Reportage "Revier im Umbruch" bei ZDFinfo
Berlin (dpa) - Seit vielen Jahren wird im Ruhrgebiet der Strukturwandel beschworen. Aber wirtschaftlich kommt die Region zwischen Dortmund und Duisburg, in der immerhin ΓΌber fΓΌnf Millionen Menschen leben, kaum voran.
Der Nachkriegsmythos von Kohle und Stahl, die das deutsche Wirtschaftswunder erst mΓΆglich gemacht haben, ist lΓ€ngst verblasst. Die RealitΓ€t sieht vielerorts trist aus, und jetzt ist auch noch Schalke 04 auf der 1. Bundesliga abgestiegen.
Die gut recherchierte Reportage "Ruhrpott - Revier im Umbruch" von Katja Nellissen, die am Freitag um 20.15 Uhr bei ZDFinfo lΓ€uft, fragt nach den GrΓΌnden fΓΌr die Stagnation einer Region, deren Potenzial viel zu oft brach liegt. GrΓΌnde gibt es einige: Man kΓΆnnte vom Ruhrgebiet als einem der ersten Globalisierungsverlierer sprechen, so die Autorin.
Dabei begann die Krise des Steinkohlebergbaus bereits in den 1960er Jahren. Die nicht mehr konkurrenzfΓ€hige deutsche Kohle wurde maΓlos subventioniert, Alternativen zum Bergbau wurden lange verdrΓ€ngt. Die Montanindustrie war der Platzhirsch, der neben sich nichts duldete. Schon seit den 1920er Jahren gab es eine sogenannte "Bodensperre", die Industrieansiedlungen aus anderen Branchen verhinderte. Die AEG und auch etliche Autobauer wie Daimler-Benz suchten sich andere Standorte, mit dem Niedergang des Bergbaus fiel das Revier dann in ein tiefes Loch.
Die in Oberhausen-Osterfeld geborene Kabarettistin Gerburg Jahnke ("Missfits"), Tochter eines Bergmanns, beschreibt anschaulich, wie die Lebensgrundlage der Menschen allmΓ€hlich erodierte. Jetzt ist die Region das Sorgenkind, aber natΓΌrlich sei dies kein Grund wegzuziehen: "Weisse watt, in KΓΆln oder Berlin leben kann jeder", so Jahnke.
Als echter ΓberlebenskΓΌnstler erweist sich auch Apostolos Tsalastras, der StadtkΓ€mmerer von Oberhausen, der mit einem Schuldenberg von knapp zwei Milliarden Euro klarkommen muss. Die Steuereinnahmen sind weggebrochen, die Arbeitslosigkeit ist hoch. Ein Teufelskreis, aus dem die Stadt aus eigener Kraft nicht mehr herauskommt.
Einigen Kommunen im Ruhrgebiet geht es besser, aber ein weiteres Problem der Region ist die Kirchturmpolitik. Jeder schaut zuerst auf sich. Der Ehrgeiz, sich mit StΓ€dten wie DΓΌsseldorf oder Frankfurt am Main zu messen, ist nicht sehr ausgeprΓ€gt. Das Klein-Klein der Kommunen ist auch ein Grund fΓΌr den mangelhaften Nahverkehr, der nicht ΓΌberregional koordiniert wird. Und StΓ€dte wie Datteln oder Kamp-Lintfort haben noch nicht einmal einen Bahnanschluss.
Wie geht es also weiter mit der Region? Vielleicht kommt der erhoffte Aufschwung aus Fernost. Der boomende Duisburger Binnenhafen ist einer der wenigen Jobmotoren an der Ruhr. Seit einigen Jahren ist Duisburg deshalb einer der Endpunkte der neuen SeidenstraΓe, es gibt eine direkte Zugverbindung nach China. Ob sich allerdings die daran geknΓΌpften Hoffnungen erfΓΌllen, steht in den Sternen.