Tennisprofis in Hotelzimmer-Isolation: "Das ist Wahnsinn"
Corona-Chaos vor den Australian Open: Zahlreiche Spieler, darunter Angelique Kerber, dĂŒrfen zwei Wochen lang ihr Hotelzimmer nicht verlassen. Viele Profis reagieren verĂ€rgert.
Ihren 33. Geburtstag hatte sich Angelique Kerber ganz anders vorgestellt. Klar, die groĂe Feier wĂ€re am Montag in Melbourne sowieso nicht drin gewesen - doch zumindest wollte Kerber ein paar BĂ€lle auf dem Tennisplatz schlagen, dazu Sonne und frische Luft im australischen Sommer tanken. Daraus wird aber lĂ€ngere Zeit nichts: Nach ihrer Einreise befindet sich die dreimalige Grand-Slam-Siegerin in strikter QuarantĂ€ne, eine vernĂŒnftige Vorbereitung auf die Australian Open (ab 8. Februar) ist kaum mehr möglich.
Chancengleichheit nicht mehr gegeben
Statt zumindest tĂ€glich fĂŒnf Stunden Ausgang fĂŒr Training und Behandlungen zu genieĂen, darf die Kielerin wie mindestens 46 weitere Profis ihr Hotelzimmer zwei Wochen lang gar nicht mehr verlassen. "Wir sind informiert worden, dass eine Person unseres Fluges einen positiven Test hatte", schrieb Kerber am Samstag bei Twitter. Neben ihrem Flug aus Abu Dhabi ist auch ein Flug aus Los Angeles betroffen. Weitere FĂ€lle sind nicht ausgeschlossen, da am Sonntag noch nicht alle Tests ausgewertet waren.
Nach Angaben des Veranstalters vom Sonntagnachmittag (MESZ) gab es am Samstag einen weiteren Flieger aus Doha mit einer positiv-getesteten Person an Bord. Die Maschine war um 5.30 Uhr Ortszeit gelandet.
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Insgesamt 58 Passagiere waren an Bord, darunter 25 Spielerinnen und Spieler. Auch ihnen wird es nicht möglich sein ihr Hotelzimmer zu verlassen geschweige denn zu trainieren. Damit befinden sich jetzt offiziell 72 Profis in QuarantÀne.
Chancengleichheit ist aber schon lĂ€ngst nicht mehr gegeben, die Vorbereitung auf die Australian Open verkommt zur Farce: WĂ€hrend etwa Alexander Zverev und auch die French-Open Sieger Kevin Krawietz und Andreas Mies, deren Anreise nach SID-Informationen ohne ZwischenfĂ€lle verlief, ab Montag zwei Stunden tĂ€glich auf den Tennisplatz dĂŒrfen, mĂŒssen sich Kerber und Co. im Hotelzimmer bestmöglich fit halten. Angesichts dieses krassen Nachteils lieĂen einige Betroffene ihrem Ărger freien Lauf.
Cornet: "Sorry, aber das ist Wahnsinn"
"Wochenlanges Training und harte Arbeit sind fĂŒr die Katz, weil in einem zu drei Vierteln leeren Flugzeug eine Person COVID-positiv ist", twitterte die Französin Alize Cornet und schimpfte: "Sorry, aber das ist Wahnsinn." Und auch die Schweizerin Belinda Bencic machte ihrem Unmut Luft. "Wir beklagen uns nicht darĂŒber, in QuarantĂ€ne zu sein", schrieb sie: "Wir beklagen uns wegen ungleicher Trainings- und Spielbedingungen vor ziemlich wichtigen Turnieren."
Doppelspezialist Krawietz leidet mit seinen Kollegen mit. "Ich hoffe, fĂŒr die gibt es noch eine Lösung, dass sie irgendwie trainieren können", sagte er dem SID. Dass sich die lokalen Gesundheitsbehörden in ihren strengen Vorgaben erweichen lassen, ist aber unwahrscheinlich. Nachdem Australien das Virus nach monatelangem Lockdown in den Griff bekommen hat, ist die Austragung in der Bevölkerung ohnehin höchst umstritten.
Zu mehr Akzeptanz trĂ€gt auch nicht bei, dass die zustĂ€ndige Behördenchefin Emma Cassar bereits von ersten QuarantĂ€ne-VerstöĂen berichtete. So soll etwa ein Profi seine ZimmertĂŒr geöffnet haben, um sich mit anderen Spielern ĂŒber den Hotelflur zu unterhalten.
Kerber und ihren Leidensgenossen bleibt also nichts anderes ĂŒbrig, als alleine im Hotelzimmer kreativ zu werden. So spielte Bencic Tennis mit der Fensterscheibe, der Uruguayer Pablo Cuevas und die Kasachin Julia Putinzewa droschen BĂ€lle gegen Matratzen an der Wand. Freilich ist das nicht mehr als ein Zeitvertreib. Nach der Isolation wĂŒrde sie "mindestens drei Wochen brauchen, um wieder in einer anstĂ€ndigen Form zu sein", schrieb die RumĂ€nin Sorana Cirstea.
Jedoch bleibt nach der QuarantĂ€ne nur noch rund eine Woche fĂŒr Training auf dem Court. Eine erneute Verschiebung der Australian Open schloss Turnierdirektor Craig Tiley in einem Interview mit Channel Nine bereits aus und versprach: "Wir werden alles dafĂŒr tun, den Profis akzeptable UmstĂ€nde zu schaffen."