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Christine Westermann: "Ich war oft froh, dass ich keine Mutter bin"


Ehrliche Worte
Christine Westermann: "Ich bin froh, dass ich keine Mutter bin"

InterviewVon Janna Halbroth

25.02.2021Lesedauer: 8 Min.
Interview
Unsere Interview-Regel

Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Christine Westermann: Die Moderatorin und Journalistin macht jetzt ihren eigenen Podcast.Vergrößern des Bildes
Christine Westermann: Die Moderatorin und Journalistin macht jetzt ihren eigenen Podcast. (Quelle: imago images)

72 Jahre Leben hat Christine Westermann hinter sich. Alt fühlt sie sich trotzdem selten. In welchen Momenten sie rot wird, wann sie am liebsten flirtet und warum sie sich bewusst gegen Kinder entschieden hat, verrät sie im Interview.

Mit Christine Westermann ist es so: Man hört ihr einfach gerne zu. Ob "Literarisches Quartett", "Zimmer frei!" oder ihre eigenen Romane – ihre Bandbreite ist groß, nichts macht sie dabei ohne Leidenschaft. Auch auf unser Interview lässt sich die Moderatorin und Journalistin voll und ganz ein. Nimmt sich Zeit, antwortet ehrlich.

Privat wird die gebürtige Erfurterin eher selten. Im t-online-Interview spricht sie allerdings ganz offen über das Thema Kinder, ihre langjährige Ehe und ihren neuen Podcast "Jung und Jünger", den sie mit dem 44 Jahre jüngeren Schauspieler Edin Hasanović aufgenommen hat.

t-online: Frau Westermann, Ihr neuer Podcast lebt davon, dass sich zwei Menschen aus unterschiedlichen Generationen über ein Thema unterhalten. Haben Sie sich an der Seite eines 28-Jährigen dabei eher jünger oder älter gefühlt?

Christine Westermann: Ich fühle mich ganz selten wie 72. Heute Morgen war ich joggen, danach habe ich mich alt gefühlt (lacht). Ich habe diese ganzen Jahre im Herzen und im Kopf, aber wenn ich beim Lügen erwischt werde, werde ich trotzdem noch so rot wie mit zwölf. Manchmal, wenn ich flirte, erwische ich mich auch dabei, dass ich denke: Hallo, ich bin 72. Aber es ist ja kein gemeißeltes Alter, an das ich jeden Tag denke. Morgens beim Blick in den Spiegel, da fällt es mir dann oft wieder ein. Aber sonst ist mein Alter nicht in meinem Kopf. Edin hat etwas Schönes dazu gesagt. Er meinte, dass wir uns im richtigen Leben nur kennengelernt hätten, wenn er mein Enkel oder mein Pfleger im Altenheim wäre.

Autsch! Wie haben Sie sich da gefühlt?

Da bin ich wirklich kurz zusammengezuckt. Natürlich sehe ich mich nicht im Pflegeheim und natürlich sehe ich mich nicht mit einem Rollator. Das bin ich auch einfach nicht. Ein Alter von 72 kann sehr unterschiedlich sein. Aber in unseren Gesprächen waren wir immer ganz nah beieinander. Einen großen Unterschied zwischen den Generationen haben wir nicht bemerkt. Meistens jedenfalls nicht.

Wo gab es dennoch Unterschiede?

Wir haben eine Folge zum Thema Festhalten und Loslassen gemacht. Da erzähle ich am Anfang eine Geschichte aus meinem Leben, die ging so: Ich war einmal in einer Kneipe, da hat sich ein Mann unheimlich erotisch eine Zigarette angezündet. Ich war damals in einer festen Beziehung und habe sofort losgelassen und mit diesem Mann geflirtet. Ich habe den anderen Mann verlassen und diese Zigarettengeschichte war nach zwei Monaten durch. So habe ich gelebt. Ich bin sehr spontan, ich kann gut loslassen.

Und diese Geschichte kam nicht gut an?

Edin war darüber entsetzt. Er hat eine Viertelstunde lang den moralischen Kompass herausgeholt und ich habe mich plötzlich wirklich geschämt. Aber dann habe ich mich wieder eingekriegt und gedacht: So bin ich. Er hat eben einen anderen moralischen Kompass als ich. Wenn ich meinen raushole, dann schlägt der an ganz anderen Stellen aus. Wir waren manchmal sehr weit auseinander, aber ich glaube, das hat nichts mit dem Alter zu tun. Andererseits waren wir auch einige Male sehr nah beieinander.

Sie haben in unserem Gespräch schon zwei Mal vom Flirten gesprochen. Ist das etwas, das Sie gerne machen?

(lacht) Ja, das mache ich gerne. Das zieht sich so durch mein Leben. Ich flirte einfach gern. Ich habe ein Cabrio, einen VW-Käfer, wenn ich damit im Frühling durch die Straßen fahre und wahrnehme, dass mich jemand anguckt, flirte ich schon gerne. Dann greift aber auch schnell mein Alter und ich denke: Jetzt sieht der, dass ich 72 bin, was natürlich Quatsch ist. Das erkennt der ja erst einmal gar nicht. Ich habe übrigens auch mit Edin geflirtet, als wir uns kennengelernt haben.

Ach ja? Wie sah das aus?

Er kam mir vor einer Talkshow auf dem Flur entgegen. Er sagte mir, wie toll er es findet, mich kennenzulernen und dass er immer gehofft habe, die Sendung "Zimmer frei!" gehe lange genug, bis er berühmt und dort eingeladen werde. Das waren schon viele Komplimente, bevor ein richtiges Gespräch zustande kam. Während der Sendung haben wir weitergeflirtet. Edin kann einfach gut flirten. Ich habe dann zu ihm gesagt: Was machen wir hier eigentlich? Ich bin 72 und du 28. Ich kann doch hier nicht mit dir flirten und dann sagte er: Das lass mal meine Sorge sein. In dem Moment ist der Altersunterschied komplett geschrumpft. Da habe ich gedacht: Boa, guter Typ.

Ist Ihr Mann eigentlich auch so flirty?

Ja, aber anders, ein bisschen philosophischer. Er hat eine tolle Stimme. Immer wenn ich Anfragen bekomme, steht in den Mails: "Lieber Herr Baller, vielen Dank für das wirklich sehr angenehme Gespräch." Dann weiß ich: Er hat wieder die Stimme ausgepackt.

Wenn man Sie googelt, kommt als erste vorgeschlagene Frage: Hat Christine Westermann Kinder? Wussten Sie das?

Nein, das wusste ich nicht.

Wie finden Sie das?

Das ist spannend. Ich frage mich, warum die Leute interessiert, ob ich Kinder habe oder nicht. Was hat das mit mir zu tun? Ich habe ganz bewusst keine Kinder bekommen. Ich habe zwei Schwestern und wir sind jeweils sieben Jahre auseinander. Als meine kleine Schwester zur Welt kam, war ich eben 13, 14. Meine Mutter musste viel arbeiten. Ich habe dann quasi früh die Mutterrolle übernommen. Viel wichtiger aber für meine Entscheidung ist, dass ich ein sehr chaotisches Familienleben hatte. Meine Mutter war dreimal verheiratet. Ich habe keine glückliche Familie erlebt. Deswegen war mir immer klar: Wenn ich Kinder bekomme, dann nur, wenn ich mir absolut sicher bin, dass ich den richtigen Mann dazu habe. Ich wollte nie alleinerziehend sein, nie. Den Mann, mit dem ich gerne Kinder gehabt hätte, habe ich zu spät kennengelernt. Da war ich schon über 50. Da war es einfach zu spät.

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Bedauern Sie das heute?

Von meiner Seite aus ist da kein Bedauern. Es ist vielmehr eine stille Neugier. Was wären das für Kinder geworden und was wäre das für ein Familienleben geworden? Mein Mann ist auf eine gute Art sehr konsequent und ich bin das genaue Gegenteil. Mich kann man schnell rumkriegen. Jochen hat mal gesagt, dass es für unsere Ehe eine heftige Bewährungsprobe gewesen wäre, wenn wir Kinder bekommen hätten. Aber so, wie ich Jochen erlebe, wäre es toll gewesen, ihn als Vater zu haben. Ich glaube auch, es wäre schön gewesen, mich als Mutter zu haben. Das hole ich im nächsten Leben nach. So, wie ich es jetzt gemacht habe, war es genau richtig. Ich hätte keine Kinder haben wollen, wenn dann die Ehe zerbricht und man die Traurigkeit und den Schmerz der Kinder aushalten muss. Das wollte ich nicht.

Mussten Sie diese Entscheidung oft rechtfertigen?

Ich werde manchmal gefragt, warum ich keine Kinder habe und in dieser Frage schwingt oft mit: Die wollte keine Kinder, weil sie Karriere machen wollte und jetzt bedauert sie es. Aber ich bringe dann mit Macht vor, warum ich keine Kinder habe. So, wie ich es auch Ihnen gerade erklärt habe. Ich bin gottfroh, dass es so ist, wie es jetzt ist. Ich habe zwar keine Kinder, dafür aber zwei Neffen. Es ist klasse, Tante zu sein. Ich bin oft froh, dass ich keine Mutter bin, mir blieb damit auch viel erspart.

Was meinen Sie damit? Was blieb Ihnen erspart?

Der Pubertätskram etwa oder anderes. Mein Neffe hat zum Beispiel eine Brille gebraucht, als er ganz klein war, weil er geschielt hat. Bei Brillenkindern bekomme ich unfassbares Mitleid. Und dann hat mein Neffe ausgerechnet so eine Brille gebraucht. Da war ich schon manchmal froh, dass ich diese Sorgen nicht aushalten muss. Ich war die Tante, die die schönen Sachen gemacht hat. Wenn es kompliziert war, konnte ich einfach gehen.

Und dafür haben Sie 20 Jahre Ehe genießen können.

Das stimmt. Am Anfang haben wir immer gedacht: Da haben zwei Autonome geheiratet. Ich war schon 50, Jochen ist sechs Jahre jünger. Wir haben beide immer mal Beziehungen gehabt. Aber nie so, dass wir sagen wollten: Bis dass der Tod uns scheidet. Als wir verliebt waren, war nach zwei Monaten klar, dass wir heiraten wollen. Wir haben uns gefunden und uns gegenseitig die Autonomie gelassen. Ich glaube, das hat auch etwas mit unserem Alter zu tun. Wir wussten, dass wir uns nicht einengen wollen. Es gab auch Phasen, in denen man dachte: Das halte ich nicht aus. Aber je länger es dauert, umso schöner und gelassener wird es. Jochen ist jemand, der unheimlich komisch ist. Ich glaube, wichtig ist, dass man miteinander lachen kann. Jochen ist ein unglaublicher Quatschmacher und das ist ganz schön.

Fast so lange, wie Ihre Ehe dauert, haben Sie auch "Zimmer frei!" moderiert. Fehlt Ihnen das eigentlich heute manchmal?

Es fehlt mir immer, wenn ich gute Leute kennenlerne, wie Edin zum Beispiel. Dann denke ich mir: Schade, dass es "Zimmer frei!" nicht mehr gibt. Aber ansonsten gilt, was Götz gesagt hat: "Es ist besser, wie ein König zu gehen, als wie ein Köter vom Hof gejagt zu werden." Dass wir es nach 20 Jahren beendet haben, war schmerzhaft, aber auch gut. Wir konnten uns drei Jahre darauf vorbereiten. Der WDR wollte ja, dass wir früher aufhören, weil ich denen zu alt war.

Sprechen Sie noch mit Götz Alsmann oder lesen Sie nur Interviews mit ihm?

Wir haben es in 20 Jahren nicht ein einziges Mal geschafft, privat essen zu gehen. Wir sind uns liebevoll zugetan und wir waren die dicksten Freunde, wenn die Staffel aufgezeichnet wurde. Er hat einen festen Patz in meinem Herzen. Wir hören uns zu Weihnachten und zu Geburtstagen. Neulich war ich in Münster und habe ihm nicht Bescheid gesagt, weil ich anderes zu tun hatte. Sein Bruder hat uns gesehen. Daraufhin war Götz sehr traurig und schrieb mir. Wir haben uns dann vorgenommen, uns wiederzusehen.

"Jung und Jünger"
Der Podcast "Jung und Jünger" erscheint ab dem 25. Februar bei Audible. In mehreren Episoden stellen sich die Moderatorin und der Schauspieler unterschiedlichen Themen und beschäftigen sich mit der Frage, was das Leben eigentlich ausmacht.

Hört man sich Ihren Podcast mit Edin Hasanović an, hat man tatsächlich das Gefühl, man darf Mäuschen spielen bei einer sehr persönlichen Unterhaltung. Hat Sie diese geschützte Atmosphäre des Gesprächs verleitet, mehr von sich preiszugeben als in Fernsehsendungen oder in ihren Büchern?

Das ist eine gute Frage. Es war sehr vertraut zwischen uns, obwohl wir uns gar nicht wirklich kannten. Wir haben uns auf eine sehr sanfte Art aufeinander eingelassen. Wir haben hinterher die Folgen angehört und hatten bei keiner Episode das Gefühl, dass es uns zu privat ist oder geschnitten werden muss. Es hatte eine gewisse Selbstverständlichkeit, uns alles zu erzählen. Man hat sich zugehört und darauf reagiert, was der andere gesagt hat. Wir haben nie vergessen, dass dieses Gespräch öffentlich ist. Aber ich muss auch sagen, wir haben uns viel miteinander getraut.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Christine Westermann
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