t-online - Nachrichten für Deutschland
Such Icon
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



Menü Icon
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such Icon
HomeUnterhaltungTVTatort

"Tatort" mit Heike Makatsch: Der ARD-Osterkrimi im Faktencheck


Der "Tatort"-Faktencheck
Könnte ein Teenie wirklich diese Tat begangen haben?

Barbara Schaefer

Aktualisiert am 03.04.2018Lesedauer: 4 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Er ist ein distanziertes Kind: Ellen Berlinger (Heike Makatsch) und Jonas (Luis Kurecki) haben dennoch gutes Verhältnis zueinander.Vergrößern des Bildes
Er ist ein distanziertes Kind: Ellen Berlinger (Heike Makatsch) und Jonas (Luis Kurecki) haben dennoch gutes Verhältnis zueinander. (Quelle: SWR/Julia Terjung)

Eine Reihe von Morden an Jugendlichen wurde nicht geklärt – und nun liegt ein blutiges Sweatshirt in der Altkleidersammlung. Geht die Mordserie in Mainz weiter? Könnte tatsächlich ein Jugendlicher die Tat begangen haben?

Der graue Hoodie ist das allgegenwärtige Kleidungsstück Jugendlicher – aber wem gehörte nun genau dieser, der blutdurchtränkt gefunden wird? Vor allem Hauptkommissarin Ellen Berlinger (Heike Makatsch) treibt diese Frage um. Gehört das Teil einem Mordopfer oder einem Mörder?

Berlinger zog nach ihrer Babypause nach Mainz, dort passt ihre Cousine ab und zu auf ihre kleine Tochter auf, kein leichtes Leben, so als Alleinerziehende. Weshalb auch der treffendste Satz dieser Folge heißt: "Die Windeln sind oben in der Kommode."

Zu Jonas, dem Sohn ihrer Cousine, hat Berlinger ein nahes Verhältnis aufgebaut. Auch wenn Jonas ein sonderbarer Junge ist und viele Fragen zu Menschen im Allgemeinen hat. "Warum verhalten sie sich manchmal so, als würden sie den anderen gar nicht mögen?" interessiert ihn zum Beispiel. Ohne Weiteres kann Jonas den frisch geangelten Fisch erschlagen, aber seine Freundin Berlinger zu umarmen, kommt nicht in Frage (Drehbuch: Marco Wiersch).

Berlingers Kollege Martin Rascher (Sebastian Blomberg) glaubt an ein weiteres Puzzleteil der Mordserie, dann wird tatsächlich ein Mädchen tot aufgefunden, und Jonas ist verschwunden (Regie: Markus Imboden). Wem also gehört der Hoodie? Berlinger, die Einsame, will der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen. Aber ist das schon die Wahrheit, wenn der Pulli tatsächlich von Jonas (berührend: Luis Kurecki) stammt und dieser den Mord an der 16-jährigen Marie gesteht? Kann ein vielleicht autistischer 13-Jähriger derart glasklare Entscheidungen fällen? t-online hakt nach.

Der Faktencheck

Fragen an Friedrich Nolte, Diplom-Pädagoge, Fachreferent beim Bundesverband Autismus Deutschland e.V.

t-online: Das Wort Autismus fällt zwar nicht in dieser "Tatort"-Folge, aber der 13-jährige Junge, um den es geht, macht einen auffallend emotionslosen Eindruck. Er ist ein Mathe-Genie, versteht aber – nach eigener Aussage – Gefühle der Menschen nicht. Und er reagiert höchst unwirsch, wenn ihn jemand körperlich berührt. Können das Anzeichen für Autismus sein?

Friedrich Nolte: Im engeren Sinne, also an der medizinischen Diagnose einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) orientiert, sind die gezeigten Symptome nicht ausreichend für die entsprechende Diagnose. Allerdings würde ein Fachmann bei diesen Anzeichen hellhörig werden, und als erstes eine ASS hinter diesen Auffälligkeiten vermuten.

Die Mutter des Jungen versucht, mit Liebe alles zu kurieren, oder auch zu überdecken. Ist das verbreitet?

Vermutlich ist es nur allzu menschlich, mit übermäßiger Liebe und Zuneigung (zu einer Person) auf Störungen der Außenwelt, die an das "System" herangetragen werden, zu reagieren. Es ist vielleicht auch eine normale Reaktion aus der Fürsorge für eine bestimmte Person heraus. Vielleicht könnte man es "Symbiose-Reflex" nennen? Im besonderen Maße dürfte solch eine Reaktion auch bei Eltern von Kindern im Autismus-Spektrum bekannt sein.

Der Vater hingegen drängt darauf, dass dem Jungen professionell geholfen wird. Wäre das der bessere Weg?

Vermutlich gehören beide Herangehensweisen zusammen – sie sind die Kehrseiten einer Medaille. Nur mit Liebe und dem Glauben an die Fähigkeiten des Kindes kann keine nachhaltige Besserung oder Veränderung der Situation herbeigeführt werden. Hingegen fehlt ohne die Anteile des "Stark-Redens" der Impuls von außen, der eine nachhaltige Veränderung auslösen beziehungsweise bewirken kann.

Zu den Fähigkeiten des Jungen gehört glasklares logisches Denken. Er ist der Hauptverdächtige eines Mordes an einem Mädchen. Er war es aber nicht, er hat die Tat auf sich genommen, um einen Freund zu schützen. Der Freund ist 16, der Junge selbst ist 13, also nicht strafmündig. Halten Sie so etwas für möglich?

Es wirkt natürlich schon reichlich abgeklärt, wenn ein 13-Jähriger die Tat freiwillig auf sich nimmt, da er im Gegensatz zum tatsächlichen Täter noch nicht strafmündig ist und er diesen mit seiner "Schutzbehauptung" bewusst entlastet. Allerdings wirkt das Verhalten auch sehr naiv. Es deutet darauf hin, dass er die Konsequenzen seines "Geständnisses" nicht überschaut oder ihm diese als nicht so weitreichend wie die konkrete Strafverfolgung erscheinen.

Haben Autisten ein besonderes Verhältnis zur Wahrheit?

Es könnte auf jeden Fall zum angedeuteten Autismus der Figur passen, diese "Lüge" zu benutzen, um dem Freund zu helfen. Andererseits würden viele dieses Verhalten als untypisch bezeichnen, da von Menschen im Autismus-Spektrum bekannt ist, dass viele es sehr genau mit der Wahrheit und Ehrlichkeit nehmen.

Am Ende hyperventiliert der Junge fast, weil er Angst hat, seine Freundin, die Kommissarin, zu verlieren. Es fällt ihm sichtlich schwer, das in Worte zu fassen: Gibt es solche Stressmomente bei autistischen Kindern und Jugendlichen?

Menschen mit Autismus generell die Bindungsfähigkeit abzusprechen, wäre falsch. Insofern erleben diese auch Verlustängste. Der Verlust wird möglicherweise konkreter und unmittelbarer erlebt. Daher wird die Angst eventuell auch existenzieller erfahren und kann deshalb auch schneller Stress auslösen.

Der Fall ist gelöst. Der Junge ist glücklich, dass diese Freundin sich nicht von ihm abwendet. Er überwindet sich und umarmt sie. Ist so etwas denkbar?

Ja! Möglicherweise ist er nicht sonderlich geübt im Umarmen und hat dennoch große Vorbehalte gegenüber dem Zulassen von Körperkontakt, aber in diesem Fall hat die Zuneigung über seine "Berührungsängste" obsiegt, bei nächster Gelegenheit kann dies jedoch schon wieder ganz anders sein.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

t-online - Nachrichten für Deutschland


TelekomCo2 Neutrale Website