Sport Tschechien hat viel Kredit verspielt
Man soll die Feste bekanntlich feiern wie sie fallen. Doch die tschechischen Nationalspieler übertrieben es dabei. Auf dem Rückflug vom erfolgreich absolvierten Relegations-Rückspiel in Montenegro sollen sich die Kicker bei einer feuchtfröhlichen Party sogar die Anzüge gegenseitig vom Leib gerissen haben. Folge: Umgerechnet 80.000 Strafe für das Team, das sich zumindest für sein Verhalten entschuldigte. Mit den Partien gegen Montenegro (2:0/1:0) ging eine höchst durchwachsene EM-Qualifikation noch erfreulich zu Ende. Doch ob der aktuelle Jahrgang des nur noch 33. der FIFA-Weltrangliste zu ähnlich großen Taten fähig ist wie die große Generation um Pavel Nedved und Karel Poborsky (EM-Finale 1996, EM-Halbfinale 2004), ist sehr fraglich. Skeptisch sind auch die Fans, zum Heimspiel gegen Montenegro waren im nur 20.000 Zuschauer fassenden Stadion Letna 5000 Plätze freigeblieben.
Der Weg zur EM
Der Start in die Qualifikation war ein Desaster. 0:1 zu Hause gegen Litauen, das danach nur noch zwei Unentschieden holte. Auch danach lief es nicht glänzend, aber immerhin arbeitete sich die Mannschaft meist zu drei Punkten, wie bei den beiden 2:0-Erfolgen gegen Liechtenstein. Gold wert war im Nachhinein der Ausgleichstreffer zum 2:2 von Leverkusens Michal Kadlec per Elfmeter in der 90. Minute in Schottland. Allerdings nur, weil die längst qualifizierten Spanier am letzten Spieltag gegen die Schotten gewannen. So wurde Tschechien Zweiter und schaffte über den Umweg Montenegro den Sprung zur EM. (EM-Qualifikation Ergebnisse und Tabelle der Gruppe I)
Die Mannschaft
Tschechische Journalisten haben nachgerechnet: Rund 50 verschiedene Spieler hat Nationaltrainer Michael Bilek seit Amtsbeginn vor zwei Jahren auflaufen lassen. Er setzte vermehrt auf junge Spieler, nicht immer mit dem gewünschten Erfolg. Zudem waren Routiniers wie Stürmer Milan Baros zeitweise völlig neben der Spur. Am Ende aber riss sich die Mannschaft zusammen und zeigte gegen Montenegro Moral: "In unserem Team hat jeder für jeden gekämpft", sagt Mittelfeldspieler Tomas Rosicky.
Der Star
Er steht im Tor und trägt einen Helm: Petr Cech, seit 2004 Schlussmann des FC Chelsea. Der 29-Jährige zählt weltweit zu den besten seiner Zunft. Wie wichtig er ist, zeigte er zuletzt in Montenegro, als er dem Nationalteam den Sieg rettete. Den 80 Gramm schweren Kunststoffhelm trägt Cech seit einer schweren Kopfverletzung. Im Oktober 2006 stieß er mit einem Gegenspieler zusammen und zog sich einen Schädelbasisbruch zu. Cech war übrigens schon einmal Europameister, im Jahr 2002 mit der U21.
Der Trainer
Es wäre übertrieben zu sagen, dass die Öffentlichkeit in Tschechien Nationaltrainer Michal Bilek ins Herz geschlossen hat. Zu uninspiriert und vor allem lange Zeit zu erfolglos war sein Team in der EM-Qualifikation. Zumindest letzteres hat sich grad noch rechtzeitig geändert. Somit hat der 46-Jährige, der zunächst Co-Trainer der Nationalelf war und im Oktober 2009 Chefcoach wurde, seinen Posten erst einmal sicher. Der Onkel des in Kaiserslautern spielenden Jiri Bilek hat seine größten Erfolge mit Sparta Prag gefeiert. Mit dem Klub holte er vier nationale Meistertitel, drei als Aktiver, einen als Trainer