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Absage von Olympia 2020 ist richtig – doch ein Kritikpunkt bleibt


Keine Spiele in 2020
Die Olympia-Absage ist richtig – doch ein Kritikpunkt bleibt

MeinungVon Benjamin Zurmühl

Aktualisiert am 25.03.2020Lesedauer: 3 Min.
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IOC-Präsident Thomas Bach: Die Verschiebung der Olympischen Spiele hätte früher kommen sollen.Vergrößern des Bildes
IOC-Präsident Thomas Bach: Die Verschiebung der Olympischen Spiele hätte früher kommen sollen. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Dass in diesem Jahr Athleten aus der ganzen Welt um olympische Goldmedaillen kämpfen, damit hat in den letzten Tagen niemand mehr gerechnet. Nun folgte das tatsächliche Aus für die Spiele in Tokio. Endlich.

Die Olympischen Spiele. Das größte und vielfältigste Sportevent der Welt. Zehntausende Athleten, Betreuer und Freiwillige. Millionen von Fans vor Ort. Hunderte Millionen Zuschauer vor den TV-Bildschirmen auf der ganzen Welt. All das fällt 2020 weg. Olympia in Tokio wird erst 2021 stattfinden. Das gaben das IOC und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe bekannt.

Es ist die einzig richtige Entscheidung – doch sie hätte früher kommen müssen. Das muss sich IOC-Präsident Thomas Bach nun ankreiden lassen.

Warum die Hängepartie?

Seit mehreren Wochen ist klar, dass es keine Großveranstaltungen in naher Zukunft geben kann. Denn gegen das Coronavirus haben nicht einmal die Olympischen Spiele mit ihrer 124-jährigen Tradition eine Chance. "Es gibt für Viren quasi kein tolleres Fest als so eine Veranstaltung", machte der Virologe Prof. Alexander Kekulé vor ein paar Tagen in der ARD-Sportschau klar.

Mit seiner Meinung stand Kekulé nicht allein da. Es gibt wohl keinen seriösen Virologen, der eine Austragung in diesem Jahr für realistisch gehalten hätte. Dass Großveranstaltungen mit Zuschauern in diesem Jahr unrealistisch, wenn nicht sogar unmöglich, sind, ist schon länger klar. Die Fußball-EM wurde deshalb vor einer Woche abgesagt. Olympia noch nicht.

Warum? Was sollte also die Hängepartie von IOC und Japan? Japans Ministerpräsident Shinzo Abe sagte sogar noch am 14. März, dass man die Olympischen Spiele "ohne Probleme ausrichten" könne. Zu dem Zeitpunkt hätte es klar sein müssen, dass das ein Irrglaube ist.

Selbst wenn man völlig optimistisch glaubt, dass das Coronavirus in Tokio Ende Juli unter Kontrolle wäre, hätte es nach den Spielen wieder Tausende, wenn nicht sogar Hunderttausende Neuerkrankungen gegeben. Es wären die wohl "schlimmsten Spiele aller Zeiten" geworden, wie sie der zweifache Zehnkampf-Olympiasieger Ashton Eaton am Wochenende prognostizierte.

Ein Vergleich mit der Fußball-EM

Doch die Kritik richtet sich nicht nur an Abes Äußerung. In erster Linie richtet sich die Kritik an das IOC, den Veranstalter. Denn das IOC sollte in erster Linie die Gesundheit und das Wohlbefinden der Athleten im Blick haben, nicht das Geld. Und wer die Reaktionen der Sportler nach der Entscheidung liest, der weiß, wie groß die Erleichterung ist.

Allein, dass einzelne Verbände wie der kanadische oder der britische bekannt gaben, nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen zu wollen, wirft kein gutes Licht auf das IOC um Präsident Thomas Bach. Stellen Sie sich vor, mehrere Monate vor einer Fußball-EM würde Deutschland seine Teilnahme absagen, bevor die Uefa eine Entscheidung getroffen hat. Für das Ansehen der Uefa wäre das ein herber Schlag. So nun auch beim IOC.

Es braucht mehr als "Nullkommanull Gage"

Damit soll der finanzielle Schaden nicht heruntergespielt werden. Die Kosten, die das IOC und Japan tragen, sind enorm. Insgesamt wurden umgerechnet wohl über 20 Milliarden Euro in die Austragung investiert. Aber: Japan hat das meiste Geld in die Infrastruktur gesteckt, die zum Großteil auch den Menschen im Land dient. Zudem kommen die gebauten Arenen und Spielstätten trotzdem zum Einsatz. Nur eben ein Jahr später. Ganz für die Katz war es also nicht.

Und auch das IOC wird es verkraften können. Denn der Weltverband nagt nicht gerade am Hungertuch. An die Sportler, die eigentlich im Vordergrund stehen, geht bei den Spielen aber kein Geld. "Die Olympischen Spiele sind das größte Event, bei dem weltweit Leute begeistert zusehen und wir bekommen Nullkommanull Gage", kritisierte Speerwurf-Olympiasieger Thomas Röhler schon im Sommer 2019 bei t-online.de im Interview. "Wir Sportler ermöglichen ein Unterhaltungsprodukt, das kommerzieller kaum sein könnte." Doch vom Kommerzkuchen sehen die Athleten kein Stück auf ihrem Teller.

Sie müssen sich selbst finanzieren. Über Stipendien und Sponsoren, die jetzt wegbrechen. Dass Olympia erst in einem Jahr stattfindet, trifft sie am härtesten. "Die Fußballer verdienen über eine ganze Saison lang fast gleichbleibend Geld, die Einzelsportler vor allem in der Zeit eines Großevents. Und das bricht durch die Olympia-Verschiebung jetzt fast komplett weg", fasste die deutsche Diskus-Legende Robert Harting bei t-online.de treffend zusammen. Und er trifft einen Punkt: den gleichbleibenden Verdienst.

Ein Aspekt, den das IOC nun anpacken sollte. Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen für Leistungssportler wäre nicht nur die eigene Reputation wieder gerettet, sondern auch der finanzielle Rückschlag für die Athleten weitaus geringer. Und genau das sollte neben der Gesundheit im Interesse des IOC liegen.

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