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DFB-Team: Joshua Kimmich braucht eine Pause – das wäre sein größter Fehler


Kritik an Joshua Kimmich
Das hätte er besser gelassen

  • David Digili
MeinungVon David Digili

Aktualisiert am 18.06.2023Lesedauer: 3 Min.
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Joshua Kimmich: Bundestrainer Flick hat ihm keinen Gefallen getan. (Quelle: Marc Schueler/imago-images-bilder)

Bundestrainer Hansi Flick setzt sich mit Nachdruck für Joshua Kimmich ein. Keine gute Idee – denn nun sind alle beschädigt.

Es mussten schon die ganz Großen des Sports sein, die Bundestrainer Hansi Flick zum Vergleich mit seinem zuletzt in Nationalmannschaft und Verein ins Straucheln geratenen Spieler Joshua Kimmich bemühte.

Und so waren es zwei NBA-Legenden, die der 58-Jährige heranzog: "Diese Mentalität, die er hat, die hat Kobe Bryant gehabt, die hat Michael Jordan gehabt", pries Flick am Freitag auf der Pressekonferenz vor dem Länderspiel gegen Polen seinen Mittelfeldspieler an, dessen sportliche und charakterliche Qualitäten mit zunehmender Vehemenz öffentlich infrage gestellt werden.

Nur um seinen Kobe Bryant, seinen Michael Jordan, dann einen Tag später zehn Minuten vor Schluss auszuwechseln. Als Mannschaftskapitän. Beim Stand von 0:1, in einer Druckphase der DFB-Elf.

Der Bundestrainer nimmt seinen "Mentalitätsspieler" lieber raus

Wer erinnert sich nicht, wie der legendäre Basketballtrainer Phil Jackson zu den großen Zeiten der Chicago Bulls Mitte der 90er-Jahre Jordan regelmäßig in entscheidenden Spielphasen aus der Partie nahm? Wie "Air" von der Bank aus zusah, während seine Teamkollegen noch den Spielstand drehten? Wie Jackson dann später um die Jahrtausendwende bei den Los Angeles Lakers Kobe regelmäßig zum Statisten degradierte, wenn es eng wurde?

Die Antwort: Niemand. Sowohl Jordan als auch Bryant sind über ihren Sport hinweg zu Beispielen für Siegeswillen und Kampfgeist geworden, galten als vom Erfolgshunger Getriebene, die gerade in der "Crunchtime", also der Schlussphase eines Spiels, noch über sich hinauswuchsen und ihr ganzes Team tragen und auch mitreißen konnten. "Mentalitätsspieler" heißt das heute.

Der gewiefte Jackson ließ seine Granden so lange auf dem Court, wie diese es wollten. Der Bundestrainer wechselt seinen Mentalitätsspieler dagegen lieber aus, bevor es wichtig wird.

Sein "Guardiola-Moment"

In seinem Bestreben, Kimmich vor einer öffentlichen Demontage zu bewahren, hat Flick seinen Mittelfeldstrategen lieber selbst öffentlich demontiert. Er hat ihm keinen Gefallen getan, als er sich zu dem verqueren Vergleich mit den NBA-Legenden verstieg. Mehr noch: Er hat ihm zusätzlich geschadet.

Vielleicht war das auch Flicks Guardiola-Moment – zu Bayern-Zeiten schwärmte der Katalane, er "hätte gerne tausend Dantes" – kurze Zeit später war der Verteidiger weg. Nun trat der Bundestrainer leidenschaftlich für Kimmich ein – um ihn im nächsten Spiel direkt auszuwechseln. Der im Tagesrhythmus vollzogene Zickzack-Kurs sagt viel aus. Über Flicks Vertrauen in Kimmich. Über den Wert einer Lobhudelei aus dem Mund des Bundestrainers, aktuell auf Ramschniveau. Und auch über dessen Gespür für die richtige Problemlösung – oder besser: über den beängstigenden Mangel an Gespür.

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Und Kimmich ist statt aus dem Fokus noch weiter in dessen Zentrum gerückt. Jede Bewegung, jede Regung, jeder Satz des 28-Jährigen wird aktuell analysiert.

Kimmich bietet weiter Angriffsfläche

Der Gedanke drängt sich auf: Kimmich braucht eine Pause. Sie kann ihm nur guttun, ist vielleicht sogar dringend nötig. Insgesamt 100 Pflichtspiele hat er in den vergangenen beiden Jahren für die Bayern und die Nationalelf absolviert, und es finden sich durchaus Argumente, ihm eine gewisse Überspieltheit zu attestieren.

Denn er bietet auch weiter offensichtliche Angriffsfläche. So wie bei seinem katastrophalen Fehler gegen Polen in der 61. Minute, als er mit einem schlimmen Fehlpass den starken Debütanten Malick Thiaw zu einem Verzweiflungsfoul zwang, das ihm dazu auch noch eine Gelbe Karte einbrachte. Schon zuvor hatte Kimmich – trotz einiger starker Offensivaktionen – gerade in der Abwehr immer wieder einige potenziell fatale Wackler drin.

Um dann nach der Partie in bräsigem Tonfall in vielen Worten nichts zu sagen. Klartext wäre angebrachter gewesen. Vielleicht ist an Kimmich eben kein messerscharfer, fesselnder Rhetoriker verloren gegangen. Das ist nicht schlimm, solange seine Worte im Team ankommen.

In der öffentlichen Erregung aber wird nun in Frage gestellt, ob er denn vielleicht doch kein Mentalitätsspieler, kein Führungsspieler – und auch kein Kobe Bryant oder Michael Jordan ist. Es liegt nun an ihm, in einer kritischen Phase seiner Karriere diesen Eindruck zu entkräften und wieder konstant die Leistungen zu zeigen, die ihn beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft über Jahre zur Stütze gemacht haben.

Sonst bleibt der Eindruck bestehen. Und das wäre der größte Fehler.

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