelle Wege gegangen. Der Däne ist Europas erster Einwurf-Coach – und arbeitet in dieser Funktion unter anderem bei Jürgen Klopps FC Liverpool. Vor dem zweiten Champions-League-Halbfinale gegen den FC Barcelona (ab 21 Uhr im Liveticker von t-online.de, Hinspiel 0:3) erklärt Grönnemark, wie man den Katalanen bei Einwürfen zusetzen kann – und warum man diese überhaupt gesondert trainieren sollte.

t-online.de: Herr Grönnemark, wie zufrieden waren Sie mit Liverpools Einwürfen beim Hinspiel in Barcelona?

Thomas Grönnemark: Darauf möchte ich vor dem Rückspiel heute nicht detailliert eingehen. Generell ist aber zu sagen, dass – trotz der Niederlage – sehr viele Dinge sehr gut gelaufen sind. Natürlich bin ich nicht glücklich mit dem Resultat, aber das Spiel war dennoch fast perfekt – die Jungs haben nur die Chancen nicht genutzt. Man hat im Camp Nou selten ein Team mit so viel Ballbesitz gesehen.

Sie sind Europas erster und einziger Einwurftrainer. Warum muss man Einwürfe überhaupt spezifisch trainieren?

Weil es während eines durchschnittlichen Fußballspiels etwa 40 bis 50 Einwürfe gibt – bei Liverpool teilweise sogar 60. Das ist eine Menge – und kann Spiele stark beeinflussen. Im Champions-League-Achtelfinalhinspiel konnte unser Gegner Bayern München beispielsweise nur nach 28 Prozent seiner Einwürfe den Ballbesitz aufrechterhalten. Wir sind im Vergleich dazu immerhin auf 65 Prozent gekommen. Das ist ein ganz deutlicher Unterschied.

Waren die Einwürfe gegen Bayern mitentscheidend dafür, dass Liverpool weitergekommen ist?

Ja, natürlich. Im Grunde ist das ganz einfach (lacht): Wenn Du den Ball nach einem Einwurf behältst, hast Du Kontrolle über das Spiel und kannst ein Tor machen. Wenn Du den Ball beim Einwurf aber andauernd verlierst, hast Du keine Kontrolle und der Gegner kann ein Tor machen. In Liverpool kommen wir normalerweise auf 75 bis 100 Prozent Ballbesitz nach eigenem Einwurf. Bei anderen Teams liegt die Ballbesitzquote nach Einwürfen im Durchschnitt bei unter 50 Prozent. Das zeigt: Die meisten Klubs – sogar im Top-Bereich – haben keine wirkliche Einwurftaktik. Viele werfen einfach irgendwie ein und hoffen danach, den Ball irgendwie zu halten.

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Aus meiner Sicht gibt es bei Einwürfen das größte Verbesserungspotenzial im weltweiten Fußball. Bei den meisten Vereinen ist das Niveau einfach sehr schlecht. Da ist es doch Wahnsinn, Einwürfe nicht speziell zu trainieren. Wir sind außerdem viel zu wenig für sensibilisiert für das Thema. Wenn ein Spieler nach einem Einwurf den Ball verliert, sagen die Kommentatoren meistens nichts. Wenn er dagegen nach einem Pass den Ball verliert, wird das meistens kritisiert. Man hat also akzeptiert, dass man nach Einwürfen den Ball häufig verliert.

Was macht einen guten Einwurf aus?

Das kommt natürlich auf die Situation an. Ich unterscheide drei Komponenten: Den schnellen, weiten und klugen Einwurf. Beim ersten geht es darum, den Ball schnell ins Spiel zu bringen, beispielsweise um einen Konter einzuleiten; beim zweiten geht es darum, den Ball weit zu werfen um ein möglichst großes Areal auf dem Platz abzudecken und möglichst viele Mitspieler zu erreichen; beim dritten geht es darum, präzise und taktisch einzuwerfen und so Räume zu schaffen um beispielsweise Ruhe ins Spiel zu bringen.

Was ist beim Einwerfen denn besonders wichtig?

Da gibt es etwa 30 bis 40 unterschiedliche Komponenten. Im Detail möchte ich nicht darauf eingehen. Das bleibt mein Geheimnis (lacht). Wenn ich es aber auf die drei wichtigsten herunterbrechen sollte, wären das folgende: Erstens ist eine gute Körperspannung wichtig. Da spielen Sachen wie Ballgriff, Ellenbogenhaltung oder Fußstellung hinein. Zweitens geht es um die Position, in der der Ball über der Linie die Hände verlässt: Da ist natürlich die Kraft wichtig. Und dann wäre da drittens der Anlauf. Viele Spieler machen einen kleinen Hüpfer vor dem Abwurf, wodurch viel Schwung verloren geht.

Was machen die meisten Spieler falsch?

Es ist schwer, zu verallgemeinern. Wenn man beispielsweise zu hoch einwirft, ist das für die Verteidiger und vor allem auch den Torhüter meistens leichter zu verteidigen. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass die Spieler einfach alle flacher einwerfen sollen – und dann wird alles gut. Sie müssen eben auch richtig einwerfen. Und da wären wir wieder bei den oben erwähnten 30 bis 40 Einwurfkomponenten. Und dafür ist Training essenziell. Als ich im Juli 2018 angefangen habe, mit Liverpool zu trainieren, war das Team bei Einwürfen schlecht. Mittlerweile ist es – meiner Meinung nach – Weltklasse. Aber dafür haben wir hart gearbeitet.

Wie sieht das Training aus?

Zum Start im vergangenen Juli haben wir mit 21 Spielern erstmal an der Einwurfweite gearbeitet. Da ging es um die Bewegung an sich. Danach wurde es spezifischer – auch in Richtung Präzision und Technik. Und mittlerweile geht es auch darum, wann man den Einwurf schnell ausführen sollte und wann es besser ist, etwas zu warten. Manchmal trainiere ich auch speziell mit den Außenverteidigern, weil sie – aufgrund ihrer Position – besonders oft einwerfen müssen. Mittlerweile bin ich etwa eine Woche pro Monat in Liverpool. Neben dem Training auf dem Platz gibt es auch Videoanalysen. Außerdem mache ich zu jedem Spiel eine spezifische Einwurfanalyse und schicke diese an Jürgen Klopp und sein Team.

Wer ist der beste Einwerfer beim FC Liverpool, wer der beste der Welt?

Am weitesten bei Liverpool wirft Joe Gomez. Sein Rekord liegt bei 37,20 Metern. Joe beherrscht aber auch schnelle, taktische Einwürfe. Leider war er mehrere Monate verletzt und muss seine Form wiederfinden. Aber insgesamt würde ich ihn da schon nennen – nicht nur, weil er im Länderspiel zwischen England und Kroatien im November ein Tor per Einwurf vorbereitet hat. Richtig gut ist auch Kian Hansen vom FC Midtjylland. Der hat mit 30 Metern angefangen, aber seine Einwürfe waren sehr hoch und hatten keine hohe Qualität. Durch mein Training liegt er mittlerweile bei 36,70 Metern – und seine Einwürfe sind viel gefährlicher als vorher. In den letzten drei Spielzeiten hat der so rund 30 Tore eingeleitet.

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Sie halten mit 51,33 Metern den Einwurf-Weltrekord. Dabei haben Sie vor dem Abwerfen einen Salto gemacht. Wann dürfen die Fans das bei Joe Gomez und Co. erwarten?

Das werden wir erstmal nicht sehen – weil es nicht so einfach ist und vor allem mit einem hohen Verletzungsrisiko einhergeht. Deshalb werden wir das mit dem Salto-Einwurf erstmals lassen (lacht).

Wie wird man überhaupt Einwurfcoach?

Das war ein langer Weg (lacht). Ich habe selbst etwa 18 Jahre Fußball gespielt – in der A-Jugend sogar in der höchsten dänischen Liga. Zum Profi hat es aber nicht gereicht, auch wenn ich sehr schnell war. Deshalb bin ich zur Leichtathletik gewechselt, bin 100, 200 und 400 Meter gelaufen und war mehrmals dänischer Meister, in der Nationalmannschaft und mit meinem Verein über 4x400-Meter sogar Europameister. 2002 bin ich dann zum Bobfahren gekommen und war auch da als Anschieber im dänischen Nationalteam.

2004 habe ich dann begonnen, mich für Einwürfe zu interessieren. Und da ich in der Bibliothek keine Bücher dazu gefunden habe, habe ich selbst sechs Monate intensiv trainiert und mir das Thema erschlossen. Dann habe ich beim dänischen Erstligisten Viborg angefragt, ob Interesse an Einwurftraining besteht. Das war der Fall und seitdem arbeite ich als Einwurfcoach – in dieser Saison bei Liverpool, zwei dänischen und zwei belgischen Klubs. Auch RB Leipzig aus der Bundesliga habe ich schon geholfen. Und ich freue mich immer, wenn neue Klubs dazukommen.

Wie sind Sie denn überhaupt zu Liverpool gekommen?

Das war etwas speziell. Ich war mit meiner Familie im Urlaub unterwegs. Da haben wir an einem Schokoladengeschäft angehalten und ich hatte mein Handy im Auto liegen gelassen. In der Zeit hat eine 0044-Nummer angerufen – und ich dachte erst, irgendwer aus England will mir Kugelschreiber oder sowas verkaufen (lacht).


Später stellte sich heraus, dass es Jürgen Klopp war. Er hatte in einem Artikel über mich in der deutschen Presse gelesen. So kam der Kontakt zustande.

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