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Warum der Hashtag #NieMehrCDU wieder trendet


Uploadfilter
Warum der Hashtag #NieMehrCDU wieder trendet

Von Ali Vahid Roodsari

04.02.2021Lesedauer: 4 Min.
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Ein Demo gegen Uploadfilter im März 2019: Damals zeigten Demonstranten auch Plakate gegen die CDU.Vergrößern des Bildes
Ein Demo gegen Uploadfilter im März 2019: Damals zeigten Demonstranten auch Plakate gegen die CDU. (Quelle: imago-images-bilder)

Nach einer Gesetzesänderung sollen ab diesem Jahr für Urheber, Nutzer und Plattformen klarere Regeln im Netz gelten. Die Regierung hat nun einen Entwurf dazu beschlossen – der aber kaum jemandem gefällt.

Die Nutzer auf Twitter sind wieder wütend – diesmal auf die CDU. Das Hashtag #NiemehrCDU ist aktuell wieder in den Trends zu sehen. Wer draufklickt, erfährt auch schnell, worum es geht: #Uploadfilter.

Das Thema beschäftigt vor allem junge Internetnutzer und Plattformbetreiber seit Jahren: Im März 2019 protestierten europaweit fast 200.000 Menschen gegen sogenannte Uploadfilter und Artikel 13 (heute als Artikel 17 bekannt). Die Befürchtung: dass Plattformen dazu verpflichtet werden, Inhalte vor dem Hochladen rauszufischen und Freiheiten im Netz zu beschneiden. Mehr zur Urheberrechtsreform lesen Sie in diesem Interview.

Nach einiger Verzögerung hat die Koalitionsregierung am Mittwoch einen 174-seitigen Gesetzesentwurf zum Thema beschlossen. Zwar müssen noch Bundestag und Bundesrat das Ganze absegnen, doch schon jetzt gibt es viele kritische Stimmen gegen den Entwurf – vor allem gegen die CDU.

CDU: "Keine Uploadfilter"

Grund dafür mag sein, dass die CDU im März 2019 noch verkündet hatte, dass es mit ihr keine Uploadfilter geben werde. So steht auf der Seite der Partei: "Meinungsfreiheit stärken und Nutzer besserstellen, Urheber fair und effektiv vergüten, Plattformen einbinden und verpflichten – aber alles ohne Upload-Filter".

Nach dem Beschluss am Mittwoch gibt es ein Update zum Eintrag. Hier nennt die Partei die Umsetzung von Artikel 17 einen "Kompromiss bei dem alle beteiligten Gruppen Abstriche und Zugeständnisse machen müssen – auch wir." Und sie fügt hinzu: "Unser Anliegen, Uploadfilter komplett unnötig zu machen, konnten wir nicht vollständig umsetzen."

Was sich ändern soll und was Nutzer erwartet

Die Reform soll das rechtliche Verhältnis zwischen Urheber, Internetplattformen und Nutzern festlegen, wenn es zum Beispiel um das Hochladen von Fotos, Artikelteilen oder Videoausschnitten geht. So sollen Plattformen, dem neuen Gesetz zufolge, grundsätzlich für hochgeladene Inhalte urheberrechtlich verantwortlich sein. Aus der Haftung können sich Diensteanbieter aber befreien, wenn sie etwa Lizenzen für geschützte Werke abschließen.

Wenn ein Rechteinhaber nicht will, dass bestimmte Inhalte hochgeladen werden, sollen sie das der Plattform mitteilen können. Dann muss der Anbieter diese Inhalte vor dem Hochladen herausfiltern. Nutzer werden entsprechend informiert. Auch ein "roter Knopf" ist geplant: Demnach sollen Rechteinhaber einer Plattform anzeigen können, wenn unerlaubte Inhalte bereits hochgeladen worden sind. So sollen sie dann sofort wieder verschwinden können.

Umstritten war eine sogenannte Bagatellregelung, wonach das Hochladen von Ausschnitten geschützter Texte, Videos oder Tonspuren frei erlaubt sein soll, um Nutzergewohnheiten entgegenzukommen. Nach massiver Kritik aus der Kultur-, Medien- und Kreativbranche wurde der Umfang im Gesetzentwurf gekürzt: bis zu 15 Sekunden eines Filmwerks oder Laufbild, bis zu 15 Sekunden Tonspur (davor jeweils 20 Sekunden), bis zu 160 Zeichen eines Textes (davor 1.000 Zeichen) und bis zu 125 Kilobyte bei einem Foto (davor 250 Kilobyte).

Kritik von allen Seiten

Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) scheint mit dem jetzigen Entwurf zufrieden: "Unser Entwurf sieht einen fairen Interessenausgleich vor, von dem Kreative, Rechteverwerter und Nutzer gleichermaßen profitieren werden", zitiert die Nachrichtenagentur dpa die Ministerin.

Opposition, Digital-Verbände, Experten, aber auch Verleger sehen das anders. So nennen die Grünen das Projekt eine "Großbaustelle" und Tabea Rößner, Sprecherin für Netzpolitik und Verbraucherschutz sagt: "Wie wir an den verschiedenen Entwurf-Versionen sehen konnten, hat sich das Bundesjustizministerium zwar ernsthaft bemüht, die Umsetzung der europäischen DSM-Richtlinie in deutsches Recht lösungsorientiert anzugehen und hierfür den nationalen Spielraum zu nutzen, wurde am Ende aber wohl vom Bundeswirtschaftsministerium an vielen Stellen massiv ausgebremst."

"Fauler Kompromiss"

Der Verband Vaunet, der Vertreter privater Medien, sieht das Problem, dass Rechteinhaber nicht mehr primär darüber bestimmen können, wie und wo die Nutzung ihrer Werke stattfindet. Der Bundesverband Musikindustrie wertet den Gesetzentwurf so, dass in bestehende Märkte "reinreguliert" werde. Und der Deutsche Journalistenverband spricht von einem "faulen Kompromiss".

Kritik gibt es auch vom Digitalverband Bitkom. In einer Pressemeldung schreibt Geschäftsführungsmitglied Susanne Dehmel, dass die geplanten Überwachungspflichten für Onlineplattformen "technisch schlicht nicht umsetzbar" seien. Zudem werde mit dem Auskunftsanspruch ein "Bürokratieungeheuer" geschaffen: "Bei einem Filmprojekt etwa müssten alle Urheber, die an dem Film mitgewirkt haben, jährlich über die Nutzung dieses Films informiert werden. Das könnte je nach Projekt mehrere Tausend Urheber betreffen. Kosten und Nutzen stehen bei dieser Informationspflicht in keinem Verhältnis."

"Tiefer Einschnitt in die Meinungsfreiheit"

Der Chef des Verbandes der Internetwirtschaft eco, Oliver Süme, sieht in dem Beschluss eine Gefahr für die Meinungsfreiheit: "Die auch im jüngsten Gesetzentwurf getroffenen Neuregelungen zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger führen in Verbindung mit den zusätzlich geplanten Uploadfiltern zu einem tiefen Einschnitt in die Meinungsfreiheit und lähmen die Entwicklung von neuen sowie innovativen Plattformen in ganz Europa", so Süme.

Der digitalpolitische Sprecher der FDP, Manuel Höferlin, sieht das ähnlich. Dem "Handelsblatt" sagt Höferlin, indem die Koalition mit dem Beschluss Uploadfilter "quasi amtlich" bestätigt, der Meinungsfreiheit im Netz "einen Bärendienst" erwiesen habe und "wieder einmal Wortbruch gegenüber Millionen von Nutzerinnen und Nutzern begangen" wurde.

Ähnlich sieht es auch Julia Reda, ehemalige Europaabgeordnete und Leiterin des Projekts "control" der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Auf Twitter kritisiert sie die CDU und im Gespräch mit dem "Deutschlandfunk" nennt sie als Beispiel für eine Einschränkung der Meinungsfreiheit: "Von der automatischen Sperrung ausgenommen sollen Ausschnitte von bis zu 160 Zeichen Text sein. Das ist weniger als ein durchschnittlicher Tweet. Weniger als ein Zitat. Das könnte dazu führen, dass auch völlig legale Nutzungen von einem fremden Inhalt trotzdem gesperrt werden, wenn sie über dieser Grenze liegen."

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In welchem Spannungsfeld sich die Bundesregierung bewegt, kann man auch am zeitlichen Ablauf ablesen. Wieder und wieder wurde das Thema vertagt. Eigentlich war im Dezember ein Beschluss vorgesehen, dann im Januar. Ohne Angabe von Gründen wurde er Ende Januar am Abend vor der Sitzung wieder verschoben. Branchenvertreter fragen sich auch, warum der Bund Sonderregeln einführt. Sie plädieren für eine 1:1 Umsetzung der EU-Richtlinien. Das Vorhaben kommt nun noch in Bundestag und Bundesrat.

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