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Corona-Krise – Medienmanager Kay Dammholz: "Für Sportsender eine Katastrophe"


Kay Dammholz
"Für Sportsender ist die Situation eine Katastrophe"

  • Noah Platschko
InterviewVon Noah Platschko

Aktualisiert am 27.03.2020Lesedauer: 5 Min.
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Wie geht es weiter in der Fußball-Bundesliga? Die DFL will ab Mai wieder spielen. Ob das möglich sein wird, ist noch völlig offen.Vergrößern des Bildes
Wie geht es weiter in der Fußball-Bundesliga? Die DFL will ab Mai wieder spielen. Ob das möglich sein wird, ist noch völlig offen. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Von 2016 bis 2018 war er der Chef von DAZN, zuvor arbeitete Kay Dammholz jahrelang für die DFL. Im Interview mit t-online.de spricht er über die Situation der TV-Sender und Auswirkungen der Krise.

Die Sportwelt steht still. Seit Wochen ruht in den großen europäischen Fußball-Ligen der Ball. Kaum einer mag prognostizieren, wann es weitergeht. Sportler solidarisieren sich und die DFL verlängerte jüngst ihre Spielpause bis Ende April – mit der vagen Hoffnung, Anfang Mai wieder Partien auszutragen. Und zwar zur Not vor leeren Rängen.

Doch nicht nur für Ligen und Vereine, auch für TV-Sender und Streaming-Anbieter ist die Krise eine Herausforderung. Sky, DAZN und Co. haben keinen Livesport, den sie ihren Kunden anbieten können. Und auch die geplante Vergabe der Bundesligarechte ab 2021 im Mai wurde vorerst verschoben.

Einer, der sich mit Sportrechten auskennt, ist der Medienmanager Kay Dammholz. Von 2016 bis 2018 war er Managing Director Rights & Distribution bei DAZN und holte unter anderem die Champions League zum Streaming-Anbieter. Im Interview mit t-online.de spricht Dammholz über die Konsequenzen der Krise für Sportsender und ein mögliches Mini-Wirtschaftswunder.

Herr Dammholz, in einem Interview mit "Kress.de" vergangenen Sommer sagten Sie, bei Ihnen herrsche eine "freudige Nervosität" vor der Bundesliga-Rechtevergabe. Wie ist jetzt ihre Gefühlslage?

Kay Dammholz: Die gesamte Rechtevergabe tritt vor dem Gesamthintergrund der Corona-Krise natürlich zurück. Die Prioritäten sind andere.

Nun sollte eigentlich die Phase beginnen, in der die verschiedenen TV-Sender ihre Angebote abgeben. Glauben Sie, dass die aktuelle Situation den Marktpreis drücken wird?

Die Liga pausiert zwangsweise, die Fernsehsender bekommen Probleme, es kommt zum Abo-Schwund. Ich hätte mir nicht vorstellen können, wie jetzt im “War Room” der Rechteverhandlung eine testosterongeladene, euphorische Bieterstimmung entstehen soll. Ich finde es daher von der DFL sehr sinnvoll, mit dem Bieterverfahren zu warten – idealerweise bis klar ist, wann wieder gespielt werden kann. Ein Mini-Wirtschaftswunder könnte die neue Ausschreibung beflügeln.

Was bedeutet die derzeitige Krise für das Produkt Fußball – und mögliche Geisterspiele ab Mai?

Für Fernsehzuschauer sind Spiele vor leeren Rängen nicht attraktiv. Die Leute zu Hause zu bespaßen, wäre aber sicher nicht die Hauptmotivation der DFL, die Spiele vor leeren Rängen auszutragen. Es geht in erster Linie um das Finanzielle, um Fernseh- und Sponsorengelder. Die DFL würde gern ihre Verträge mit den Fernsehanbietern erfüllen und die vollen Lizenzsummen der Sender vereinnahmen.

Wie bewerten Sie das Agieren der DFL und Geschäftsführer Christian Seifert in der aktuellen Lage?

Sein Auftritt ist und war beeindruckend. Niemand mag in seiner Haut stecken und diesen immensen Druck aushalten. Ich hätte vielleicht erwartet, dass die DFL etwas früher den Spielbetrieb einstellt und sich nicht erst von anderen Ligen und Spielern sowie der Politik unter Druck setzen lassen muss. Aber ansonsten lässt sich eine so schwierige Lage gar nicht besser managen.

Besonders schwierig scheint die Lage für DAZN zu sein. Der Streaming-Anbieter verzeichnet seit der Bundesliga-Zwangspause überdurchschnittlich viele Kündigungen, musste in den vergangenen Tagen mehr als ein Viertel aller diesjährigen Kündigungen hinnehmen.

Für Sportsender ist die Situation eine Katastrophe, weil die Ware komplett wegbricht. Auch für Sky ist es sicherlich sehr schwierig, aber sie haben zumindest noch die Entertainment-Pakete, die sie für ihre Sport-Abonnenten nun aus Kulanz freischalten. DAZN hat das Problem der Monokultur:

Es gibt derzeit schlichtweg keinen Livesport und mit Archiv-Inhalten und Dokumentationen lässt sich das allenfalls marginal abfedern. Dadurch kommt das erfolgreiche Abo-Modell der monatlichen Kündigung unter Druck. Die eigentliche Stärke von DAZN entwickelt sich möglicherweise vorübergehend zum Bumerang.

Glauben Sie, dass sich das auch auf die kommende Rechteperiode auswirken wird?

Ich glaube nicht, dass eine etwaige Delle in der aktuellen Abonenntenkurve von DAZN Auswirkungen auf ihr künftiges Bieterverfahren hat. Wir gehen allesamt davon aus, dass es die Bundesliga wieder in ihrer gewohnten Form geben – und sie auch wieder boomen wird. Daher vermute ich, dass das Interesse von DAZN und anderen Bietern an den hochattraktiven und aborelevanten Bundesligarechten mittel- bis langfristig ungebrochen ist.

DAZN plante, im Laufe des Jahres 2020 in über 200 Ländern vertreten sein.

DAZN ist so finanzstark, dass sie diese Globalisierung auch trotz Corona durchziehen können. Nur: Ihr zugrundeliegendes Geschäftsmodell mit Livesport ist aktuell nicht existent, was es psychologisch schwierig machen dürfte, just in diesem Moment Vollgas zu geben und zu investieren. Die sinnvolle weltweite Expansion könnte vielleicht temporär auf Eis gelegt werden, aber in der hoffentlich bald eintretenden Normalität wird sie mit voller Kraft weitergeführt.

Gibt es auch Sportfirmen, die aus der Krise Profit schlagen können?

Der Schaden entsteht überall, speziell im Sport werden eigentlich alle gerupft. Natürlich gibt es Firmen wie die Telekom oder Sky, die entweder ein ganz anderes Hauptgeschäftsfeld neben Sport haben oder mit ihren anderen Geschäftsfeldern die Verluste aus dem Sport zumindest teilweise kompensieren können. Und bei Amazon gehen die Geschäfte sicher ohnehin durch die Decke.

Generell dürften auch inhaltlich breit aufgestellte Streaming-Anbieter wie z. B. Sky Ticket, Amazon Prime Video, Netflix und das neue Disney+ profitieren, wenn die Leute zuhause bleiben und zudem der Sport als Konkurrent um die Zuschauergunst wegfällt. Das wären – wenn man sie so nennen mag – die Gewinner in der Krise.

Inwieweit trifft die Krise auch Sie und Ihre Firma?

Mich persönlich trifft sie aktuell noch nicht so immens. Einige Projekte, die in der Pipeline waren, kommen nun vorerst nicht. Ich sehe sie aber nur als aufgeschoben an und nicht als aufgehoben. Ich versuche, die ruhige Zeit konstruktiv und kreativ zu nutzen und mich in neue Geschäftsfelder einzuarbeiten.

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Zum Beispiel?

Wir planen, internationalen Investoren den Weg in deutsche Fußballklubs zu ebnen. Da sind sehr viel Arbeit und Liebesmühe vonnöten. Diese Zeit kann ich mir aber nehmen, da das Tagesgeschäft derzeit relativ zum Erliegen gekommen ist.

Apropos Investoren: Glauben Sie, dass sich Vereine, die an den Rand ihrer Existenz kommen, dem Modell 50+1 gegenüber aufgeschlossener zeigen werden?

Ich glaube generell, dass die 50+1-Regel in ihrer aktuellen Form nicht ewig währen wird und sich Klubs zunehmend Investoren gegenüber öffnen werden. Die Krise wird das Thema vielleicht noch zusätzlich beflügeln und die Befürworter mit weiteren Argumenten versorgen. Ich bezweifle aber, dass jetzt kurzfristig Investoren versuchen werden, die finanzielle Notlage von Klubs in dieser Krise auszunutzen. Sobald alles wieder im normalen Fluss ist, sollte man sich aber dem Thema konstruktiv und ergebnisoffen nähern.

Es gibt auch Investitionsmöglichkeiten unter 50+1.

Auch durch eine Minderheitsbeteiligung eines Investors an einem Klub beispielsweise könnte Klubs neues Eigenkapital zugefügt werden. In weiteren Schritten könnte dann über eine perspektivische Mehrheitsbeteiligung gesprochen werden. Ziel sollte in meinen Augen eine kontrollierte Evolution von 50+1 sein, die das System weiterhin zu schützen vermag.

Haben die dann ohnehin schon gebeutelten Klubs überhaupt noch eine Wahl, auf Investorengelder zu verzichten?

Ich denke wie gesagt nicht, dass es darum geht, die aktuelle Schwäche der Klubs auszunutzen, sondern Investitions- und Wachstumsmöglichkeiten auszuloten. Aber lassen Sie uns jetzt erstmal miteinander hoffen, dass wir die Corona-Krise bald hinter uns lassen und in vollen Stadien wieder Spaß am Fußball haben können.

Anmerkung zur obigen Umfrage: Der "newTV-Report" wurde vom Umfrageinstitut Civey im Auftrag von "nextMedia.Hamburg" durchgeführt. Weitere Ergebnisse werden am kommenden Donnerstag veröffentlicht.

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