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Ex-NFL-Star Sebastian Vollmer: "Man sollte Colin Kaepernick applaudieren"


Ex-NFL-Star Sebastian Vollmer
"Man sollte Kaepernick applaudieren"

InterviewEin Interview von Daniel Gahn

Aktualisiert am 12.09.2018Lesedauer: 4 Min.
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Der erfolgreichste Deutsche in der NFL: Sebastian Vollmer hat ein Buch über seine Karriere veröffentlicht.Vergrößern des Bildes
Der erfolgreichste Deutsche in der NFL: Sebastian Vollmer hat ein Buch über seine Karriere veröffentlicht. (Quelle: imago-images-bilder)

Er spielte mit der Legende Tom Brady und gewann den Super Bowl: Sebastian Vollmer. Der erfolgreichste Deutsche in der NFL spricht über Football-Rebell Kaepernick – und über seinen Kampf mit dem eigenen Körper.

Am vergangenen Wochenende startete die NFL in die Saison. Einer der Besten ist wieder dabei: Tom Brady. Einer, der jahrelang an der Seite des Besten gespielt hat, ist dagegen nicht mehr auf dem Platz: Sebastian Vollmer. Der gebürtige Rheinländer spielte acht Jahre an der Seite des Star-Quarterbacks. Mit den New England Patriots holte Vollmer zwei Super-Bowl-Titel und ist damit der erfolgreichste Deutsche in der NFL.

Vollmer hat nun ein Buch über seine Karriere geschrieben, das einen Blick hinter die knallharte Kulisse des Footballs wirft: „German Champion“. Vollmer schreibt über seine Erfolge und die Schmerzen, die seine Karriere prägten. Das aktuelle Geschehen hat der 34-Jährige weiter im Blick, wie seine Einschätzungen rund um den Hymnen-Streit in den USA und die Causa Kaepernick belegen.


t-online.de: Die New England Patriots gehen mit dem 41-jährigen Quarterback Tom Brady in die Saison. Sie haben mit Anfang 30 und nach acht Spielzeiten aufgehört. Ist der körperliche Verschleiß als Spielmacher geringer als bei einem Offensive Tackle, also auf der Position, auf der Sie gespielt haben?

Sebastian Vollmer: (lacht) Es war immer meine Aufgabe, dass der Quarterback "heile" bleibt. Es liegt aber auch an der Position des Quarterbacks, der auf seiner Position nicht so oft umgehauen wird. Tom Brady ist wahrscheinlich der beste Spieler aller Zeiten, sicherlich der beste Quarterback aller Zeiten.

Am Wochenende hat die Saison in der NFL begonnen. Wer ist ihr Favorit auf den Titel?

Die Philadelphia Eagles sind für mich wieder der absolute Favorit. Die Patriots, Green Bay, Jacksonville und auch die Raiders haben meiner Ansicht nach gute Chancen. Aber grundsätzlich ist das Wichtigste immer in die Play-offs zukommen. Dann ist alles möglich.

Sebastian Vollmer wurde 1984 im nordrhein-westfälischen Kaarst geboren und begann mit 14 Jahren mit dem Football. 2009 wurde er von den New England Patriots im Spieler-Draft ausgewählt. Für das NFL-Team spielte er auf der Position des Offensive Tackle. Die Hauptaufgabe auf dieser Position besteht im Blocken des gegnerischen Verteidigers. Während seiner Karriere in den USA absolvierte Vollmer 88 Spiele für die Patriots in der NFL. 2015 trug er maßgeblich zum Gewinn des Super Bowls seines Teams bei. Zwei Jahre beendete Vollmer nach zahlreichen Verletzungen seine aktive Karriere.

Sie haben während ihrer Karriere den Gegner mit allen erlaubten Mitteln aufgehalten. Auf Außenstehende wirken die Checks mitunter brutal. Wie empfanden Sie diese Duelle?

Ich wog während meiner aktiven Zeit 150kg und meine Gegenspieler waren nicht viel leichter. Da knallt man auf jeden Fall richtig aufeinander. Der Aufprall war immer Teil meines Jobs. Auf Außenstehende wirkt das brutal, aber was das für Folgen hat, bekommen nur wenige mit. Das beschreibe ich in meinem Buch. Nach den Spielen hatte ich morgens Schmerzen und kam kaum mehr aus dem Bett oder die Treppe im eigenen Haus hinunter. Manchmal war das kaum möglich.

Wie kamen Sie überhaupt dazu, ein Buch zu schreiben?

Der Informationsfluss nach außen war während meiner Zeit bei den New England Patriots − um es nett auszudrücken − gebremst. In Deutschland gibt es einen großen Football-Boom. Ich will mit meinem Buch den Fans einen Einblick hinter die Kulissen des Footballs geben; und auf der anderen Seite wollte ich das Buch für meine Kinder schreiben. Football sind nicht nur die drei Stunden Spiel am Sonntag, es geht in dieser Sportart um viel mehr. Es gibt Schattenseiten, aber natürlich auch die wunderschönen Seiten des Sports.


Sie schildern, dass verletzte Spieler in der NFL trotzdem spielen müssen und damit ihre Gesundheit riskieren. Geht das nicht zu weit?

Ich meine, keiner wird dazu gezwungen. Aber es stimmt, ich habe es auch schon erlebt, dass Spieler bis kurz vor dem Spiel mit 40 Grad Fieber noch am Tropf hingen, um Flüssigkeit in den Körper zu bekommen. Dann stellt man sich auf den Platz und guckt, dass man wieder stehend runterkommt. Man bringt den Körper an seine Grenzen.

Wann kam ihr Körper an seine Grenzen?

Irgendwann habe ich gemerkt, dass es nicht mehr geht. Mein Körper fiel sozusagen schon auseinander. Aber nur die wenigsten Spieler können das selbst entscheiden. In den meisten Fällen trifft diese Entscheidung der Verein für den Spieler.

Lässt die NFL Spieler fallen, wenn sie nicht mehr spielen können?

Das ist leider normal. Ich vergleiche das gerne mit einem Auto, das jedes Jahr in die Werkstatt muss. Irgendwann lässt sich nichts mehr reparieren und das Auto ist einfach nur noch ein Ersatzteillager. In der NFL ist der Spieler ein kurzer Teil einer langen Geschichte.

Nach den Hymnen-Protesten (in der NFL gingen Spieler während der Nationalhymne auf die Knie, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu demonstrieren, die Red.) hat Sportartikelhersteller Nike nun Colin Kaepernick zu seinem neuen Werbeträger gemacht. Wie erlebten Sie die Proteste?

Kaepernick hat wohl am Anfang nicht damit gerechnet, dass sein Protest so hohe Wellen schlägt. Nicht nur in den USA. Hier ist das ein riesiges Thema. Es kursieren Bilder in den sozialen Medien, die Menschen zeigen, die aus Wut ihre Nike-Schuhe verbrennen. Für Nike, einen riesigen internationalen Konzern, war das wahrscheinlich ein kalkuliertes Risiko. Grundsätzlich ist es so, dass zwei Jahre nach Beginn der Proteste das Problem immer noch nicht gelöst ist.

Die Kampagne wirbt mit Kaepernick und dem Slogan “Believe in something, even if it means sacrificing everything” (auf deutsch: Glaube an etwas, auch wenn das heißt, alles andere zu opfern). Ist das im Fall Kaepernick nicht genau eingetreten?

Ja, aber auch noch mehr. Noch schlimmer für ihn ist, dass er vielleicht kein neues Team mehr findet. Er wird vielleicht nie wieder in der NFL spielen. Viele Leute glauben hier, dass er nicht mehr gut genug ist und deshalb nicht mehr spielt. Grundsätzlich sollte man Kaepernick für die Courage applaudieren.

Schlägt sich Ihrer Meinung damit der Ausrüster der NFL mit seiner Kampagne auf die Seite der „Rebellen“ ?

Danach sieht es nach außen aus. Für die Vereine und die Spieler ist die Sache jedoch kein so großes Thema. Wenn ein Spieler protestieren möchte, dann stört es im Team niemanden. Im Team sieht man sich als Familie. Manche haben vielleicht ab und zu eine andere Meinung, aber die Mannschaften stehen immer zusammen und lassen sich auch bei solchen Themen nicht spalten.

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