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"FC Bayern hat die Pflicht, sich um Florian Wirtz zu bemühen" – Thomas Helmer


Ex-München-Star vor Bundesliga-Kracher
"Bayern muss sich um ihn bemühen"

InterviewVon Julian Buhl

10.02.2024Lesedauer: 5 Min.
Interview
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Thomas Tuchel: Der Bayern-Trainer steht mit seiner Mannschaft vor einem richtungsweisenden Topspiel. (Quelle: Sven Hoppe/dpa/dpa-bilder)

Das Topspiel zwischen Leverkusen und dem FC Bayern wird mit Spannung erwartet. Thomas Helmer blickt bei t-online drauf und urteilt. Er warnt den Rekordmeister eindringlich.

So viele Punkte hatten der Tabellenführer und sein direkter Verfolger nach 20 Spieltagen noch nie in der Geschichte der Bundesliga: Leverkusen (52 Punkte) und der FC Bayern (50) liefern sich in dieser Saison einen packenden Zweikampf um die Meisterschaft und gehen Kopf an Kopf in das richtungsweisende direkte Duell am Samstagabend (18.30 Uhr im Liveticker bei t-online).

Europameister Thomas Helmer stand in seiner Karriere selbst in zahlreichen so bedeutenden Partien auf dem Feld. Im Interview mit t-online blickt der frühere Bayern-Kapitän und Dortmund-Profi auf das Kräftemessen der beiden Spitzenteams voraus.

t-online: Herr Helmer, VfB-Stürmer Deniz Undav bezeichnete Bayer Leverkusen und Stuttgart nach dem Pokalviertelfinale (3:2) als die beiden momentan besten Mannschaften der Bundesliga. Hat er Recht?

Thomas Helmer: Ich würde schon sagen, dass sich mit Leverkusen die für mich aktuell auf jeden Fall beste deutsche Mannschaft durchgesetzt hat. Die spielen schon klasse Fußball und sind jetzt der Topfavorit auf den Pokalsieg. In der Meisterschaft sollte man Bayern aber nicht vergessen.

Die Münchner (50 Punkte) liegen in der Tabelle zehn Punkte vor dem VfB und nur zwei Zähler hinter Tabellenführer Leverkusen (52).

Das ist das Frustrierende für Leverkusen. Viele sagen, dass die Bayern nicht so toll spielen, aber trotzdem haben sie wahnsinnig viele Punkte gesammelt.

Welche Erwartungen haben Sie also an das Spiel der Bayern am Samstag in Leverkusen?

Das Hinspiel war ja schon ein super Spiel. Und ich erwarte eine genauso hochklassige Partie jetzt wieder.

Leverkusen ist in allen 30 Pflichtspielen dieser Saison noch ungeschlagen. Und deshalb der Favorit?

Favorit wäre zu viel gesagt. Aber es ist eine Riesenchance. Die Konstellation erinnert mich ein bisschen an die Saison 1997/98, als wir mit Bayern damals Kaiserslautern auch die gesamte Saison über hinterhergelaufen sind. Das ist jetzt wieder ein bisschen ähnlich. Es gibt auch keinen, der sagt, dass es nicht verdient wäre, dass Leverkusen da oben steht. Kein einziges Spiel zu verlieren, ist schon der Wahnsinn. Natürlich warten jetzt alle darauf, es muss ja irgendwann mal passieren. Und die Gefahr, dass es sie jetzt am Samstag erwischt, ist natürlich trotzdem da.

Leverkusen könnte mit einem Sieg seinen Vorsprung auf fünf Punkte ausbauen. Liegt der Druck deshalb eher bei Bayern?

Ich würde nicht sagen, dass Bayern das Spiel gewinnen muss. Aber sie dürfen es sicherlich nicht verlieren.

Erwarten Sie wieder eine ähnlich defensive Taktik der Bayern, auf die Trainer Thomas Tuchel schon in Dortmund (4:0) und gegen Stuttgart (3:0) setzte? Oder wäre das möglicherweise ein Fehler?

Ich weiß gar nicht, ob Bayern das so richtig kann, abwartend zu spielen. Dass man in der Defensive kompakt stehen muss, ist aber klar. Allein Florian Wirtz macht da schon richtig Alarm. Da muss Bayern schon gut verteidigen. Das ist eine der Grundvoraussetzungen, um in Leverkusen bestehen zu können.

Wer oder was wird das Duell ansonsten entscheiden?

Leverkusen ist durchaus verwundbar. Sie haben aber eine unheimliche Moral, nicht nur, weil sie viele Spiele in den Schlussminuten gewonnen haben. Sie glauben an sich, spielen weiter. Und kreieren immer Torchancen – genau wie Bayern. Entscheidend wird sein, wer sie effizienter nutzt. Leverkusen muss vor allem auf Harry Kane, Jamal Musiala und Leroy Sané aufpassen. Das ist schon eine Mammutaufgabe. Aber wenn ihnen das gelingt, ist dem Bayern-Spiel aber schon viel genommen.

Welche Leverkusener Spieler hätten die Qualität, in ihrer aktuellen Form auch bei Bayern zu spielen?

Wer denn nicht, außer vielleicht der Torhüter? Aber ansonsten: Ob das Granit Xhaka, Exequiel Palacios oder zum Beispiel Jeremie Frimpong, der verdammt schnell ist, sind – da gibt es einige. Victor Boniface fehlt ihnen jetzt leider, dafür kommt unter anderem Edmond Tapsoba zurück. Wirtz ist für mich der beste deutsche Spieler, den wir im Moment haben. Alejandro Grimaldo ist mit seiner Schusstechnik der Wahnsinn, für mich die Überraschung der Saison, seine Freistöße sind wirklich herausragend. Die Leverkusener sind alle technisch sehr gut und sehr ballsicher. Da fällt momentan eigentlich fast keiner ab. Jonathan Tah ist total stabil, und jetzt macht er sogar noch Tore. Leverkusen ist spielerisch für mich die beste Mannschaft. Wenn man Fußballfan ist, muss einem das einfach gefallen.

Wirtz sehen Sie also auch stärker als Musiala?

Die nehmen sich da nicht viel und sind beide absolute Topspieler. Aber ich glaube, dass Wirtz sogar noch viel mehr kann, auch wenn man sich das vielleicht noch nicht vorstellen kann. Er ist wirklich unheimlich schwer zu stoppen.

Können Sie sich dieses Duo in Zukunft auch beim FC Bayern vorstellen?

Warum nicht? Bayern muss sich eigentlich um Wirtz bemühen und hat die Pflicht, die besten Spieler zu bekommen.

Auch wenn damit der nächste 100-Millionen-Euro-Transfer fällig wäre?

Damit haben sie ja keine schlechten Erfahrungen gemacht. Kane ist doch auch über jeden Zweifel erhaben.

Sind Sie verwundert darüber, dass sich im Sommer die Dortmunder nicht mehr und die Bayern offenbar gar nicht um Leverkusens Xhaka bemüht haben?

Wenn man einen Sechser sucht, muss man eigentlich auf seinen Namen kommen. Ich habe den Eindruck, dass die anderen Vereine gezögert haben, weil er schon die drei bei seinem Alter vorne stehen hat. Er hat Leverkusen gerade mit seiner Erfahrung und Klasse aber sofort weitergeholfen, ist der Kopf der Mannschaft. Da haben die anderen ein bisschen gepennt und sich nicht getraut.

Wie groß ist der Anteil von Trainer Xabi Alonso am Leverkusener Erfolg?

Vor ihm und dem, was er da macht, haben alle großen Respekt und Hochachtung. Er ist total authentisch. Ich habe zuletzt einige ehemalige Mannschaftskollegen aus Spaß gefragt, ob jemand mal einen Trainer erlebt hat, der immer noch besser Fußball spielen kann als seine Spieler. Sein Anteil am Erfolg ist riesig. Sie haben einfach auch einen sehr guten Kader zusammengestellt.

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Sehen Sie in Alonso den zukünftigen Bayern-Trainer oder doch eher den von Real Madrid oder dem FC Liverpool?

Nach dieser Saison kann er sich das fast schon aussuchen – und zwar zu Recht. Ich traue ihm aber auch zu, noch ein Jahr in Leverkusen zu bleiben. Für seine Entwicklung war dieser Schritt top. Was seinen eigenen Werdegang als Trainer angeht, war er bislang sehr clever. Ihm stehen alle Türen offen, erst recht bei den genannten großen Vereinen, für die er gespielt hat.

Tuchel wurde zuletzt von einigen Experten, vor allem von Dietmar Hamann, scharf kritisiert. Wie sehen Sie Tuchels Situation?

Unverändert eigentlich, ich sehe da jetzt keinen Unterschied. Die Sache mit Didi? Das nehme ich alles gar nicht so richtig zur Kenntnis. Tuchel steht es auch mal zu, seine Meinung zu sagen und eine Entschuldigung eben nicht anzunehmen. Ich weiß nicht, ob wir Medien das alles nicht zu groß machen. Wenn man sich schon mit so etwas auseinandersetzen muss, gibt es offenbar nicht besonders viele wirkliche Probleme.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Bayern unter Tuchel?

Das Pokalaus war bitter. In der Champions League ist alles gut, punktemäßig in der Bundesliga auch. Tuchel hat mit vielen Verletzungen zu kämpfen. Das ist keine einfache Saison für einen Trainer. Vielleicht hakt es ab und zu mal. Aber ich sehe jetzt keinen großen Grund zu meckern, dafür ist es viel zu früh. Auch das Spiel in Leverkusen wird die Meisterschaft noch nicht entscheiden.

Verwendete Quellen
  • Telefonisches Interview mit Thomas Helmer
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