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Kampf ums 5G-Netz: Das Mobilfunknetz soll besser werden – aber wie?


Ausgebremst trotz Turbo-Gang
Beim Streit ums 5G-Netz steht viel auf dem Spiel

Von Laura Stresing

Aktualisiert am 25.11.2018Lesedauer: 5 Min.
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Sende- und Empfangsanlagen: Im Frühjahr 2019 kommen die ersten Lizenzen für das 5G-Netz unter den Hammer. Doch das Verfahren ist umstritten.Vergrößern des Bildes
Sende- und Empfangsanlagen: Im Frühjahr 2019 kommen die ersten Lizenzen für das 5G-Netz unter den Hammer. Doch das Verfahren ist umstritten. (Quelle: Gottfried Czepluch/imago-images-bilder)

Mit der Vergabe der 5G-Funklizenzen stellt der Staat die Weichen für das Mobilfunknetz der Zukunft. Dabei geht es auch um die Frage, wie vergangene Fehler wieder gut gemacht werden können. Worauf es in dem Prozess jetzt ankommt.

Die meisten Deutschen wären schon froh, wenn sie unterwegs überall Zugang zum schnellen LTE-Netz (4G) hätten. Wer die Stadt verlässt, findet sich stattdessen schnell im Funkloch wieder. Vor diesem Hintergrund wirkt die Debatte um das mobile Gigabit-Internet aus Nutzerperspektive oft seltsam abstrakt und zukunftsfern. Doch das ist sie nicht.

Am Montag tagt der Beirat der Bundesnetzagentur, dem Vertreter aus Bund und Ländern angehören, um die Vergaberegeln für die 5G-Lizenzen festzuzurren. Es ist womöglich die letzte Gelegenheit, die Interessen der Bürger gegenüber den großen Mobilfunkunternehmen durchzusetzen und vergangene Fehler wieder gut zu machen. Was genau steht auf dem Spiel? Wir erklären die Zusammenhänge.

Wie werden die 5G-Frequenzen vergeben?

Wie auch schon beim UMTS- und LTE-Netz sollen die Frequenzen für den neuen Mobilfunkstandard 5G versteigert werden. Die Auktion ist für das Frühjahr 2019 angesetzt.

Für die Ausarbeitung der Teilnahmebedingungen und genauen Vergaberegeln ist die Bundesnetzagentur zuständig. Vor knapp einer Woche hat sie ihren finalen Entwurf vorgelegt. Er ist das Ergebnis von monatelangen Verhandlungen zwischen Politik, Mobilfunkunternehmen und Netzbetreibern.

Das Bieterverfahren steht auch Neueinsteigern offen. Beobachter rechnen aber damit, dass die Frequenzen unter den drei großen Netzbetreibern Telekom, Vodafone und O2 (Telefonica) aufgeteilt werden.

Warum wird so viel darum gestritten?

Der Staat wünscht sich ein möglichst lückenloses Mobilfunknetz. Dazu knüpft er die Vergabe der Funkfrequenzen an eine Reihe von Auflagen. Die Käufer sollen versprechen, den Netzausbau mit dem Turbo-Internet wirklich überall voranzutreiben, nicht nur in den Städten. Die Funklöcher auf dem Land sollen gestopft werden.

Die Netzbetreiber senken die Erwartungen. Sie sagen: Einen flächendeckenden Ausbau wird es nicht geben. Dazu müsste man in jedem Winkel der Republik Antennen aufstellen. Das sei weder technisch machbar noch sinnvoll – vor allem aber viel zu teuer.

Die strenge Auflagen nutzen die Netzbetreiber als Argument, um den Preis für die Lizenzen herunterzuhandeln. Sie rechnen vor, wie viel sie der Netzausbau kosten wird – und fordern eine Garantie, dass sich diese Investitionen später lohnen.

WAS IST 5G?
Die Abkürzung 5G steht für das Mobilfunknetz der fünften Generation. Es soll den jetzigen LTE-Standard (auch 4G genannt) ablösen. Die neue Technologie ermöglicht Download-Raten von bis zu 10 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s). Das ist das 40-fache einer Highspeed-DSL-Verbindung mit 250 Mbit/s. Außerdem können sich pro Funkzelle mehr Geräte in das Netz einwählen und es gibt geringere Verzögerungen bei der Signalübertragung (verkürzte Latenzzeiten).

WANN KOMMT 5G?
Die ersten 5G-Netze laufen bereits im Testbetrieb. Die großen Mobilfunkunternehmen peilen 2020 als offiziellen Startschuss für den neuen Standard an. Die ersten kommerziellen Angebote auf dem Markt werden aber zunächst Industriekunden vorbehalten sein. Private Anwender sollen ab 2022 die ersten 5G-Tarife buchen können. Dafür brauchen sie aber auch 5G-fähige Empfangsgeräte. Mehrere Hersteller wie Huawei, ZTE und Motorola wollen entsprechende Lösungen im kommenden Jahr auf den Markt bringen.

Warum werden die Frequenzen überhaupt versteigert?

Die Erlöse aus der Frequenzversteigerung sollen unter anderem in den Breitbandausbau mit Glasfaser in bisher unterversorgten Regionen fließen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte vergangene Woche vor der Digitalklausur im Interview mit t-online.de, Deutschland habe "sehr gute Erfahrungen mit der Frequenzversteigerung gemacht".

Das stimmt einerseits. Die Versteigerung der UMTS-Lizenzen im Jahr 2000 brachten dem Staat eine Rekordsumme von mehr als 50 Milliarden Euro ein. Aber: Zehn Jahre später fielen nur noch gut vier Milliarden Euro ab, als im Zuge der Digitalisierung des Rundfunks mehrere frei gewordene Frequenzbänder unter den Hammer kamen. 2015, als es um die heutigen LTE-Frequenzen ging, waren es gut fünf Milliarden Euro. Bei der anstehenden Auktion rechnet die Bundesregierung mit Einnahmen von zwölf Milliarden Euro.

Die Grünen wollen das Bieterverfahren am liebsten abschaffen. Es treibe die Kosten für den Mobilfunkausbau nur unnötig in die Höhe. Den Preis zahlen die Bürger – durch höhere Mobilfunktarife und ein schlechteres Netz.

Haben die Grünen mit ihrer Kritik Recht?

Laut einer Auswertung von Open Signal ist das deutsche LTE-Netz eines der schlechtesten in Europa. Von Ungarn bis nach Albanien: Fast überall surfen die Menschen schneller auf dem Smartphone als hierzulande. Auch bei der Netzabdeckung kann Deutschland mit knapp 66 Prozent im internationalen Vergleich von Open Signal noch nicht einmal im Mittelfeld mitspielen.

Wie kann das sein? Die Netzbetreiber verkünden schließlich anderes. Die Telekom etwa gibt an, bereits eine LTE-Abdeckung von nahezu 98 Prozent erreicht zu haben. Bis Ende 2019 wollen auch die Mitbewerber O2 und Vodafone so weit sein. Dazu hatten sie sich bei der Frequenzversteigerung von 2015 verpflichtet. Aus der Politik hört man dafür viel Lob: Die Provider hätten ihre Versprechen bisher immer eingehalten.

Nur: Die Forderung bezieht sich gar nicht auf das Angebot in der Fläche, sondern lediglich auf die versorgten Haushalte. Mit anderen Worten: Bis zu 98 Prozent der Bundesbürger erhalten an ihrem Wohnort garantiert schnelles mobiles Internet – nicht aber, wenn sie unterwegs sind.

Hinzu kommt, dass es sich um einen theoretischen Wert handelt, der sich nur auf die Angebote von Telekom, O2 und Vodafone bezieht. Wer bei einem Drittanbieter unter Vertrag steht oder billige Prepaid-Tarife nutzt, bekommt unter Umständen doch nur UMTS-Geschwindigkeit geboten. Wer "echtes" LTE will, dem bleibt nur der Wechsel zu den – meist teureren – großen Anbietern.

Was müsste getan werden?

Eine mögliche Lösung nennt sich "nationales Roaming". Die großen Betreiber könnten dazu verpflichtet werden, ihr Netz für Mitbewerber zu öffnen, die keine eigene Infrastruktur haben. Davon würde beispielsweise ein Unternehmen wie 1&1 profitieren. Dem Wettbewerb auf dem Mobilfunkmarkt würde das gut tun, meint das Bundeskartellamt.

In weniger dicht besiedelten Gebieten macht es sowieso Sinn, dass sich mehrere Provider ein Netzwerk teilen, statt jeweils eigene Funkmasten aufzustellen.

Das sagen die Smartphone-Symbole über die Surfgeschwindigkeit aus

Verbindung Symbol (Android) Maximale Downloadrate
GSM / Edge E 256 kbit/s
UMTS 3G 384 kbit/s
UMTS HSPA H 7,2 Mbit/s
UMTS HSPA+ H+ 42 Mbit/s
LTE 4G/LTE 300 Mbit/s
5G noch nicht verfügbar 10 Gbit/s


(Quelle: Wikipedia)

Vor allem die Telekom wehrt sich vehement dagegen, dass sich kleinere Konkurrenten einfach so "ins gemachte Nest" setzen können, ohne selbst in den Ausbau zu investieren.

Laut Bundesnetzagentur fehlen die rechtlichen Grundlagen, um eine nationale Roaming-Vorschrift für das 5G-Netz einzuführen. Dazu müsste zuerst das Gesetz geändert werden. Tatsächlich waren entsprechende Anpassungen sogar mal im Koalitionsvertrag vorgesehen. Ob das noch vor der Versteigerung gelingt, ist offen.

Eine weitere Terminverschiebung kommt jedenfalls nicht in Frage. Kritiker meinen, Deutschland sei mit der Planung des 5G-Netzes sowieso schon spät dran. Das liegt unter anderem daran, dass der konsequente Netzausbau mit Glasfaser jahrelang verschleppt wurde. Denn ohne Glasfaseranbindung für die Antennen kann es auch kein 5G-Netz geben. Für Deutschland wird es schwer, die vergangenen Versäumnisse nachzuholen.

Von Singapur bis Albanien: In vielen Ländern surft man im LTE-Netz schneller als in Deutschland

Gibt es trotzdem noch Hoffnung?

Die Bundesnetzagentur hat in den vergangenen Monaten einen Kompromiss ausgearbeitet, der den Kritikern ein gutes Stück entgegen kommt.

Demnach müssen Netzbetreiber bis Ende 2022 in jedem Bundesland mindestens 98 Prozent der Haushalte mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) im Download versorgen. Neu ist, dass auch Autobahnen, wichtige Bundesstraßen und Bahnverbindungen an das Turbo-Internet angeschlossen werden sollen. Langfristig (bis 2024) sollen sogar regionale Verkehrswege mindestens 50 Mbit/s erhalten. Das lässt auf eine größere Abdeckung in der Fläche hoffen.

Auch die Mobilfunk-Provider bekommen ihren Willen: Das Einstiegsgebot für die Lizenzen wurde erheblich gesenkt. Statt nationalem gibt es nur ein regionales Roaming; statt einer Kooperationspflicht gibt es nur ein Kooperationsgebot. Das erlaubt es den Netzbetreibern, ihre Infrastruktur in ländlichen Regionen zu teilen. So können sie ihre Investitionskosten senken. Dabei sollen auch Drittanbieter eine Chance bekommen, die Funkkapazitäten mitzunutzen. In Streitfällen soll die Bundesnetzagentur schlichten.

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Wie geht es weiter?

Am 26. November tritt der Beirat der Netzagentur zusammen, um den Vorschlag zu diskutieren. In dem 32-köpfigen Gremium sitzen zur Hälfte Bundestagsabgeordnete und Vertreter der Bundesländer. Viele standen dem vorherigen Entwurf kritisch gegenüber. Auch innerhalb der Bundesregierung herrschte Uneinigkeit. Bekommt der neue Kompromiss mehr Zustimmung?

Der Beirat kann den Vorschlag zwar kommentieren, aber nicht stoppen. Von Seiten der Netzbetreiber ist mit größerem Widerstand zu rechnen. Sie halten die Vorgaben der Bundesnetzagentur für übertrieben und drohen mit Klagen. Der Streit um das 5G-Netz geht also weiter.

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Verwendete Quellen
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