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WM 2018: Doping bei der Weltmeisterschaft? Ein Geheimnis der FIFA


Stochern im Dunkeln
Doping bei der WM? Ein Geheimnis der Fifa

Von Benjamin Zurmühl, Moskau

Aktualisiert am 14.07.2018Lesedauer: 4 Min.
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Gianni Infantino: Der Fifa-Präsident sorgt nicht gerade für Aufklärung in Sachen Doping.Vergrößern des Bildes
Gianni Infantino: Der Fifa-Präsident sorgt nicht gerade für Aufklärung in Sachen Doping. (Quelle: imago-images-bilder)

Der Fall Guerrero war vor der WM in den Schlagzeilen. Während des Turniers schnüffelten russische Spieler plötzlich Ammoniak. Und was macht die Fifa? Sie befeuert die Spekulationen.

Doping im Fußball ist ein leidiges Thema. Auf der einen Seite will man sich die schönste Nebensache der Welt nicht verderben lassen, auf der anderen Seite gibt es zu viele offenen Fragen und Anhaltspunkte, die nicht verschwiegen werden sollten. Auch vor der WM 2018 war Doping wieder in den Schlagzeilen. Protagonist der Nachrichten war Paolo Guerrero, peruanischer Nationalstürmer und ehemaliger HSV-Stürmer.

Ein einziges Hin und Her

Bei einer Doping-Kontrolle im Oktober 2017 wurde eine verbotene Substanz in seinem Körper nachgewiesen. Der Stürmer wurde für ein Jahr gesperrt, sollte die WM in Russland verpassen. Guerrero legte Einspruch ein, erklärte einen südamerikanischen Tee als die Ursache. Ende Dezember halbierte die Fifa die Strafe, die WM war wieder in Sicht. Im Mai kam die nächste Wende.

Guerreros Sperre war gerade abgelaufen, da gab der Sportgerichtshof Cas einem Antrag der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada statt, die sechsmonatige Sperre zu auf 14 Monate zu verlängern. Guerrero witterte eine Verschwörung, legte erneut Einspruch ein und hatte Erfolg. Die Sperre wurde zwar nicht aufgehoben, aber ausgesetzt. Er durfte bei der WM auflaufen.

Schnüffeln bei der WM in Russland

Während des Turniers in Russland war das Thema Doping in Verbindung mit Guerrero wieder abgeflaut. Allgemein war es in der Gruppenphase ziemlich ruhig. Erst ab dem Achtelfinale kamen ernste Spekulationen auf. Grund dafür war das russische Team, bei denen Spieler dabei gesichtet wurden, wie sie an einer kleinen Flasche rochen.

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Der russische Mannschaftsarzt Eduard Bezuglow erklärte anschließend, dass es sich dabei um Ammoniak handelt. Ein legales Aufputschmittel, dass im Kraftsport weit verbreitet ist. "Es ist kein Doping", sagte Bezuglow und hat damit auch vollkommen recht. Aber es ist ein Anhaltspunkt in einem komplizierten Sachverhalt.

Jeder zehnte Spieler war gedopt

Dafür dass im Fußball gedopt wird, gibt es nämlich weitere Anhaltspunkte. Der ehemalige Fußball-Profi Lotfi El Bousidi führte vor zwei Jahren in Deutschland, Schweden und Spanien eine Umfrage unter Profi-Fußballern durch. Von den 150 Befragten gab mindestens jeder zehnte Spieler zu, gedopt zu haben. Die Dunkelziffer ist wohl noch höher, denn trotz der Anonymität muss nicht jeder ehrlich gewesen sein.

Zusätzlich können Spieler auch unwissentlich dopen. Vor allem bei Verletzungen oder der Regeneration zwischen zwei Spielen könnten ihnen Mittel verabreicht werden, die eigentlich verboten oder schwer nachweisbar sind. Warum also nicht auch bei einer WM, bei der die Spieler teilweise in vier Tagen zwei Spiele haben und in einzelnen Fällen über 120 Minuten auf dem Platz stehen müssen?

Gleiche Chancen für alle?

Um die Schuld oder Unschuld der Spieler beweisen zu können, sind transparente und unabhängige Untersuchungen nötig. Bei der WM gibt es die aber nicht. Die Fifa führt die Doping-Kontrollen selbst durch. Somit hat sie die totale Macht über die Durchführungen und Ergebnisse. Es gibt keine weitere Kontrollinstanz, die überprüfen könnte, ob das Vorgehen der Fifa richtig ist. Und die Fifa selbst behauptet natürlich, dass alles hochprofessionell und nach bestem Wissen und Gewissen gehandhabt wird.

Am Donnerstag veröffentlichte der Weltverband dazu einen Report zu den Doping-Tests bei der WM. Während der Wettbewerbs wurden demnach 626 Proben genommen. Eine Kontrolle besteht stets aus einer A- und aus einer B-Probe, weshalb man von 313 Kontrollen ausgehen muss. Nur 54 dieser 313 Kontrollen, also lediglich 17 Prozent, fanden an Nicht-Spieltagen statt. Die Urin-Kontrollen nach dem Abpfiff sind aber nicht ideal, um wirklich effektiv nach verbotenen Substanzen zu suchen. Denn gedopt wird eher in den Tagen zwischen den Spielen, nicht am Tag einer Partie.

Viele Fragen bleiben offen

Nur 54 Kontrollen aufgeteilt auf 736 Spieler* (32 Mannschaften mit je 23 Spielern) bedeutet lediglich eine Wahrscheinlichkeit von sieben Prozent pro Akteur, an einem Nicht-Spieltag überprüft zu werden. Wie die Proben anschließend ausgewertet werden, erklärte die Fifa nicht. Aber sie erläuterte, dass es eine positive Probe gab. Diese war jedoch in Ordnung, da der Spieler eine medizinische Ausnahmeregelung hatte.

Bereits ein paar Tage vorher veröffentlichte der Weltverband ein erklärendes Video mit dem Ablauf einer Doping-Kontrolle am Spieltag. Die Fifa beteuert darin, dafür sorgen zu wollen, dass somit alle Teams die gleichen Chancen bekommen und der Gewinner auch "der echte Gewinner" ist. Das Video mag zwar professionell aufgezogen sein, doch eine wirkliche Hilfe ist es nicht. Viele Fragen bleiben offen.

"Gegen den König Fußball kommt man eh nicht an"

In anderen Sportarten ist die Herangehensweise eine andere. Parallel zur Fußball-WM findet die Tour de France statt, die in Sachen Doping einen strikteren Plan durchführt. Durch zahlreiche Positiv-Proben rückte der Radsport im letzten Jahrzehnt in den Fokus, ein Umdenken war nötig. Unabhängige Organisationen überprüfen die Fahrer nicht nur nachmittags nach einer Etappe, sondern auch morgens oder abends – unangekündigt natürlich.

Ein Vielfaches im Vergleich zu den Doping-Kontrollen bei der WM. Die Handhabe im Fußball erntet von den Radsportlern viel Kritik: "In den anderen Sportarten wäre das ein Unding", sagte Marcel Kittel am ARD-Mikrofon. Tony Martin nimmt den Vergleich nur noch gleichgültig wahr: "Das macht sowieso keinen Sinn. Gegen König Fußball kommt man eh nicht an. Da wird mit anderen Spielregeln gespielt", sagte er.

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Welche Spielregeln das genau sind, bleibt ein Geheimnis der Fifa. Durch die intransparenten Untersuchungen befeuert der Fußball-Weltverband eher die Spekulationen. Wirklich etwas ändern wird sich wohl vorerst nichts. Dafür ist die Macht des Sports doch zu groß.

*: Inklusive Nikola Kalinic, der bei der kroatischen Mannschaft nach dem ersten Spieltag das Team verlassen musste.

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