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Von Messi zum Gladbach-Flop: Der Niedergang des FC Barcelona


Von Messi zum Gladbach-Flog
Der einzigartige Niedergang des FC Barcelona

  • Dominik Sliskovic
Von Dominik Sliskovic

Aktualisiert am 14.09.2021Lesedauer: 4 Min.
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Luuk de Jong: Der frühere Gladbach-Stürmer ist eines der vielen Gesichter, die für den Absturz des FC Barcelona stehen.Vergrößern des Bildes
Luuk de Jong: Der frühere Gladbach-Stürmer ist eines der vielen Gesichter, die für den Absturz des FC Barcelona stehen. (Quelle: Cordon Press/Miguelez Sports/imago-images-bilder)

Der FC Barcelona galt jahrelang als das Nonplusultra des Weltfußballs. Dann brachte ein Mann den Verein an den Rand des Abgrunds. Doch nun gibt es für die Fans einen Hoffnungsschimmer.

Hörten oder lasen Fußballfans zwischen 2006 und 2015 diese elf Buchstaben, war Gänsehaut vorprogrammiert: FC Barcelona. Der Klub aus Katalonien war während dieser zehnjährigen Ära weltweit stilprägend, und zwar in allen Belangen. Tiki-Taka, Més que un club – das waren nicht nur selbstgewählte Losungen, sondern eine allumgreifende Philosophie, die Barça in eine historische Reihe der besten Offensivteams aller Zeiten, mit Rinus Michels' Totaal-Voeetbal-Ajax der 70er-Jahre und Arrigo Sacchis Michelangelo-Milan der späten 80er- und frühen 90er-Jahre, stellte.

Fragt man – vor allem deutsche – Fußballfans vor dem Champions-League-Duell gegen den FC Bayern am Dienstag (ab 21 Uhr, im Liveticker bei t-online) nach dem FC Barcelona, sind Jérôme Boatengs Po-Plumpser beim Versuch, Lionel Messi beim Tempodribbling zu stören (2015) oder Barças 4:0-Machtdemonstration im Champions-League-Viertelfinale 2009 gegen die Münchner höchstens noch langsam verblassende Erinnerungen.

Wie die Inkompetenz eines Mannes Barça in den Abgrund riss

Omnipräsent ist nämlich vor allem die verheerende 2:8-Blamage gegen den deutschen Rekordmeister im Viertelfinale der Königsklasse 2020. Dabei war die Demontage in der Corona-stillen Nacht von Lissabon nicht der Beginn, sondern der offensichtliche Nachweis für den Niedergang des glorreichen FC Barcelona.

Schon vor der schicksalshaften Pleite gegen die Münchner rumorte es gewaltig im Innenleben Barças. Grund hierfür war vor allem Präsident Josep Maria Bartomeu. Der Geschäftsmann, der die Geschicke des mitgliedergeführten Klubs seit 2015 lenkte, wurde auch von Führungsspielern wie Lionel Messi und Gerard Pique für seine fehlende sportliche Kompetenz und seine wenig umsichtige Transferpolitik kritisiert.

Bartomeu blähte Barças Kader zu einem überbezahlten, überdimensionierten Ungetüm auf. Die drei Rekordtransfers der Katalanen – Philippe Coutinho (2018 für 135 Millionen Euro vom Liverpool gekommen), Ousmane Dembélé (2017 für 135 Millionen Euro vom BVB gekommen), Antoine Griezmann (2019 für 120 Millionen Euro von Atlético Madrid gekommen) – wurden alle in seiner Präsidentschaft verpflichtet. Keiner von ihnen spielt 2021/22 noch eine Rolle: Griezmann spielt längst wieder bei Atlético, Coutinho und Dembélé sind in den Planungen von Trainer Ronald Koeman nicht existent.

Gehaltskosten übersteigen die kompletten Einnahmen Barcelonas

Doch nicht nur die unter Bartomeu gezahlten Ablösesummen, sondern vor allem die unter ihm ausgehandelten Verträge zerbrechen seinem Nachfolger Joan Laporta aktuell den Kopf. Barças Gehaltskosten betrugen vor Ende der letzten Transferperiode nach Auskunft des neuen Präsidenten 103 Prozent (!) der Klubeinnahmen – unter anderem, weil Spielern teils irrwitzige Prämien ausgezahlt wurden. So erhielt etwa Griezmann einen Bonus von 2,5 Millionen Euro pro Saison für 60 Prozent der Einsätze. Auch deshalb konnte Laporta seine Freude nicht verbergen, als der französische Stürmer Barcelona Ende August wieder Richtung Madrid verließ.

Bartomeu war neben den Finanzen auch für die Außendarstellung der Katalanen verheerend. Weil er durch das ständige Murren von Messi, Pique und Co. einen Machtverlust befürchtete, beauftragte der Patron eine Kommunikationsagentur damit, die Starspieler durch Postings in sozialen Medien zu diskreditieren und seine eigene Vereinsführung zu stärken. Der dilettantische Plan flog auf, die Welt schüttelte verstört den Kopf über "Barçagate", Bartomeu wurde als Präsident geschasst und von der Polizei in Handschellen abgeführt.

Den heftigsten aller Tiefschläge musste Barcelona jedoch erst zum Ende der vergangenen Transferperiode einstecken, als der Klub seine alles überstrahlende Identifikationsfigur verlor: Lionel Messi erklärte in einer skurrilen wie bewegenden Pressekonferenz unter Tränen seinen Abschied.

Ein Gladbach-Flop als Messi-Ersatz

Und auch diese Episode im Niedergang des FC Barcelona hängt mit Bartomeu zusammen. Denn er war es, der Messi mit einem auf 555 Millionen Euro dotierten und bis Sommer 2021 datierten Vierjahresvertrag ausstattete. Zwar gelang es seinem unter Sparzwang leidenden Nachfolger Laporta, Messi von einem neuen Kontrakt zu um 50 Prozent gesenkten Konditionen – dem Maximum an in der spanischen Liga zulässigen Gehaltskürzungen – zu überzeugen, doch die Liga-Leitung machte dem Plan einen Strich durch die Rechnung. Nach nervenaufreibenden Tagen unterschrieb Messi beim durch den katarischen Staatsfond alimentierten französischen Erstligisten Paris Saint-Germain, während Laporta nahezu zeitgleich kreidebleich auf einer historischen Pressekonferenz bekanntgab, dass der FC Barcelona mit mehr als 1,3 Milliarden Euro verschuldet sei.

Dass die Uhren im Camp Nou nun anders ticken, wurde den Fans spätestens am Deadline Day, dem letzten Tag des Transferfensters, klar. Da präsentierte Barça den etatmäßigen Ersatz für den eigentlich unersetzlichen Messi: Luuk de Jong. Der 31-jährige Mittelstürmer, der Bundesliga-Fans noch als Gladbacher Rekordtransfer-Flop (nur acht Pflichtspieltore in eineinhalb Spielzeiten für die Fohlen) bekannt sein dürfte, kam vom FC Sevilla.

Trainer Koeman, der de Jong noch aus seiner Zeit als niederländischer Nationaltrainer kennt, bemühte sich sogleich, den Neuzugang als "Stürmer, wie ihn Barça noch nie hatte" zu preisen – auch wenn die Frage bleibt, wie Koeman hinsichtlich de Jongs mickriger vier Tore in 34 La-Liga-Partien in der vergangenen Saison zu einer solchen Einschätzung kommt.

Teenager als Hoffnung auf bessere Zeiten im Camp Nou

Auch wenn Bartomeus Misswirtschaft dafür sorgte, dass der Marktwert des Barcelona-Kaders sich laut "Transfermarkt" von 1,2 Milliarden Euro im Jahr 2018 auf aktuell rund 670 Millionen Euro nahezu halbierte und der Klub als Außenseiter in die Königsklasse-Partie gegen den FC Bayern geht, gibt es mindestens fünf Gründe, an eine bessere Zukunft des FC Barcelona zu glauben. Sie heißen: Pedri, Ansu Fati, Yusuf Demir, Gavi und Nico Gonzalez.

Das Teenie-Quintett soll die nächste dominante Barça-Ära prägen, wie es die einstigen Nachwuchshoffnungen Sergi Busquets, Andres Iniesta, Xavi und Lionel Messi taten. Trainer Koeman hat den drei Debütanten Yusuf Demir, Gavi und Nico Gonzalez bereits zugesagt, dass er in dieser Saison auf sie bauen wird – eine Ansage, die für Dauerbrenner Pedri (73 Pflichtspiele in der vergangenen Saison) und den Nachfolger von Messis ikonischer Rückennummer 10, Ansu Fati, ohnehin gilt.

Vielleicht wird gerade diese Ansammlung unbändigen und frischen Talents Barça bereits in der laufenden Saison aus dem tiefen Tal herausführen – und womöglich mit einem Sieg über den FC Bayern ein erstes Ausrufezeichen auf diesem Weg setzen.

Verwendete Quellen
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